Rn. 844
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Zum Arbeitsmittel wird ein Gegenstand nicht schon durch die Art seiner Beschaffenheit, sondern durch die tatsächliche Verwendung im Rahmen einer Einkunftsart. Erst der konkrete Einsatz im Rahmen einer auf Einkunftserzielung gerichteten Tätigkeit macht das WG zum Arbeitsmittel (Kreft/Bergkemper in H/H/R, § 9 EStG Rz 509; Geserich in K/S/M, § 9 EStG H 30). Dies folgt aus der objektiven Komponente des für alle WK geltenden Veranlassungsprinzips, wonach Voraussetzung für deren Anerkennung ist, dass die Aufwendungen objektiv im Zusammenhang mit der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit stehen (s Rn 65).
Rn. 845
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Wird ein Arbeitsmittel (noch) nicht für die Berufstätigkeit genutzt, ist der objektive Zusammenhang mit der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit nicht gegeben. Das hat Bedeutung für den Fall, dass das Arbeitsmittel oder die Aufwendungen dafür vor erstmaliger Verwendung verloren gehen. So hat der BFH (BFH v 21.03.1975, VI R 131/73, BStBl II 1975, 641; zustimmend v Bornhaupt, FR 2000, 971; aA Thürmer in Brandis/Heuermann, § 9 EStG Rz 448; Kreft/Bergkemper in H/H/R, § 9 EStG Rz 193) beispielsweise die Klage eines angestellten Handelsvertreters, dessen Anzahlung auf einen Pkw vom Verkäufer veruntreut wurde, abgewiesen, weil der Pkw erst durch die tatsächliche Nutzung zu beruflichen Zwecken zum Arbeitsmittel geworden wäre. Zutreffenderweise wird man bei Fehlmaßnahmen für die Einordnung als Arbeitsmittel auf die beabsichtigte berufliche Verwendung des WG abzustellen haben, die der StPfl freilich nachzuweisen oder zumindest glaubhaft zu machen hat (ebenso Geserich in K/S/M, § 9 EStG Rz H 43; Krüger in Schmidt, § 9 EStG Rz 265). Auch der BFH stellt mittlerweile auf die beabsichtigte tatsächliche Verwendung ab (BFH v 20.05.2010, VI R 53/09, BStBl II 2011, 723).
Rn. 846
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Auch wenn ein Gegenstand noch nicht kraft seiner Natur Arbeitsmittel ist, so ist doch der Nachweis der berufsbezogenen Verwendung als Arbeitsmittel wesentlich erleichtert, wenn das WG seinem objektiven Charakter nach typischerweise nur beruflich genutzt wird, wie zB bei auf eine spezielle Berufstätigkeit zugeschnittenen Werkzeugen oder Fachliteratur. In einem solchen Fall wird die WK-Eigenschaft durch die Art des WG indiziert.
Ist das WG hingegen von seiner Art her auch zur Nutzung im Rahmen der allgemeinen Lebensführung (§ 12 Nr 1 S 2 EStG) geeignet oder werden WG dieser Gattung gar üblicherweise für Zwecke der Lebensführung angeschafft, ist für die Einordnung als Arbeitsmittel der tatsächliche Verwendungszweck im Einzelfall entscheidend (BFH v 14.01.2021, VI R 15/19, BStBl II 2021, 453 mwN). Die Anforderungen an den Nachweis des zumindest weit überwiegenden Einsatzes zu beruflichen Zwecken sind umso strenger, je näher im Einzelfall nach der Lebenserfahrung die private Mitbenutzung liegt. Der StPfl hat insoweit präzise Angaben zu Anlass und Umfang der beruflichen Verwendung zu machen und darzulegen, warum eine private Verwendung ausgeschlossen ist. Die bloße Behauptung, das WG nicht zu privaten Zwecken zu verwenden, ist für sich nicht ausreichend (BFH v 27.09.1991, VI R 1/90, BStBl II 1992, 195). Lässt sich der Sachverhalt nicht aufklären oder trägt der StPfl nicht hinreichend zur Sachverhaltsaufklärung bei, ist nach allgemeinen Beweislastregeln der WK-Abzug zu versagen.
Rn. 847
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Nach langjähriger Rspr (grundlegend BFH v 19.10.1970, GrS 2/70, BStBl II 1971, 17) beinhaltete § 12 Nr 1 EStG ein Aufteilungs- und Abzugsverbot, dh, Aufwendungen für Gegenstände, die auch der Lebensführung des StPfl dienen, konnten insgesamt nicht als WK abgezogen werden, es sei denn, die private Mitbenutzung war von ganz untergeordneter Bedeutung.
An der Geringfügigkeitsgrenze hält der BFH auch nach Aufgabe seiner Rspr zum Aufteilungs- und Abzugsverbot fest (Beschluss des GrS des BFH v 21.09.2009, GrS 1/06, BStBl II 2010, 672/684). Als Orientierungspunkt für eine solche geringfügige private Mitbenutzung wird allgemein auf einen Nutzungsanteil von 10 % abgestellt (Geserich in K/S/M, § 9 EStG H 35; Lademann, § 9 EStG Rz 118; BFH v 19.02.2004, VI R 135/01, BStBl II 2004, 958; anders noch BFH v 21.11.1986, VI R 137/83, BStBl II 1987, 262).
Rn. 848
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Der BFH hatte immer schon den Abzug auch gemischter Aufwendungen zugelassen, wenn objektive Merkmale und Unterlagen eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung der Aufwendungen in einen privaten und einen beruflichen Anteil ermöglichten (zB Kfz-Kosten, BFH v 19.10.1970, GrS 2/70, BStBl II 1971, 17; Telefongrundgebühren, BFH v 21.11.1980, VI R 202/79, BStBl II 1981, 131; Reinigungskosten für Berufskleidung, BFH v 29.06.1993, VI R 77/91, BStBl II 1993, 837; BFH v 29.06.1993, VI R 53/92, BStBl II 1993, 838; Aufwendungen für Computer, BFH v 19.02.2004, VI R 135/01, BStBl II 2004, 958).
Seit dem Wegfall des Aufteilungs- und Abzugsverbots (Beschluss des GrS des BFH v 21.09.2009, GrS 1/06,...