Rn. 733
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Eine grundlegende Neuausrichtung seiner Rspr hat der BFH mit zwei Entscheidungen vom 05.03.2009 (BFH VI R 58/06, BStBl II 2009, 1012 und BFH VI R 23/07, BStBl II 2009, 1016) vorgenommen. Der BFH stellt seitdem allein darauf ab, dass aus beruflichen Gründen neben dem Familienhausstand eine weitere Wohnung am Beschäftigungsort (seit VZ 2014 Ort der ersten Tätigkeitsstätte) unterhalten wird bzw – so die Terminologie des BFH – "zum Hausstand des StPfl ein zweiter Haushalt am Beschäftigungsort hinzutritt". Unterhält der ArbN am Ort der ersten Tätigkeitsstätte eine Wohnung aus beruflichen Gründen, so qualifiziert dies die doppelte Haushaltsführung als beruflich veranlasst. Das Motiv, das zur Verlegung des Hausstands geführt hat, ist für den BFH nicht mehr maßgeblich, weil die private Wahl des Orts des Haupthausstands aus der beruflich veranlassten Errichtung des Zweithaushalts keine privat veranlasste macht. Auf die Lebensführung des StPfl am Ort der ersten Tätigkeitsstätte kommt es daher grds nicht an. Erst wenn sich auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen des StPfl an den Ort der ersten Tätigkeitsstätte verlagert und die Wohnung dort zum Ort der eigentlichen Haushaltsführung wird, entfällt deren berufliche Veranlassung (BFH v 28.03.2012, VI R 25/11, BStBl II 2012, 831).
Als unerheblich sieht es der BFH in diesem Zusammenhang an, ob der StPfl die bisherige alleinige Wohnung am Ort der ersten Tätigkeitsstätte beibehält oder sich dort eine neue – möglicherweise kleinere – Unterkunft sucht und ob er die Wohnung am Ort der ersten Tätigkeitsstätte allein oder zusammen mit Freunden oder Arbeitskollegen bewohnt (BFH v 28.03.2012, VI R 25/11, BStBl II 2012, 831).
Rn. 734
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Kennzeichen dieser Rspr ist der Wechsel der Perspektive: Während die frühere Rspr die berufliche Veranlassung der Begründung der doppelten Haushaltsführung auf das dynamische Moment des Wohnungswechsels bezog, ist für den BFH mittlerweile entscheidend das statische Innehaben einer Wohnung am Ort der ersten Tätigkeitsstätte aus beruflichem Anlass.
Dies führt letztlich zu einer erheblichen Vereinfachung. Die Abgrenzungsprobleme, die sich früher immer dann stellten, wenn in zeitlichem Zusammenhang mehrere Wohnungswechsel stattfanden und zu entscheiden war, ob ein bei isolierter Betrachtung beruflich veranlasster Umzug nicht Folge eines privat motivierten Wohnungswechsels war (vgl etwa den der Entscheidung des BFH v 05.03.2009, VI R 58/06, BStBl II 2009, 1012 zugrunde liegenden Sachverhalt), stellen sich nicht mehr.
Rn. 735
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Nichts geändert hat sich jedoch in den Fällen, in denen die vom Ort der ersten Tätigkeitsstätte wegverlegte Wohnung nicht die Lebensmittelpunktswohnung darstellt oder in denen der StPfl aus privaten Motiven einen zweiten Wohnsitz begründet, beispielsweise wenn der in Scheidung lebende StPfl aus der bisherigen Familienwohnung auszieht, aber sowohl die Kosten der Familienwohnung als auch die seiner neuen Wohnung trägt, da in diesem Fall die doppelte Haushaltsführung keinen Bezug zur Berufssphäre aufweist.
Rn. 736–739
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
vorläufig frei