a) Nachweispflicht
Rn. 141
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Die FinBeh muss wegen des Untersuchungsgrundsatzes des § 88 AO von sich aus die WK soweit wie möglich ermitteln (v Bornhaupt in K/S/M, § 9 EStG Rz A 276 f; zu Besonderheiten bei Auslandssachverhalten s § 90 Abs 2 AO). Verbleiben Zweifel hinsichtlich der steuerlichen Behandlung, so hat der StPfl den zugrunde liegenden Sachverhalt auf Verlangen der FinVerw oder des FG glaubhaft zu machen. Diesen ohnehin geltenden Verfahrensgrundsatz hat der Gesetzgeber für WK ausdrücklich in § 9a S 1 EStG benannt. Danach ist für den Ansatz von über den Pauschbeträgen liegenden Aufwendungen deren Nachweis erforderlich. Trotz des insoweit eindeutigen Wortlauts lassen es Rspr (BFH v 15.11.1982, VI R 102/79, BStBl II 1983, 177; BFH v 24.10.1991, VI R 81/90, BStBl II 1992, 198) und hL (Thürmer in Brandis/Heuermann, § 9 EStG Rz 86; v Bornhaupt in K/S/M, § 9 EStG Rz A 261; Kreft/Bergkemper in H/H/R, § 9 EStG Rz 54) genügen, wenn der StPfl die WK dem Grunde und der Höhe nach zumindest glaubhaft macht.
Rn. 142
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Eine Tatsache glaubhaft zu machen bedeutet, dass aufgrund der Beweismittel ein nicht nur geringes Maß an Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Tatsachendarstellung besteht (BFH v 10.07.1974, I R 223/70, BStBl II 1974, 736). Die bloße Behauptung des StPfl genügt hierfür nicht (BFH v 18.11.1980, VIII R 194/78, BStBl II 1981, 510). Es bedarf vielmehr weiterer Anhaltspunkte, die dafürsprechen, dass die Darlegung zutrifft. Ist zB der Abzug der Kosten für ein Fachbuch strittig, so hat der StPfl neben dem Titel, dem Preis und dem Tag der Anschaffung auch die Verwendung des Fachbuchs für die Einkünfteerzielung nachzuweisen oder glaubhaft zu machen (BFH v 22.12.2000, IV B 4/00, BFH/NV 2001, 774).
Rn. 143
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Zum Nachweis oder zur Glaubhaftmachung kann sich der StPfl der in § 92 AO und § 81 FGO dargestellten Beweismittel, also Urkunden, "Inaugenscheinnahme", Zeugen, Sachverständigen und Beteiligtenvernehmung, bedienen (Kreft/Bergkemper in H/H/R, § 9 EStG Rz 54). Die Darlegungs- und Beweispflicht mindert oder erhöht sich in dem Ausmaß, in dem die geltend gemachten WK üblich oder unüblich sind (BFH v 18.11.1980, VIII R 194/78, BStBl II 1981, 510). Der StPfl muss den Nachweis der WK – sofern ihm das FG nicht bereits zuvor eine Ausschlussfrist gemäß § 79b Abs 2 FGO gesetzt hat – spätestens bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung führen; der BFH ist eine reine Rechtsinstanz und kann nachgeschobene Beweismittel nicht mehr würdigen.
Rn. 144
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Steht fest, dass dem Grunde nach WK vorliegen, können Umfang und Höhe geschätzt werden, wenn diese sich nicht im Einzelnen feststellen lassen (BFH v 07.04.1992, VI R 113/88, BStBl II 1992, 854: Schätzung weiterer Fahrtkosten nach Teilnachweis; BFH v 29.06.1993, VI R 53/92, BStBl II 1993, 838: Schätzung der Reinigungskosten für Berufskleidung). Dabei ist die Schätzungsmethode zu wählen, die am besten dem Ziel gerecht wird, die Besteuerungsgrundlagen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen so zu bestimmen, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahe kommen (BFH v 12.09.2001, VI R 72/97, BStBl II 2001, 775). Bei mehreren denkbaren Sachverhaltsvarianten darf das FA allerdings von der für den StPfl ungünstigsten ausgehen (BFH v 07.04.1992, VI R 113/88, BStBl II 1992, 854). Im finanzgerichtlichen Verfahren steht die Schätzungsbefugnis nach § 96 Abs 1 S 1 Hs 2 FGO iVm § 162 AO dem FG zu; die vom FG vorgenommene Schätzung ist Tatsachenfeststellung und deshalb nach § 118 Abs 2 FGO vom BFH nur eingeschränkt daraufhin überprüfbar, ob sie anerkannte Schätzungsgrundsätze, allgemeine Erfahrungssätze und Denkgesetze beachtet hat (BFH v 12.09.2001, VI R 72/97, BStBl II 2001, 775; BFH v 03.07.2018, VI R 55/16, BFH/NV 2018, 870).
Rn. 145
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Eine Schätzung insgesamt (also dem Grunde und der Höhe nach) ist möglich bei kleineren Beträgen, wenn deren Entstehung und deren Höhe nach der allgemeinen Lebenserfahrung in hohem Maße glaubhaft sind und die Aufwendungen im Einzelnen nicht oder nur schwer nachweisbar sind (v Bornhaupt in K/S/M, § 9 EStG Rz A 265). Voraussetzung für eine solche Schätzung ist, dass der StPfl den Anlass des Aufwands plausibel erläutert und das Ausstellen oder Sammeln von Belegen nicht möglich oder nicht üblich ist, weil dies in keinem Verhältnis zur Geringfügigkeit des Betrags stehen würde, zB bei Trinkgeld oder Parkuhr (FG BdW v 08.11.2000, 12 K 47/99).
b) Objektive Beweislast
Rn. 146
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Da die objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen von abzugsfähigen WK wie für alle steuermindernden Tatsachen beim StPfl liegt (BFH v 26.03.2009, VI R 15/07, BStBl II 2009, 598), gehen nach Ausnutzung aller vorhandenen Erkenntnismöglichkeiten verbleibende Zweifel zu seinen Lasten.
Rn. 147
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Obwohl bei WK keine gesetzlichen Aufzeichnungspflichten bestehen, kann sich der StPfl insoweit auch bei länger zurückliegenden Vorgängen nicht auf den Zeitablauf beru...