Rn. 601
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Von einer dauerhaften Zuordnung (Prognose) ist ausweislich der in § 9 Abs 4 S 3 EStG aufgeführten Regelbeispiele insbesondere auszugehen, wenn der ArbN
- unbefristet,
- für die Dauer des Dienstverhältnisses oder
- über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll.
Fehlt eine solche dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte oder ist sie nicht eindeutig, ist erste Tätigkeitsstätte entsprechend § 9 Abs 4 S 4 EStG die betriebliche Einrichtung, an der der ArbN dauerhaft
(1) |
typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll oder |
(2) |
je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll. |
Für die Beurteilung, ob eine dauerhafte Zuordnung vorliegt, ist die auf die Zukunft gerichtete prognostische Betrachtung maßgebend. Die Änderung einer Zuordnung durch den ArbG ist mit Wirkung für die Zukunft zu berücksichtigen (BMF v 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228 Tz 15). Weichen die tatsächlichen Verhältnisse durch unvorhersehbare Ereignisse, wie etwa Krankheit, politische Unruhen am Tätigkeitsort, Insolvenz des Kunden oÄ von der ursprünglichen Festlegung (Prognose) der dauerhaften Zuordnung ab, bleibt die zuvor getroffene Prognoseentscheidung für die Vergangenheit bezüglich des Vorliegens der ersten Tätigkeitsstätte maßgebend (BMF v 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228 Tz 17).
Auch hier hat der BFH in seinen Grundsatzentscheidungen aus April 2019 (s Rn 596) bereits ausführlich Stellung bezogen.
bba) Unbefristet
Rn. 602
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Danach ist eine Zuordnung unbefristet iSd § 9 Abs 4 S 3 EStG 1. Alt, wenn die Dauer der Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte aus der maßgeblichen Sicht ex ante nicht kalendermäßig bestimmt ist und sich auch nicht aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt (BFH v 04.04.2019, VI R 27/17, BStBl II 2019, 536).
Rn. 603
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Ist das Arbeitsverhältnis seinerseits befristet, kommt eine unbefristete Zuordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses nicht in Betracht (BFH v 10.04.2019, VI R 6/17, BStBl II 2019, 539). Denn es ist in einem solchen Fall ausgeschlossen, dass
Zitat
"der Arbeitnehmer unbefristet ... an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll",
wie es § 9 Abs 4 S 3 EStG nach seinem insoweit eindeutigen Wortlaut voraussetzt.
bbb) Für die Dauer des Dienstverhältnisses
Rn. 604
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Die Zuordnung erfolgt gemäß § 9 Abs 4 S 3 EStG 2. Alt für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, wenn sie aus der maßgeblichen Sicht ex ante für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses Bestand haben soll. Dies kann insbesondere angenommen werden, wenn die Zuordnung iRd Arbeitsverhältnisses unbefristet oder (ausdrücklich) für dessen gesamte Dauer erfolgt (BFH v 04.04.2019, VI R 27/17, BStBl II 2019, 536; hierzu s auch FG Nds v 13.07.2021, 13 K 63/20).
Rn. 605
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
War der ArbN im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses bereits einer ersten Tätigkeitsstätte zugeordnet und wird er im weiteren Verlauf einer anderen Tätigkeitsstätte zugeordnet, erfolgt diese zweite Zuordnung nicht mehr für die Dauer des Arbeitsverhältnisses (BFH v 10.04.2019, VI R 6/17, BStBl II 2019, 539). Denn in Bezug auf die zweite Zuordnung steht (aus der auch insoweit maßgeblichen Sicht ex ante) fest, dass sie nicht gemäß § 9 Abs 4 S 3 EStG 2. Alt für die (gesamte) Dauer des Arbeitsverhältnisses gilt, sondern lediglich für die Dauer des verbleibenden Arbeitsverhältnisses.
Rn. 606
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Das Arbeitsverhältnis kann im Extremfall auf einen Tag befristet sein, wie beispielsweise idR das Arbeitsverhältnis eines Gesamthafenarbeiters zu einem Hafeneinzelbetrieb (s BFH v 11.04.2019, VI R 36/16, BStBl II 2019, 543). Denn von einer dauerhaften Zuordnung ist nach § 9 Abs 4 S 3 EStG 2. Alt dann auszugehen, wenn der ArbN für die Dauer des (befristeten) Dienst- oder Arbeitsverhältnisses an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung tätig werden soll. LSt-rechtlicher ArbG eines Gesamthafenarbeiters, der sowohl in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Gesamthafen-Betriebsgesellschaft steht als auch durch die arbeitstägliche Arbeitsaufnahme ein weiteres befristetes Arbeitsverhältnis bei einem Hafeneinzelbetrieb begründet, ist dabei der Hafeneinzelbetrieb. Für die Frage, ob der Gesamthafenarbeiter über eine erste Tätigkeitsstätte iSd § 9 Abs 4 S 1 EStG verfügt, weil er einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung dauerhaft zugeordnet ist, kommt es deshalb allein auf das jeweilige mit dem Hafeneinzelbetrieb begründete Arbeitsverhältnis an.
bbc) Zeitraum von 48 Monaten
Rn. 607
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Eine dauerhafte Zuordnung ist nach § 9 Abs 4 S 3 EStG 3. Alt gegeben, wenn der ArbN über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des ArbG, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom ArbG bestimmten Dritten tätig werden soll. Für die Prognose, ob dies der Fall ist, kommt es maßgeblich auf den jeweiligen Beg...