1. Abzug der WK
Rn. 122
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
WK sind nach dem in § 11 Abs 2 EStG geregelten Abflussprinzip grundsätzlich in dem VZ anzusetzen, in dem sie tatsächlich verausgabt werden. Regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die kurz vor Beginn oder kurz nach Ende des Kj geleistet werden, können in Abweichung vom strikten Abflussprinzip nach § 11 Abs 2 S 2 EStG iVm § 11 Abs 1 S 2 EStG dem VZ der wirtschaftlichen Verursachung zugeordnet werden.
Rn. 123
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Das Abflussprinzip gilt in aller Regel auch für geleistete Vorauszahlungen (BFH v 05.05.1994, VI R 100/93, BStBl II 1994, 643), also Zahlungen, die vor ihrer Fälligkeit entrichtet werden (aber nur, soweit die Aufwendungen nicht die Anschaffung oder Herstellung abnutzbarer WG betrifft – hier sind die WK in Form der AfA nach den Regeln des § 9 Abs 1 S 3 Nr 7 EStG iVm § 7 EStG zu berücksichtigen). Wenn Vorauszahlungen auf AK/HK gleich in vollem Umfang abgezogen werden können, weil das Geschäft nicht zustande kam – s Rn 94 –, kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Verausgabung an, sondern auf den Zeitpunkt, zu dem erkennbar ist, dass "verlorene Aufwendungen" vorliegen (BFH v 28.06.2002, IX R 51/01, BStBl II 2002, 758).
Im Voraus entrichtete Leistungen sind dann nicht im Jahr ihrer Verausgabung als WK abzuziehen, wenn die Vorauszahlung rechtsmissbräuchlich iSv § 42 AO ist (BFH v 23.09.1986, IX R 113/82, BStBl II 1987, 219; BFH v 11.08.1987, IX R 163/83, BStBl II 1989, 702; BFH v 14.11.1989 IX R 197/84, BStBl II 1990, 299), dh wenn kein wirtschaftlich vernünftiger Grund für die Vorauszahlung vorliegt. In diesem Falle sind die WK in dem VZ abzuziehen, dem sie bei wirtschaftlicher Betrachtung zuzurechnen sind.
Rn. 124
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Wie Vorauszahlungen sind auch Nachzahlungen, also Leistungen nach der eigentlichen Fälligkeit, gemäß § 11 Abs 2 EStG im Jahr der tatsächlichen Verausgabung geltend zu machen, unabhängig von der wirtschaftlichen Zugehörigkeit. Fälle von Gestaltungsmissbrauch dürften hier kaum vorkommen, da die verspätete Zahlung selten zur Steuerersparnis erfolgen wird, sondern idR auf Geldmangel, Streitigkeiten mit dem Gläubiger oÄ beruht.
Eine Verteilung abgeflossener Aufwendungen auf mehrere VZ widerspricht § 11 Abs 2 EStG und ist daher prinzipiell nicht zulässig. Verschiedentlich enthält das G Ausnahmen vom Abflussprinzip; erwähnt sei an dieser Stelle nur das Wahlrecht, größeren Erhaltungsaufwand für Wohngebäude über zwei bis fünf Jahre zu verteilen (§ 82b Abs 1 EStDV). Für weitere Ausnahmen s § 11 Rn 10 (Pust).
Eine Nachholung von (fälschlicherweise) im Verausgabungsjahr nicht angesetzter WK ist wegen § 11 Abs 2 EStG grundsätzlich nicht möglich (Kreft/Bergkemper in H/H/R, § 9 EStG Rz 222; zu Nachholung unterlassener AfA s § 7 Rn 224f (Handzik)).
Rn. 125
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vorläufig frei
2. Besonderheiten bei mehreren Beteiligten
a) Gesonderte und einheitliche Feststellung
Rn. 126
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Werden die Überschusseinkünfte von einer Personenmehrheit (zB GbR, §§ 705ff BGB, Bruchteilsgemeinschaft, §§ 741ff BGB, oder Erbengemeinschaft, §§ 2032ff BGB) erzielt, so sind sie gemäß §§ 179, 180 Abs 2 Nr 2 Buchst a AO gesondert und einheitlich festzustellen. Die Personenmehrheit ist dabei insoweit Steuerrechtssubjekt, als sie zwar nicht selbst Schuldnerin der ESt ist, in der gesamthänderischen Verbundenheit der Beteiligten aber die Merkmale des Besteuerungstatbestands verwirklicht, die den Beteiligten für deren Besteuerung zuzurechnen sind (BFH v 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl II 1984, 751). Die Überschusserzielungsabsicht muss dabei sowohl auf der Ebene der Personenmehrheit als auch auf der Ebene der Beteiligten beim jeweiligen StPfl gegeben sein (BFH v 08.12.1998, IX R 49/95, BStBl II 1999, 468; BFH v 11.03.2003, IX R 16/99, BFH/NV 2003, 1043; BFH v 25.02.2009, IX R 76/07, BFH/NV 2009, 1268). Letzteres kann dann zweifelhaft sein, wenn ein Gesellschafter nur kurz zur Verlustmitnahme an der Gesellschaft beteiligt war.
Rn. 127
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Zu den Einkünften eines Beteiligten gehören sein Anteil am Überschuss der Einnahmen über die WK der Personenmehrheit sowie seine Sondereinnahmen und Sonder-WK (BFH v 19.08.1986, IX S 5/83, BStBl II 1987, 212). Sonder-WK eines Beteiligten sind stets nur iRd gesonderten und einheitlichen Feststellung zu berücksichtigen (BFH v 15.01.2002, IX R 21/98, BStBl II 2002, 309), selbst wenn nur einer der Beteiligten tatsächlich Aufwendungen geltend macht (BFH v 23.04.1991, IX R 303/87, BFH/NV 1991, 653 mwN). Soweit ein Grundlagenbescheid bestandskräftig ergangen und dabei die Feststellung von Sonder-WK unterblieben ist, lässt sich dieses bei der ESt-Veranlagung eines Beteiligten nicht mehr nachholen (BFH v 16.02.1982, VIII R 155/79). Die Nachholung in einem Ergänzungsbescheid (§ 179 Abs 3 AO) kommt nur in Betracht, wenn der Feststellungsbescheid unvollständig oder lückenhaft ist (BFH v 15.01.2002, IX R 21/98, BStBl II 2002, 309; BFH v 23.08.2011, IX R 8/11, BFH/NV 2012, 2); auch s Rn 137.
Rn. 128
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Bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung sind