Rn. 91
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Vorab entstandene WK sind bei allen Überschusseinkünften denkbar.
Bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit können sie zB vorliegen bei
- Bewerbungskosten,
- Umschulungsmaßnahmen (von arbeitsloser Industriekauffrau zur Fahrlehrerin (BFH v 04.12.2002, VI R 120/01, BStBl II 2003, 403),
- Kosten für ein berufsbegleitendes Hochschulstudium (BFH v 17.12.2002, VI R 137/01, BStBl II 2003, 407),
- Kosten für die Weiterbildung während des Erziehungsurlaubs (BFH v 22.07.2003, VI R 137/99, BStBl II 2004, 888).
Aufwendungen für ein unbebautes Grundstück sind als vorab entstandene WK bei den Einkünften aus VuV abziehbar, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang mit einer (beabsichtigten) Bebauung des Grundstücks und anschließender Vermietung oder Verpachtung des Gebäudes besteht. Die Absicht, ein unbebautes Grundstück bebauen zu wollen, kann nicht unterstellt werden (BFH v 08.02.1983, VIII R 130/79, BStBl II 1983, 554). Der Wille, Einkünfte aus VuV zu erzielen, muss aus äußeren Umständen erkennbar und in ein konkretes Stadium getreten sein (BFH v 04.06.1991, IX R 30/89, BStBl II 1991, 761). Der StPfl muss Maßnahmen ergriffen haben, die darauf abzielen, das Grundstück mit dem Ziel der Vermietung zu bebauen (vgl BFH v 21.08.1990, IX R 83/85, BFH/NV 1991, 95). Das bedeutet nicht, dass der StPfl in jedem Fall schon mit der Bebauung begonnen haben muss; die Absicht kann sich auch aus hinreichend eindeutigen Vorbereitungshandlungen ergeben (BFH v 01.12.2015, IX R 9/15, BStBl II 2016, 335).
Als vorab entstandene WK bei den Einkünften aus VuV kommen ua in Betracht:
Aufwendungen für sein mit einem lebenslänglichen Nutzungsrecht eines Dritten belastetes Grundstück kann der Eigentümer regelmäßig nicht als vorab entstandene WK bei den Einkünften aus VuV abziehen, solange ein Ende der Nutzung nicht absehbar ist (BFH v 19.02.2019, IX R 20/17, BFH/NV 2019, 540).
Bei den sonstigen Einkünften sind WK zB denkbar bei Schuldzinsen für einen Kredit, mit dem die Beiträge zur Erlangung einer Rentenanwartschaft finanziert werden (BFH v 05.05.1993, X R 128/90, BStBl II 1993, 867). Beiträge eines ArbN zur gesetzlichen Rentenversicherung können, obwohl sie zumindest ab Geltung des AltEinkG ab VZ 2005 begrifflich die Merkmale des WK-Begriffs erfüllen, dennoch nicht als vorab entstandene WK abgezogen werden, weil sie der Gesetzgeber durch § 10 Abs 1 Nr 2 EStG konstitutiv dem Sonderausgaben-Bereich zugeordnet hat (zur Rechtslage bis VZ 2004: BFH v 14.05.1998, X R 38/93, BFH/NV 1999, 163; BFH v 08.11.2011, X B 94/11, BFH/NV 2012, 220; zur Rechtslage ab Inkrafttreten des AltEinkG ab VZ 2005: BFH v 18.11.2009, X R 6/08, BStBl II 2010, 282; BFH v 09.12.2009, X R 28/07, BStBl II 2010, 348; BFH v 18.04.2012, X R 62/09, BStBl II 2012, 721; aA Schneider, INF 2006, 386; Paus, FR 2006, 584; Stützel, DStR 2010, 1545; zustimmend Derlien, BB 2010, 552; Förster, DStR 2010, 137). Von Verfassungs wegen ist dies nicht zu beanstanden (BVerfG v 14.06.2016, 2 BvR 323/10, BFH/NV 2016, 1421).
Rn. 92
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
vorläufig frei