Rn. 20
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Die Regelungen in § 90 Abs 3 EStG nehmen die Verfahrenskonzeption als für den Zulageberechtigten unbürokratisches Verfahren wieder auf. Die nachträglichen Überprüfungen der Angaben des Zulageberechtigten nach § 91 EStG sind erforderlich, da zunächst bei der Ermittlung der Zulage auf seine Angaben vertraut wird. Er muss bei Antragstellung keine Nachweise für seinen Zulageanspruch beifügen.
Ergeben die nachträglichen Überprüfungen, dass kein oder ein veränderter Anspruch auf die Zulage besteht, sind eventuell erfolgte Überzahlungen der Zulage zu korrigieren. Besteht der Altersvorsorgevertrag noch, ist der Anbieter berechtigt, den Rückforderungsbetrag dem Kapital des Vertrages zu entnehmen und zur Rückzahlung an die zentrale Stelle zu verwenden.
Rn. 20a
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Dadurch, dass die Frist für die Abgabe der Einwilligung gegenüber der zuständigen Stelle gekürzt wird (vgl § 10a Abs 1 S 1 Hs 2 EStG), sollten alle für die Überprüfung des Zulageanspruchs relevanten Unterlagen zeitgerecht vorliegen. Die zentrale Stelle ist immer wieder dafür kritisiert worden, dass das Überprüfungsverfahren zu einem relativ späten Zeitpunkt angestoßen wird. Daher ist die Fristsetzung (s Rn 21) zu begrüßen. Sie schafft Klarheit für alle Verfahrensbeteiligten. Der Gedanke aus der Änderung des § 10a Abs 1 S 1 Hs 2 EStG wird hier wieder aufgenommen.
Rn. 21
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Die Festsetzungsfrist für die Rückforderung beginnt nach § 170 Abs 3 AO nicht vor Ablauf des Jahres, in dem der Zulageantrag nach § 89 EStG gestellt worden ist (s BMF v 21.12.2017 BStBl I 2018 93 Rz 296). Ab Beitragsjahr 2019 richtet sich die zulässige Rückforderungsfrist allein nach § 90 Abs 3 S 1 EStG nF.
Beispiel nach BMF v 21.12.2017, BStBl I 2018, 93 Rz 297:
Der Zulageantrag für das Beitragsjahr 2019 geht im Jahr 2021 beim Anbieter ein und wird von diesem im Dezember 2021 per Datenübertragung an die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) übermittelt.
Die ZfA ermittelt die Zulage und überweist sie im Jahr 2022 an den Anbieter.
Die ZfA kann nach § 90 Abs 3 S 1 EStG nF die Gewährung der Zulage nur bis zum Ablauf des Jahres 2024 überprüfen und muss innerhalb eines Jahres ab Kenntnis des Rückforderungsgrundes die Zulage zurückfordern.
Rn. 22
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Die Norm enthält keine Regelung dafür, wie im Falle einer Rückforderung zu verfahren ist, wenn
- der Altersvorsorgevertrag nicht mehr besteht oder
- aufgrund einer Kapitalentnahme nach § 92a EStG kein Kapital mehr vorhanden ist.
Eine unmittelbare Rückforderung beim Zulageberechtigten ist in Abs 3 nicht ausdrücklich normiert.
Rn. 23
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Schon die Formulierung in § 90 Abs 3 S 1 EStG "gutgeschriebene oder ausgezahlte Zulagen" zeigte, dass die Rückforderung von dem Verfahrensbeteiligten zu leisten ist, der von der Zulage profitiert hat, demnach dem Zulageberechtigten. Für diese Lösung spricht auch, dass der Zulageberechtigte durch unzutreffende Angaben im Zulageantrag oder nicht angezeigte Änderungen seines Lebenssachverhaltes die Ursache für die Korrektur der Zulage selbst gesetzt.
Andererseits stellten aber die Verfahrensregeln für die Rückforderung, die in § 90 Abs 3 S 3, 4 u 5 EStG normiert sind, darauf ab, dass der Anbieter die Rückzahlung gegenüber der zentralen Stelle erledigt. Insoweit stellte Lindberg in Blümich, § 90 EStG Rz 4 darauf ab, dass die Regelung unvollständig sei . Es fehlte aus seiner Sicht eine Norm, die eine unmittelbare Geltendmachung der Rückzahlung beim Zulageberechtigten erlaubt, so auch Braun in H/H/R, § 90 EStG Rz 7 (Stand 06/2018). Demgegenüber stellte Kauffmann in Frotscher, § 90 EStG Rz 15 darauf ab, dass § 96 Abs 2 EStG greife, so dass die Rückforderung gegenüber dem Zulageberechtigten möglich sei.
Diese Hinweise hat der Gesetzgeber aufgenommen und die Regelungen des Abs 3a mWv 01.01.2018 in § 90 EStG eingefügt (s Rn 30f).
Rn. 24
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Gemäß BFH v 09.07.2019, X R 35/17, BStBl II 2019, 668 kann die ZfA nach Beendigung und Abwicklung des Altersvorsorgevertrages rechtsgrundlos geleistete Zulagebeträge vom Zulageempfänger über den nach § 96 Abs 1 S 1 EStG entsprechend anzuwendenden § 37 Abs 2 AO zurückfordern; in diesem Fall ist die Anwendung des § 37 Abs 2 AO nicht durch speziellere Vorschriften ausgeschlossen. § 37 Abs. 2 AO setzt kein Verschulden voraus.
Der Umstand, dass die ZfA über mehrere Jahre hinweg eine Auszahlung von Zulagen allein auf Grund der ihr vom Anbieter übermittelten Daten veranlasst und erst später eine Prüfung der Zulageberechtigung des Empfängers vornimmt, führt nicht zur Verwirkung des Rückforderungsanspruchs.
Hinweis: Die Frage, ob der Gesetzgeber (nunmehr) ggf mit § 90 Abs 3a EStG bewusst und abschließend geregelt hat, wann eine Rückforderung beim Zulageempfänger möglich sein soll, so dass ein Rückgriff auf die allgemeinere Vorschrift des § 37 Abs 2 AO nicht mehr zulässig wäre (so Geisenberger in Kirchhof/Kulosa/Ratschow, § 90 EStG Rz 70), bedarf nach BFH v 09.07....