ba) Leistungsempfänger
Rn. 32
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Zum Vorsteuerabzug berechtigt ist nur der Leistungsempfänger. Er bestimmt sich – ebenso wie der Leistende – grundsätzlich aus dem der Lieferungen oder sonstigen Leistung zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vertragsverhältnis (BFH v 22.11.2018, V R 65/17, BFHE 263, 90; BFH v 28.08.2014 V R V R 49/13, BFHE 247, 283; EuGH v 20.06.2013, C-653/11, DStRE 2014, 32; BFH v 18.02.2009, V R 82/07, BStBl II 2009, 876 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rspr; BFH v 24.08.2006, V R 16/05, BStBl II 2007, 340; BFH v 23.09.2009, XI R 14/08, BStBl II 2010, 243).
bb) Leistungsbezug für das Unternehmen
Rn. 33
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Die Berechtigung des Unternehmers zum Vorsteuerabzug setzt nach § 15 Abs 1 S 1 Nr 1 UStG voraus, dass Lieferungen oder sonstige Leistungen "für sein Unternehmen ausgeführt worden sind". Damit korrespondiert die Regelung in Art 168 MwStSystRL, die den Vorsteuerabzug eröffnet, "soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden". Während die nationale Regelung v Begriff des Unternehmens ausgeht, knüpft die unionsrechtliche Bestimmung an die Ausgangsumsätze an.
Hieraus ergibt sich ein nur scheinbarer Widerspruch. Nach der Rspr des EuGH hängt die Berechtigung zum Vorsteuerabzug "vom Bezug der Gegenstände oder Dienstleistungen durch einen als solchen handelnden StPfl ab" (EuGH v 19.07.2012, C- 334/10, DStR 2012, 1551; EuGH v 22.03.2012, C- 153/11, DStR 2012, 653 Klub; EuGH v 29.11.2012, C-257/11, DB 2012, 2851 GVM; EuGH v 16.02.2012, C-118/11, DStRE 2012, 1077 Eon Aset; EuGH v 18.10.2012, C-234/11, UR 2012, 921 TETS Haskovo; EuGH v 08.06.2000, C-396/98, UR 2000, 336, 339 Rz 39 Schlossstraße,). Ein StPfl handelt als solcher, wenn er für die Zwecke seiner wirtschaftlichen Tätigkeit iSv Art 9 Abs 1 Unterabs 2 MwStSystRL handelt. Ob das der Fall ist, ist unter Berücksichtigung aller Gegebenheiten des Sachverhaltes zu beurteilen. Hierbei kommt es insb auf die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht des StPfl, einen Gegenstand oder eine Dienstleistung für den Bedarf seines Unternehmens zu verwenden, an (EuGH v 19.07.2012, C- 334/10, DStR 2012, 1551).
bc) Zuordnungswahlrechte
Rn. 34
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Ist ein Gegenstand sowohl für unternehmerische Zwecke als auch für nichtunternehmerische Zwecke vorgesehen (gemischte Nutzung), hat der StPfl (Unternehmer) ein Zuordnungswahlrecht (EuGH v 22.03.2012, C- 153/11, DStR 2012, 653 Klub; EuGH v 16.02.2012, C-118/11, DStRE 2012, 1077 Eon Asert; EuGH v 11.07.1991, C-97/90, Slg 1991, I-3795 Lennartz; BFH v 03.08.2017, V R 62/16, BFHE 259, 380; BFH v 14.10.2015, V R 10/14, BStBl II 2016, 717; BFH v 20.03.2014, BFH/NV 2014, 1097; BFH v 18.04.2012, XI R 14/10, BFH/NV 2012, 1828; BFH v 31.01.2002, V R 61/96, BStBl II 2003, 813; BFH v 28.02.2002, V R 25/96, BStBl II 2003, 815).
Er kann den Gegenstand insgesamt seinem Unternehmen zuordnen oder ihn in vollem Umfang in seinem PV belassen, wodurch er dem Mehrwertsteuersystem vollständig entzogen wird, oder ihn auch nur im Umfang der tatsächlichen unternehmerischen Verwendung in sein Unternehmen einbeziehen (EuGH v 22.03.2012, C- 153/11, DStR 2012, 653 Klub; EuGH v 16.02.2012, C-118/11, DStRE 2012, 1077 Eon Asert; EuGH v 21.04.2005, C-25/03, Slg 05, I-3123 HE; EuGH v 14.07.2005, C-434/03, Slg 2005, I-7037 Charles und Charles-Tijmens; BFH v 18.04.2012. XI R 14/10, BFH/NV 2012, 1828; BFH v 07.07.2011, V R 21/10, BFHE 234, 531; BFH v 19.07.2011, XI R 29/09, BFHE 234, 556). Der Unternehmer kann bei einem gemischt genutzten Gegenstand
- diesen in vollem Umfang, also auch hinsichtlich des nicht unternehmerisch genutzten Teils seinem Unternehmen zuordnen (EuGH v 11.07.1991, C-97/90, UR 1991, 291 Lennartz),
- diesen in vollem Umfang, also auch hinsichtlich des unternehmerisch genutzten Teils seinem Privatbereich zuordnen (EuGH v 08.03.2001, C-415/98, UR 2001, 149 Bakcsi; BFH v 11.07.2012, XI R 17/09 nv),
- nur den unternehmerisch genutzten Teil seinem Unternehmen zuordnen (EuGH v 04.10.1995, C-291/92, BStBl II 96, 392 Armbrecht; zu den Zuordnungswahlrechten vgl auch BFH v 28.02.2002, V R 25/96, BFH/NV 2002, 885),
- sofern es sich um ein bebautes Grundstück handelt, nicht für Zuordnungszwecke zwischen Grundstück und aufstehendem Gebäude unterscheiden (EuGH 08.06.2000, C-400/98, UR 2000, 329 Breitsohl).
Vgl auch BFH v 07.07.2011, V R 42/09, DStR 2011, 1949; BFH v 12.01.2011, XI R 9/08, BFHE 232, 254; BFH v 03.03.2011, V R 23/10, BFH/NV 2011, 1261; BMF v 02.01.2012, BStBl I 2012, 60.
bd) Das EuGH-Urt Seeling
Rn. 35
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Mit dem Urt des EuGH v 08.05.2003, C-269/00, UR 2003, 288 Seeling; (Nachfolgeentscheidung hierzu des BFH v 24.07.2003, V R 39/99, BStBl II 2004, 371) hat der EuGH verdeutlicht, dass die Möglichkeit vollumfänglicher Zuordnung zum Unternehmen auch besteht, wenn ein bebautes Grundstück teilweise unternehmerisch und teilweise zu privaten (Wohn-)Zwecken genutzt wird. Der Unternehmer kann in diesem Fall sofort und in vollem Umfang den Vorsteuerabzug aus den AK/HK in Anspruch nehmen, muss in der Folge aber die unent...