A. Rechtsentwicklung
Rn. 1
Stand: EL 172 – ET: 04/2024
Durch das G zur Einführung eines befristeten SolZ und zur Änderung von Verbrauchsteuer- und anderen G (SolidaritätsG) vom 24.06.1991, BGBl I 1991, 1318 ist erstmals ein SolZ zur ESt und zur KSt eingeführt worden. Die Festsetzung und Erhebung des SolZ nach dem SolidaritätsG war befristet und wurde nur als Zuschlag zur ESt und zur KSt für die VZ 1991 und 1992 erhoben, soweit eine Veranlagung zur ESt oder KSt vorzunehmen war, vgl § 3 SolZG idF SolidaritätsG.
Rn. 2
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Mit Art 31 des G zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms (FKPG) vom 23.06.1993, BGBl I 1993, 944 hat der Gesetzgeber die Erhebung eines SolZ mit Wirkung ab dem 01.01.1995 wieder eingeführt, nachdem die Erhebung des SolZ nach dem SolidaritätsG ausgelaufen war. Die Erhebung des SolZ war diesmal jedoch zeitlich nicht befristet. In der Gesetzesbegründung findet sich lediglich der Hinweis, dass mittelfristig überprüft werden solle, ob die Erhebung eines SolZ weiterhin erforderlich sei (vgl BT-Drucks 12/4401, 51).
Der BFH geht bisher davon aus, da der Gesetzgeber das SolZG mehrmals geändert und im G zur Senkung des SolZ vom 21.11.1997, BGBl I 1997, 2743 den Zuschlagsatz mit Wirkung ab 1998 von 7,5 % auf 5,5 % abgesenkt hat, dass die Überprüfung des SolZG iRd Änderungsgesetze (stillschweigend) stattgefunden, aber nicht zu einem für die StPfl günstigeren Ergebnis geführt hat (vgl BFH BStBl II 2012, 43; BFH/NV 2011, 1685).
Der zwischen der CDU/CSU und SPD geschlossene Koalitionsvertrag von 2018 sah vor, den SolZ ab 2021 schrittweise abzuschaffen, wobei in einem ersten Schritt ab dem VZ 2021 eine vollständige Entlastung von 90 % der SolZ-Zahler durch eine Anhebung der Freigrenze mit einem fiskalischen Volumen von ca EUR 10 Mrd erfolgen sollte.
Das G zur Rückführung des SolZ 1995 vom 10.12.2019, BGBl I 2019, 2115 hat diese Vorgabe durch die Anhebung der Freigrenzen bei der Bemessungsgrundlage in § 3 SolZG umgesetzt (dazu s § 3 SolZG Rn 23ff (Mues)) und soll darüber hinaus zu einer weiteren – teilweisen und mit steigendem Einkommen abnehmenden – Entlastung von weiteren 6,5 % der SolZ-Zahler durch Streckung der sog Milderungszone (dazu s § 4 SolZG Rn 2ff (Mues)) geführt haben. Durch die Milderungszone wird beim Überschreiten der Freigrenze die Durchschnittsbelastung durch den SolZ fließend an die Normalbelastung iHv 5,5 % herangeführt.
B. Ziel des SolZG
Rn. 3
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Mit der Wiedereinführung des SolZ durch das FKPG verfolgte der Gesetzgeber nach seiner Gesetzesbegründung im Hinblick auf die entscheidenden Strukturveränderungen, die die Wiedervereinigung für Deutschland mit sich gebracht hat, insgesamt vier Ziele, und zwar
- die dauerhafte Finanzierung des Aufholprozesses in Ost-Deutschland,
- die Bewältigung der Erblastschulden der sozialistischen Herrschaft in der ehemaligen DDR,
- die gerechte Verteilung der daraus resultierenden Finanzierungslasten auf die öffentlichen Haushalte und
- die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte als Grundlage einer gesunden gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (vgl BT-Drucks 12/4401, 45).
Zur Finanzierung der Vollendung der Einheit Deutschlands hielt der Gesetzgeber ein solidarisches finanzielles Opfer aller Bevölkerungsgruppen für unausweichlich (vgl BT-Drucks 12/4401, 51).
Rn. 4
Stand: EL 172 – ET: 04/2024
Die Wiedereinführung des SolZ zum Jahre 1995 ist im Zusammenhang mit dem im gleichen Jahr aufgelegten Solidarpakt I zur Förderung der neuen Bundesländer zu sehen. Während der Solidarpakt I dabei die Ausgabenseite regelte, sorgte der wieder eingeführte SolZ für eine entsprechende Stärkung der Einnahmenseite.
Im Jahre 2001, dh drei Jahre vor Auslaufen des Solidarpakts I, beschloss der Bundestag eine Fortsetzung der Förderung in Form des Solidarpakts II für den Zeitraum 2005 bis 2019, in dem konkrete Bundeszuschüsse an die neuen Bundesländer festgehalten wurden. Die Förderung der neuen Bundesländer wurde dabei in einen "Korb I" und einen "Korb II" aufgeteilt, wobei "Korb I" fixe Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen pro Jahr und Bundesland und "Korb II" überproportionale Mittel für die ostdeutschen Bundesländer für den Aufbau von Wirtschaft und Infrastruktur vorsieht. Dabei nehmen die jährlichen Zahlungen an die neuen Bundesländer kontinuierlich ab und betragen 2019 nur noch etwa 20 % der Einnahmen. Der Rest der Einnahmen steht dem Bund nach dem Gesamtdeckungsprinzip zur allgemeinen Finanzierung seiner Aufgaben zur Verfügung.