Leitsatz

Zahlt eine GmbH Lösegeld, um die Freilassung ihres Gesellschafters und dessen Bruders, ihres Geschäftsführers, zu erreichen, kann es sich um eine verdeckte Gewinnausschüttung handeln. Das gilt auch dann, wenn die entführten Personen sich auf einer Dienstreise für die GmbH befanden oder in deren Auftrag tätig wurden.

 

Normenkette

§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG

 

Sachverhalt

Der Gesellschafter der Klägerin, einer GmbH, und dessen Bruder, der der Geschäftsführer der GmbH war, befanden sich auf einer Dienstreise in ein westafrikanisches Land (Nigeria), um dort Vertragsverhandlungen für die GmbH zu führen. Sie wurden dort beide von bewaffneten Personen "in Gewahrsam genommen". Die GmbH löste beide gegen Zahlung von den Entführern geforderter Beträge aus.

Das FG behandelte die gezahlten Beträge ebenso wie das FA als vGA. Es ließ die Revision an den BFH nicht zu.

 

Entscheidung

Die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde blieb ohne Erfolg. Der BFH stellt auf die einschlägige Rechtsprechung des BFH ab, wonach Lösegeldzahlungen zugunsten von Einzel- und Mitunternehmern regelmäßig privat mitveranlasst seien. Dies gelte im Grundsatz auch für Kapitalgesellschaften und deren Gesellschafter.

Im Einzelnen müsse das FG als Tatgericht darüber entscheiden, ob auch aus privaten Gründen gezahlt worden sei. Da das FG dies im Beschlussfall bejaht habe, sei die Beschwerde zurückzuweisen. In einem nachfolgenden Revisionsverfahren wäre der BFH an die tatsächliche Einschätzung des FG gebunden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO).

 

Hinweis

1. Der BFH hat wiederholt entschieden, dass die Zahlung von Lösegeldern, die aufgebracht werden, um die Freilassung entführter Einzel- oder Mitunternehmer zu erreichen, immer auch zumindest privat mitveranlasst ist. Es gehe darum, Leben und Gesundheit der erwähnten Personen zu erhalten und deren Freiheit wiederzuerlangen. Das seien aber höchstpersönliche Güter, wodurch § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG berührt sei (Urteile vom 30.10.1980, IV R 27/77, BStBl II 1981, 303; IV R 223/79, BStBl II 1981, 307).

Im Beschlussfall stellt der BFH nun klar, dass im Grundsatz nichts anderes gelten könne, wenn es um eine Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschafter (oder eine diesem nahe stehende Person) geht. Auch dann muss die betriebliche von der gesellschaftlichen Veranlassung abgegrenzt werden.

2. Daraus folgt: Es ist zunächst stets im Rahmen des Fremdvergleichs zu prüfen, ob das Lösegeld nur für den Gesellschafter oder die ihm nahe stehende Person oder aber auch für einen Fremden geleistet worden wäre. Die Vorinstanz hat Letzteres im konkreten Fall verneint; ausschlaggebend für die Zahlung sei "auch der Schutz der Familie des Gesellschafters" gewesen. Zwingend ist dies jedoch keineswegs.

Es kann durchaus der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht entsprechen, einen Arbeitnehmer auszulösen, wenn dieser auf einer Dienstreise und aus Gründen, die in seinem betrieblichen Auftrag und in seiner konkreten Funktion für den Arbeitgeber liegen, entführt wird. Zu denken ist etwa an die jüngste Entführung des entsprechend beauftragten SPIEGEL-Korrespondenten in den Philippinen (Jolo). Verhält es sich so, kommt eine vGA ebenso wenig in Frage wie z. B. bei Zuschüssen, die ein Arbeitgeber für Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz besonders gefährdeter Arbeitnehmer aufbringt (vgl. dazu BMF-Schreiben vom 30.6.1997, BStBl I 1997, 696). Nur dann, wenn die Zahlung einem Fremdvergleich nicht standhält, wird der Abzug der betreffenden Zahlungen als Betriebsausgaben über eine vGA kompensiert.

Beachten Sie: Es obliegt Ihnen als Berater, die konkrete betriebliche Veranlassung im Rahmen des Fremdvergleichs plausibel und substantiiert darzutun. Das hat vor dem FA und dem FG zu geschehen, weil es beim BFH für ein Vorbringen solcherart zumeist zu spät ist (jedenfalls dann, wenn dem FG kein Verfahrensfehler unterlaufen ist). Für tatsächliche Fragen ist der BFH ansonsten nicht zuständig.

3. Beim Arbeitnehmer sind die Dinge ähnlich zu beurteilen wie beim Arbeitgeber: (1.) Tätigt der Arbeitgeber die Lösegeldaufwendungen aus betrieblichen Gründen, dann tut er dies i.d.R. im eigenbetrieblichen Interesse, was wiederum die Annahme von Arbeitslohn ausschließen wird (s. Schmidt/Drenseck, EStG, 20. Aufl., § 19 Rz. 50 "Lösegeld"). Das gilt grundsätzlich auch bei einer Kapitalgesellschaft, vorausgesetzt jedoch, die Zahlung ist nicht als vGA zu behandeln.

(2.) Ersetzt der Entführte dem Arbeitgeber später die aufgewendeten Beträge, handelt es sich hierbei allerdings kaum jemals um Betriebsausgaben oder um Werbungskosten. Die Zahlungen können aber ggf. im Rahmen der zumutbaren Eigenbelastung als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden (§ 33 EStG). Erneut gilt für den Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft nichts anderes als bei einem "gewöhnlichen" Arbeitnehmer. Die steuerliche Behandlung als vGA ändert daran nichts.

4. Aufwendungen, die der Arbeitgeber leistet, um auf das Leben seiner Arbeitnehmer eine besondere Entführungsrisikoversicherung abzuschließen, sind, soweit dies im Rahmen ei...

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