Leitsatz
Zur Frage, ob Zuwendungen des Trägerunternehmens an eine Pensionskasse zur Bildung der gesetzlich vorgeschriebenen Solvabilitätsspanne als Arbeitslohn der aktiven und ehemaligen Arbeitnehmer zu qualifizieren sind.
Normenkette
§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG , § 2 Abs. 2 Nr. 3 LStDV
Sachverhalt
Die Klägerin, eine AG, ist Trägerunternehmen einer Pensionskasse. Damit diese der gesetzlich vorgeschriebenen Eigenmittelausstattung (Solvabilitätsspanne) genügen konnte, führte die Klägerin der Pensionskasse Mittel in Höhe von ca. 60 Mio. DM zu.
Das FA behandelte die Kapitalzuführung als Arbeitslohn. Die Klägerin trat dem entgegen; hilfsweise beantragte sie Pauschalierung der Lohnsteuer (§ 40b EStG). Das FG gab der Klage statt.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Vorentscheidung. Nach den o.a. Grundsätzen sei die Kapitalzuführung vom FA zu Unrecht der Lohnsteuer unterworfen worden. Die Zuführung sei auch nicht als Pauschalzuweisung zu werten. Denn die Zuwendung der Klägerin beruhe nicht auf einer mangelnden Kalkulation der Beiträge an die Pensionskasse, sondern auf der gesetzlich vorgeschriebenen Verpflichtung zur Bildung der Solvabilitätsspanne. Eine hinreichende finanzielle Auswirkung auf die Renten bzw. Anwartschaften bestehe nicht.
Hinweis
Ab 1994 müssen Pensionskassen den neuen Solvabilitätsvorschriften des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) genügen. Diese stellen Mindestanforderungen an die Eigenmittelausstattung der Pensionskassen. Den Solvabilitätserfordernissen kann u.a. dadurch genügt werden, dass die Kasse ihre (selbst erwirtschafteten) Überschüsse zur Erhöhung der Verlustrücklage verwendet. Möglich ist aber auch eine entsprechende Kapitalzuführung des Trägerunternehmens an seine Pensionskasse.
Das Besprechungsurteil enthält grundlegende Ausführungen zu der Frage, ob derartige Kapitalzuführungen einen geldwerten Vorteil bei den von der Pensionskasse versorgten Arbeitnehmern darstellen können. Die Entscheidung erweitert die bereits im BFH-Urteil vom 30.5.2001, VI R 159/99 angesprochenen Grundsätze zum Begriff des Arbeitslohns (vgl. BFH-PR 2001, 333).
Nach Verwaltungsauffassung wurden Kapitalzuführungen an eine Pensionskasse grundsätzlich als Arbeitslohn behandelt (vgl. BMF-Schreiben vom 6.2.1996, FR 1996, 258). Die Zuwendungen wurden lohnsteuerlich so behandelt, als ob sie der Arbeitgeber zugunsten der Arbeitnehmer aufgewendet habe. Dem ist der BFH entgegengetreten.
Es steht außer Frage, dass Zahlungen des Arbeitgebers an Versorgungseinrichtungen grundsätzlich einen lohnsteuerpflichtigen Vorteil beim Arbeitnehmer darstellen. Das Besprechungsurteil stellt aber klar, dass Kapitalzuführungen aus Solvabilitätsgründen nicht mit derartigen Beitragsleistungen zur Zukunftssicherung verglichen werden können. Kapitalzuführungen des Trägerunternehmens sollen die Eigenkapitalausstattung einer Pensionskasse stärken. Sie übernehmen damit eine ähnliche Funktion wie z.B. das Aktienkapital (Grundkapital) eines Lebensversicherungsunternehmens, wenn es aus Solvabilitätsgründen erhöht wird.
Nach dem Gesetzeszweck dient die Solvabilitätsspanne der Sicherstellung der dauernden Erfüllbarkeit der Ansprüche gegen das Versicherungsunternehmen. Die Eigenmittelausstattung hat daher nur im Krisenfall Auswirkung auf die Versorgungsansprüche. Die Solvabilitätsspanne dient nur der wirtschaftlichen Absicherung der ohnehin bestehenden Rentenverpflichtungen. Leistungserhöhende Auswirkungen auf die Versorgungsansprüche der einzelnen Versicherten sind nicht gegeben. Im Übrigen löst die Zuwendung die bisher bestehende Einstandsgarantie des Trägerunternehmens (teilweise) ab.
Bestehen demnach keine unmittelbaren und konkreten Auswirkungen auf die Versorgungsansprüche der Arbeitnehmer, so ist der Arbeitslohnbegriff – selbst bei weiter Auslegung – nicht erfüllt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 12.9.2001, VI R 154/99