Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Gesundheitserstschaden. haftungsbegründende Kausalität. Konkurrenzursache. Vorschaden. Knieverletzung. Theorie der wesentlichen Bedingung. habituelle Kniescheibenluxation. Bergwachthelfer. Beinwegknicken. Einweisen eines Rettungshubschraubers
Orientierungssatz
Zur positiven Feststellung eines Arbeitsunfalles eines Bergwachthelfers, der sich während des Einweisens eines landenden Rettungshubschraubers beim Stemmen gegen die Abwinde eine Verletzung des möglicherweise für eine Luxation dispositionierten Knies zuzog.
Normenkette
SGB VII § 2 Abs. 1 Nr. 12, § 8 Abs. 1 Sätze 1-2
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26. September 2012 sowie der Bescheid der Beklagten vom 25. März 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2010 aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass das Ereignis vom 21. Februar 2010 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Anerkennung des Ereignisses vom 21.02.2010 als Arbeitsunfall.
Im Rahmen seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Rettungssanitäter bzw. Bergwachthelfer der B. S. e.V. wies der 1981 geborene Kläger am 21.02.2010 in M.-H. einen landenden Helikopter, der zum Abtransport eines verunfallten Skispringers angefordert worden war, ein. Nach der Unfallanzeige der B. S. e.V. vom 25.02.2010 stemmte sich der Kläger im Ausfallschritt gegen den Abwind der laufenden Maschine, worauf das linke Knie wegknickte. Er wurde daraufhin mit dem Rettungswagen in die Klinik nach W.-T. gebracht. Dr. P. stellte in seinem Durchgangsarztbericht vom 22.02.2010 die Diagnose einer Luxation der Patella. Er stellte am linken Knie eine Schwellung und einen Erguss fest sowie eine hypermobile Patella. Bei der Röntgenuntersuchung seien keine knöchernen Verletzungen festgestellt worden. Es bestehe der Verdacht auf eine Patellaluxation mit spontaner Reposition. Im Zwischenbericht von Dr. H. vom 25.02.2010 wurde über einen Kniegelenkserguss berichtet, welcher am 25.02.2010 vom Hausarzt punktiert worden ist (40 ml Blut). Im Bericht über eine am 02.03.2010 erfolgte Kernspintomographie des linken Knies stellte Dr. H. folgende Diagnosen:
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Zustand nach lateraler Luxation der Patella bei Einriss des medialen Retinaculum mit bone bruise der Außenkante des lateralen Condylus und der medialen Patellafacette. |
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Diffuser retropatellarer Knorpelschaden mit Jägerhut-Patella in residualer lateraler Subluxation. |
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Anzeichen für einen peripheren Einriss des Innenmeniskushinterhornes am Übergang in die Pars intermedia. |
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Plica medialis und hämorrhagischer Erguss. |
Am 03.03.2010 führte der Chirurg und Orthopäde Dr. T. unter den Diagnosen “komplizierte Patellaluxation mit Einriss des medialen Retinaculums und Lig. patellofemorale medialis, Hämarthros und traumatische Außenmeniskushinterhornquetschung bei Jägerhut-Dysplasie links„ eine arthroskopische Lavage, eine Außenmeniskushinterhornresektion, ein laterales Release und eine retropatelläre Knorpelglättung sowie eine offene Re-Insertion des LPFM und mediale Retinaculumnaht nach V. durch.
Der Kläger gab in dem ihm übersandten Formblatt (“Fragebogen bei Knieverletzungen„) an, zum Einweisen des Hubschraubers im Ausfallschritt positioniert gewesen zu sein. Beim Stemmen gegen den Abwind der laufenden Maschine sei das linke Knie weggeknickt. Durch Ankreuzen entsprechender Vorgaben gab er an, er sei seitlich im X-Sinn bei gebeugtem Kniegelenk eingeknickt. Die Fragen nach einer Verdrehung und einer Fixierung des Fußes bei dieser Verdrehung verneinte er jeweils. Er gab ferner an, zur Seite gestürzt zu sein und dass die Kniescheibe vor dem Sturz luxiert sei. Sie habe sich selbst, beim Sturz, wieder reponiert.
Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. E., der die Auffassung vertrat, es habe sich nicht um einen Unfall im Sinne des Gesetzes gehandelt, lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 21.02.2010 als Versicherungsfall mit Bescheid vom 25.03.2010 ab, wogegen der Kläger Widerspruch einlegte.
In seinem Schreiben vom 09.04.2010 nahm Dr. T. zur Ablehnung des Arbeitsunfalles Stellung und führte aus, dass es nachvollziehbar sei, dass ein Ausfallschritt kein Unfallereignis im eigentlichen Sinne sei und die aufgeführte, radiologisch nachgewiesene Jägerhutform der linken Kniescheibe als anlagebedingte Veränderung gewertet werde. Aus unfallchirurgischer Sicht sei jedoch darauf hinzuweisen, dass trotz der unfallunabhängigen krankhaften Veränderung (Jägerhutpatella) bis dato im alltäglichen Leben keinerlei gesundheitliche Beschwerden aufgetreten seien und sich die einwirkende Kraft als schädigendes Moment ausschließlich auf ein noch näher zu beschreibendes Unfallereignis bezogen habe und hierdurch eine klinisch, kernspintomographisch und auch intraoperativ nachgewiesene vollständige Zerreißung des inneren Kniescheibenhaltebandapparates eing...