Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenerstattung für eine stationäre Krankenhausbehandlung. kein Erstattungsanspruch oder sozialrechtlicher Herstellungsanspruch des Krankenhausträgers gegen den Rentenversicherungsträger aufgrund einer stationären Behandlung bis zum Übergang in eine Anschlussheilbehandlung wegen einer Verzögerung durch den zuständigen Rentenversicherungsträger. keine Umwandlung von Kosten der stationären Krankenhausbehandlung in solche einer stationären Reha-Maßnahme. keine positive Forderungsverletzung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Träger eines Krankenhauses, der einen zuvor stationär behandelten Versicherten bis zum Übergang in die Anschlussheilbehandlung weiterhin in stationärer Krankenhausbehandlung mit der Begründung behält, dass der zuständige Rentenversicherungsträger die erforderliche Anschlussheilbehandlung ungebührlich verzögert habe, dass aber eine Entlassung des Versicherten aus haftungsrechtlichen Gründen nicht in Betracht komme, hat aus sozialrechtlichem Herstellungsanspruch, GOÄ (juris: GOÄ 1982) oder § 11 Abs 2 bzw Abs 4 SGB 5 keinen Anspruch gegen den Rentenversicherungsträger auf Erstattung der Kosten für die weitergehende stationäre Krankenhausbehandlung, deren Zahlung die Krankenkasse verweigert hat.
2. Kosten der stationären Krankenhausbehandlung können - auch bei inhaltlich vergleichbaren Leistungen - nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs in solche der stationären Reha-Maßnahme umgewandelt werden.
Orientierungssatz
Unter das in § 280 BGB kodifizierte Rechtsinstitut einer positiven Forderungsverletzung fallen alle Pflichtverletzungen im Rahmen eines vertraglichen oder gesetzlichen Schuldverhältnisses, die nicht zur Unmöglichkeit oder zum Verzug der Leistung führen und deren Folgen nicht von den gesetzlichen Gewährleistungsvorschriften erfasst werden. Die vom Schuldner zu vertretene Verletzung derartiger Nebenpflichten begründet für den anderen Partner des Schuldverhältnisses einen Schadensersatzanspruch. Diese Grundsätze der positiven Forderungsverletzung gelten zwar sinngemäß auch für öffentlich-rechtliche Sonderbeziehungen, sofern diese privatrechtlichen Schuldverhältnissen vergleichbare Leistungs- und Obhutsbeziehungen zum Gegenstand haben (vgl BSG vom 27.1.2000 - B 12 KR 10/99 R = SozR 3-2400 § 28h Nr 11). Voraussetzung hierfür ist aber ein “besonders enges Verhältnis„ des Einzelnen zur Verwaltung, bei dem mangels gesetzlicher Regelung ein Bedürfnis nach einer angemessenen Verteilung der Verantwortung innerhalb des öffentlichen Rechts vorliegt (vgl BSG vom 27.1.2000 - B 12 KR 10/99 R aaO). Im Verhältnis zwischen dem Träger eines Krankenhauses und einem Rentenversicherungsträger ist eine solche öffentlich-rechtliche Sonderbeziehung nicht gegeben.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 17. Februar 2011 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf € 11.874,62 festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger, der Träger eines psychiatrischen Krankenhauses, des Zentrums für Psychiatrie Wiesloch (im Folgenden: ZfP), ist, begehrt vom beklagten Rentenversicherungsträger die Erstattung von Kosten für die stationäre Behandlung einer bei der Beklagten gesetzlich rentenversicherten Person aus eigenem sowie von der Frau G. F. (im Folgenden: Versicherte) abgetretenem Recht.
Das ZfP ist eine Facheinrichtung für die psychiatrisch-psychotherapeutische und psychosomatische Behandlung und Betreuung von Erwachsenen und ein als solches zur Leistungserbringung der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenes Krankenhaus. Die bei der Beklagten versicherte, am 04. Mai 1966 geborene Versicherte war in der Zeit vom 19. Juni bis 10. Oktober 2007 im ZfP auf Empfehlung ihres Hausarztes wegen eines seit ca. drei Jahren betriebenen problematischen Alkoholkonsums zur stationären Behandlung. Ausweislich des Entlassungsberichts des Arztes K. vom 14. November 2007 erfolgte die Aufnahme und anfängliche Behandlung bis einschließlich 18. Juli 2007 auf der Suchtaufnahmestation 09 des ZfP. Dort wurde Arzt K. zufolge die mäßiggradig ausgeprägte Entzugssymptomatik mit Temazepam in absteigender Dosierung bei insgesamt komplikationslosem Abklingen behandelt. Im Anschluss erfolgte eine weitergehende Behandlung auf der Suchtanschlussstation 06 für chronisch mehrfach beeinträchtigte Abhängigkeitskranke. Eine reguläre Langzeitentwöhnungsbehandlung sei bei dem anfänglichen Zustandsbild der Versicherten zunächst ausgeschieden. Diese Linie sei als mögliche Perspektive erst realistisch geworden, nachdem im Behandlungsverlauf zunehmende Besserungen im psychischen Bereich hätten erreicht werden können. Auf der Station 06 sei die Klägerin bis zum regulären Abschluss der Behandlung am 10. Oktober 2007, also bis zur direkten Verlegung in die Kliniken Wied zum Antritt einer Langzeit-Entwöhnungsbehandlung, verblieben, wo sie im Rahmen ihrer Möglich...