Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Pflegeversicherung. Anspruch auf Gewährung von Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfe bei defizitärre Pflegesituation. verwahrloste Wohnung. Ablehnung von Hilfeleistungen und Verweigerung des Zutritts zur Wohnung
Orientierungssatz
Die Zahlung von Pflegegeld ist davon abhängig, dass der Pflegebedürftige die von ihm benötigten Hilfeleistungen für die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung in Eigenverantwortung und Selbstbestimmung ohne Inanspruchnahme von Pflegesachleistungen durch geeignete Maßnahmen - insgesamt - sicherstellt. Wenn die erforderliche Pflege nur unzureichend oder gar nicht durchgeführt wird und daher nicht sichergestellt ist, besteht ein Anspruch auf Pflegegeld auch dann nicht, wenn die Pflegebedürftigkeit selbst festgestellt ist, vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, B 3 P 5/08 R.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. August 2008 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen der Pflegeversicherung im Zeitraum vom 15. April 2004 bis 28. Februar 2005.
Die 1922 geborene und bei der Beklagten pflegeversicherte Klägerin beantragte am 15. April 2004 die Gewährung von Pflegegeld. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung der Klägerin durch den medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK). Die Pflegefachkraft stellte im Gutachten vom 11. Oktober 2004 bei der Klägerin als pflegerelevante Diagnosen eine allgemeine Schwäche mit leichten kognitiven Störungen, Tinea Unguim sowie Verwahrlosungstendenz fest und gelangte zu den Ergebnis, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Pflegegeld aufgrund eines täglichen Hilfebedarfs im Bereich der Grundpflege von 33 Minuten und im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung von 43 Minuten nicht gegeben sind. Der Gutachter führte ferner aus, dass sich die Wohnung in einem verwahrlosten Zustand befindet und durch Gegenstände, Kleidung, Kartons und Tüten - teilweise mit verdorbenen Nahrungsmitteln - so zugemüllt ist, dass sich die Zimmertüren nur spaltweise öffnen lassen und ein Zutritt teilweise nicht möglich war. Spinngewebe hängt in allen Räumen bis auf Kopfhöhe herunter. Der ordentliche Gebrauch der sanitären Anlagen ist nicht vorstellbar, zumal auch das Wasser abgestellt sein soll.
Für die Klägerin wurde vom Amtsgericht Schöneberg ihre Tochter ab 21. September 2004 zur Betreuerin mit dem Aufgabenkreis der Wohnung- und Vermögensangelegenheiten sowie der Organisation und Regelung der häuslichen Pflege bestellt. Der Betreuungsbestellung lag u.a. eine häusliche sozialpsychiatrische Begutachtung vom 6. September 2004 zugrunde. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie verwies in seiner Stellungnahme vom 7. September 2004 auch auf die vorgefundene Vermüllung der Wohnung.
Die Beklagte wies den gutachterlichen Feststellungen des MDK folgend mit Bescheid vom 26. Oktober 2004 den Antrag der Klägerin ab. In dem dagegen gerichteten Widerspruchsverfahren holte die Beklagte eine ergänzende Stellungnahme des Gutachters vom 26. Januar 2005 sowie weitere gutachterliche Stellungnahmen des MDK vom 31. Januar 2005 und 12. April 2005 nach Aktenlage ein, wonach das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung einer Pflegestufe nicht festgestellt wurde. Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Mai 2005 wies die Beklagte gestützt auf die Feststellungen des MDK den Widerspruch der Klägerin zurück.
Mit der am 16. Juni 2005 beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren auf Gewährung von Pflegegeld der Stufe I weiterverfolgt. Sie verwies darauf, dass die Beklagte ihren notwendigen Pflegebedarf nicht zutreffend erfasst habe.
Die Beklagte veranlasste eine weitere Begutachtung der Klägerin durch die Ärztin die in ihrem Gutachten vom 9. August 2005 bei Ermittlung eines täglichen Hilfebedarfs im Bereich der Grundpflege von 50 Minuten und im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung von 64 Minuten einen Pflegebedarf nach der Stufe I feststellte. Die Gutachterin verwies ferner darauf, dass sich die Wohnung in einem völlig verwahrlosten Zustand befindet. Es gebe keine Sitzgelegenheit. Die Klägerin esse im Stehen an einem Bügelbrett und liege in einem vermüllten Bett, dass ohne Klettern nicht zu erreichen ist. Die Beklagte erkannt daraufhin mit Schriftsatz vom 31. August 2008 die Gewährung von Leistungen der Pflegestufe I nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ab 1. März 2005 an und verwies zur Begründung darauf, dass mit einem im März 2005 erlittenen Sturz der Klägerin eine Gesundheitsverschlechterung anzunehmen sei. Mit Ausführungsbescheid vom 8. September 2005 stellte die Beklagte bei der Klägerin das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit der Stufe I fest und führte aus, dass Pflegegeld nicht gewährt werden könne, da die häusliche Pflege nicht in geeigneter Weise sichergestellt sei. Alternativ bat die Be...