Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschränkung der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht auf die jeweils ausgeübte Beschäftigung
Orientierungssatz
1. Nach § 6 Abs. 5 S. 1 SGB 6 ist die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt.
2. Ein entsprechender Befreiungsbescheid erledigt sich nicht i. S. des § 39 Abs. 2 SGB 10 auf andere Weise bei erneuter Aufnahme der ursprünglichen Beschäftigung. Vielmehr entfaltet er gerade dadurch Wirkungen; es bedarf insoweit keines neuen Befreiungsantrags.
3. Nach der Systematik des Befreiungsrechts muss die Erstreckung auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit in der Dispositionsfreiheit des Versicherungspflichtigen liegen (BSG Urteil vom 31. 10. 2012, B 12 R 8/10 R).
4. Die Vorschrift des § 6 Abs. 5 S. 1 SGB 6 enthält lediglich eine Regelung, die sich auf eine andere vorübergehende selbständige Tätigkeit bzw. Beschäftigung bezieht. Sie stellt daher keinen von den grundlegenden Voraussetzungen in § 6 Abs. 1 S. 1 SGB 6 losgelösten eigenständigen Befreiungstatbestand dar.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 19. September 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) für die Beschäftigung der Klägerin bei dem Beigeladenen ab 1. April 2011.
Die im September 1968 geborene Klägerin ist Volljuristin, seit 9. Februar 2000 zugelassene Rechtsanwältin, Mitglied der Rechtsanwaltskammer und seit 8. März 2000 Pflichtmitglied im Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Brandenburg. Sie war vom 1. Juni 1998 bis 31. März 2011 bei der Gesellschaft für W mbH (GmbH) in S als Justitiarin beschäftigt.
Am 7. Mai 2004 hatte die Klägerin bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV beantragt. Mit Bescheid vom 25. Oktober 2004 befreite die Beklagte die Klägerin von der Beklagten mWv 5. Mai 2004 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch - GRV - (SGB VI) von der Versicherungspflicht in der GRV (“Beginn des Beschäftigungsverhältnisses… 1. Juni 1998„; Beginn der Pflichtmitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung und der Berufskammer: 1. April 2000; “Art der berufsständischen Beschäftigung bzw Tätigkeit: Rechtsanwältin„). Der Bescheid enthält ferner den Hinweis, die Befreiung sei nicht personen- sondern tätigkeitsbezogen.
Im Anschluss an ihre Tätigkeit bei der GmbH wurde die Klägerin ab 1. April 2011 bei dem Beigeladenen (konkret im Landesamt für Umwelt Gesundheit und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg) - zunächst befristet bis zum 31. März 2014 - als Vollzeitbeschäftigte (Referentin für Rechtsangelegenheiten) eingestellt; auf den Arbeitsvertrag vom 14. Februar 2011, der auf die anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen für Beschäftigte im öffentlichen Dienst der Länder Bezug nimmt, wird verwiesen.
Mit Schreiben vom 7. Februar 2014, bei der Beklagten eingegangen am 11. Februar 2014, bat die Klägerin um Auskunft darüber, ob die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV vom 5. Mai 2004 sich auch nach Entfristung mWv 1. April 2014 weiterhin auf diese Tätigkeit erstrecke. Sie gehe davon aus, dass der Befreiungsbescheid vom 25. Oktober 2004 auch für ihre Tätigkeit als Referentin gelte und bitte deshalb um dahingehende Feststellung, hilfsweise sei ihr Schreiben vom 7. Februar 2014 als neuer Antrag zu werten (Schreiben vom 12. August 2014)
Mit Bescheid vom 21. Oktober 2014 lehnte die Beklagte “den Antrag der Klägerin vom 11. Februar 2014 auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die von der Klägerin am 1. April 2011 aufgenommene und ab 1. April 2014 entfristete Beschäftigung als Referentin für Rechtsangelegenheiten„ ab. Die Klägerin sei zwar aufgrund ihrer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft Pflichtmitglied der Rechtsanwaltskammer und zugleich des Versorgungswerkes der Rechtsanwälte, diese Pflichtmitgliedschaft bestehe jedoch nicht wegen ihrer Beschäftigung als Referentin im Landesamt. Die Klägerin sei nicht als Rechtsanwältin beim Landesamt beschäftigt, denn Personen, die als ständige Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber stünden (sog Syndikusanwälte), seien in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwälte tätig. Für die Ausübung derartiger Beschäftigungen sei daher eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nicht möglich. Auch komme eine Erstreckung der vormalig erteilten Befreiung für die Tätigkeit bei der GmbH gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI auf die nunmehrige Tätigkeit der Klägerin als Referentin nicht in Betracht, weil für diese Tätigkeit die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nicht vorlägen und weil die Klä...