Verfahrensgang
SG Berlin (Urteil vom 21.01.1993; Aktenzeichen S 76 Kr 608/90) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Januar 1993 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.118,43 DM zu zahlen.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin fordert von der Beklagten Schadensersatz.
In der Zeit vom 3. Dezember 1984 bis 30. September 1986 war der am … 1940 geborene … bei der Firma … –Bauunternehmen– in … versicherungspflichtig beschäftigt. Herr Wessling war Mitglied der Beklagten und bezog neben seiner Beschäftigung eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit von der Klägerin. Der Arbeitgeber führte bei Beginn der Beschäftigung Pflichtbeiträge zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung an die Beklagte ab. Mit einem Schreiben vom 7. Januar 1985 teilte die Beklagte dem Arbeitgeber mit, da Herr Wessling eine Rente beziehe, seien nur Beiträge zur Krankenversicherung und die Hälfte der Rentenversicherungsbeiträge abzuführen. Anläßlich einer Betriebsprüfung am 3. November 1987 beim Arbeitgeber, der ab 1. Januar 1985 nur den Arbeitgeberbeitrag zur Rentenversicherung abgeführt hatte, gelangte der Betriebsprüfer zu dem Ergebnis, daß Herr … in der Rentenversicherung versicherungspflichtig gewesen sei und demzufolge für ihn auch der Arbeitnehmerbeitragsanteil für die Zeit vom 1. Januar 1985 bis 30. September 1986 in Höhe von insgesamt 5.118,43 DM hätte entrichtet werden müssen. Mit einem Schreiben vom 9. November 1987 lehnte der Arbeitgeber der Beklagten gegenüber eine nachträgliche Entrichtung der Arbeitnehmeranteile für den inzwischen ausgeschiedenen Werner Wessling unter Hinweis auf das Schreiben der Beklagten vom 7. Januar 1985 ab. Die Beklagte sah in der Folgezeit im Hinblick auf den Inhalt dieses Schreibens davon ab, den Arbeitgeber zur nachträglichen Beitragsentrichtung heranzuziehen.
Hiervon setzte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 12. Februar 1988 in Kenntnis und bat um Mitteilung, ob Schadensersatzansprüche geltend gemacht würden oder ob die Klägerin auf die Arbeitnehmeranteile zur Rentenversicherung verzichten wolle (Schreiben vom 5. April 1988). Letzteres lehnte die Klägerin ab und forderte mit Schreiben vom 17. November 1988 von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 5.118,43 DM.
Am 19. Juli 1990 erhob die Klägerin beim Sozialgericht Berlin Klage gegen die Beklagte auf Zahlung dieses Betrages zuzüglich noch zu berechnender Zinsen bzw. auf Säumniszuschläge. Sie hat vorgetragen, die Arbeitnehmeranteile in Höhe von 5.118,43 DM seien nicht mehr einziehbar, da es sich bei dem an den Arbeitgeber gerichteten Schreiben vom 7. Januar 1985 um einen rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt mit Dauerwirkung gehandelt habe, der für die Vergangenheit nicht mehr zurückgenommen werden könne. Bei sorgfältiger Bearbeitung hätte der betreffende Mitarbeiter der Beklagten erkennen können, daß Herr … nicht versicherungsfrei gewesen sei. Durch dieses schuldhafte Verhalten habe die Beklagte fahrlässig ihre Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Beitragseinziehung verletzt und sich schadensersatzpflichtig gemacht.
Die Beklagte war der Auffassung, daß die fehlerhafte Beurteilung der Versicherungspflicht des Herrn … durch die damalige Sachbearbeiterin nur auf einem „Allerweltsversehen” beruht habe und unter Berücksichtigung der Verhältnisse einer Massenverwaltung nicht zu einer Schadensersatzpflicht führen könne. Die versicherungsrechtliche Beurteilung eines beschäftigten Beziehers einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gehöre zur alltäglichen Praxis einer Krankenkasse. Die damalige Sachbearbeiterin – eine ausgebildete Sozialversicherungsfachangestellte – habe lediglich übersehen, daß Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung bei Bezug eines Altersruhegeldes eintrete. Dies sei nur ein leichtes Versehen und begründe nicht den Vorwurf grober Fahrlässigkeit. Auch müßten die Grundsätze über die Haftungserleichterung bei gefahrgeneigter Arbeit herangezogen werden.
Mit Urteil vom 21. Januar 1993 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, eine Schadensersatzpflicht komme nur in Betracht, wenn die Einzugsstelle die verkehrserforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt habe. Dies sei hier jedoch nicht anzunehmen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das ihr am 9. Juli 1993 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28. Juli 1993 Berufung eingelegt und vorgetragen, der Beklagten falle grobe Fahrlässigkeit zur Last. Die mit der Sache befaßt gewesene Sachbearbeiterin habe erkennen müssen, daß es sich bei dem seinerzeit 45jährigen Versicherten nicht um einen Altersruhegeldempfänger gehandelt habe. Außerdem hätte bei Unklarheiten über die Art des Rentenbezuges Auskunft beim zuständigen Rentenversicherungsträger eingeholt werden müssen. Im übrigen gehöre das Wissen um die Bedeutung der ...