Entscheidungsstichwort (Thema)
(Arbeitslosengeldanspruch. Anwartschaftszeit. Rahmenfrist. Berücksichtigung von Zeiten von Übergangsgeldbezug. medizinische Rehabilitation. Bemessungszeitraum. Bundesfreiwilligendienst. versicherungspflichtige Beschäftigung. Taschengeld und Geldersatzleistung. Unmittelbarkeit gem § 344 SGB 3. Leistungsentgelt. pauschalierter Lohnsteuerabzug. Steuerfreiheit. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 11 AL 21/17 R
Leitsatz (amtlich)
1. Zeiten, in denen Übergangsgeld anlässlich einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme gezahlt worden ist, werden bei der Feststellung der Rahmenfrist nach § 143 SGB III berücksichtigt.
2. Seit dem 1.1.2005 umfasst der Bemessungszeitraum nur noch Zeiten von versicherungspflichtigen Beschäftigungen und nicht mehr sonstige Versicherungspflichtverhältnisse
3. Bei einer Tätigkeit im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes handelt es sich um eine versicherungspflichtige Beschäftigung iSd § 150 Abs 1 S 1 SGB III und die im Rahmen dieses Dienstes gewährten Leistungen (Taschengeld ua) sind als Arbeitsentgelt iSd § 152 Abs 1 S 1 SGB III anzusehen.
4. Eine Bemessung des Arbeitslosengeldes nach § 344 Abs 2 SGB III scheidet (jedenfalls) aus, wenn zwischen dem letzten Versicherungspflichtverhältnis und der Aufnahme der Tätigkeit im Bundesfreiwilligendienst ein Zeitraum von mehr als 6 Monaten liegt.
5. Ein Abzug für Lohnsteuer gem § 153 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB III ist auch dann vorzunehmen, wenn für das der Bemessung des Arbeitslosegeldes zugrunde liegende Arbeitsentgelt keine Lohnsteuer abzuführen war (etwa wegen einer in § 3 EStG angeordneten Steuerfreiheit oder wegen Unterschreitung des steuerlichen Existenzminimums).
Normenkette
SGB III § 344 Abs. 2, §§ 28a, 136 Abs. 1 Nr. 1, § 137 Abs. 1 Nr. 3, § 142 Abs. 1 S. 1, § 143 Abs. 1, 3 S. 1, §§ 149, 150 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 Nr. 1, §§ 151, 152 Abs. 1 S. 1, § 153 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2 Nrn. 2-3, S. 3 Nrn. 1-2, § 339 S. 1; EStG § 3 Nr. 5 Buchst. f, §§ 32, 39b Abs. 2 S. 5 Nr. 3 Buchst. a, b, c, § 51 Abs. 4 Nr. 1a; SGB VI § 101; SGG § 144 Abs. 1 S. 2
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das Saarland vom 23.11.2015 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des dem Kläger ab dem 17.09.2014 zustehenden Arbeitslosengeldes.
Der 1964 geborene Kläger war vom 12.11.2007 bis 11.11.2009 im Rahmen einer Aushilfstätigkeit bei der Fa. F. in St. I.-R. beschäftigt. Nach Arbeitslosmeldung wurde ihm ab dem 12.11.2009 Arbeitslosengeld für 360 Kalendertage bewilligt. Die Zahlung des Arbeitslosengeldes wurde eingestellt, als der Kläger der Beklagten mitteilte, dass er ab dem 01.03.2010 als Redakteur einer Internet-Zeitung selbständig tätig sein werde. Für die Aufnahme dieser Tätigkeit wurde dem Kläger von der Beklagten für die Zeit vom 01.03.2010 bis 30.11.2010 ein Gründungszuschuss gezahlt; Beiträge zur freiwilligen Arbeitslosenversicherung wurden von dem Kläger bis 31.12.2010 entrichtet. Die selbständige Tätigkeit übte der Kläger nach eigenen Angaben bis Januar 2012 aus.
Ab dem 15.07.2012 war der Kläger in der Werkstatt für körperbehinderte Menschen der Fa. R. GmbH in N. im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes (BUFD) tätig. Nach der zwischen der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben, und dem Kläger abgeschlossenen Vereinbarung belief sich die wöchentliche Arbeitszeit auf 40 Stunden. Für seine Tätigkeit wurde dem Kläger ein Taschengeld in Höhe von 195,00 €/Monat zuzüglich eines Verpflegungskostenzuschusses in Höhe von 125,00 €/Monat und einer weiteren Geldersatzleistung in Höhe von 125,00 €/Monat gezahlt; weiter verpflichtete sich die Einsatzstelle zur Entrichtung der gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 180,00 €/Monat. Das Ende des BUFD war für den 14.07.2013 vorgesehen.
Ab dem 19.04.2013 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt und erhielt von der I. Sw. Krankengeld ab dem 30.04.2013 bis zum 25.05.2014. Vom 26.05.2014 bis 16.06.2014 erhielt der Kläger Übergangsgeld von der I. Sw. wegen der Teilnahme an einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme und im Anschluss daran vom 17.06.2014 bis 16.09.2014 wiederum Krankengeld bis zur Aussteuerung.
Ein zwischenzeitlich am 15.07.2013 von dem Kläger gestellter Antrag auf Bewilligung von Arbeitslosengeld war von der Beklagten mit Bescheid vom 26.07.2013 wegen der Erkrankung des Klägers und daraus resultierender fehlender Verfügbarkeit abgelehnt worden.
Am 21.07.2014 meldete sich der Kläger erneut mit Wirkung zum 17.09.2014 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld.
Mit Bescheid vom 19.09.2014 bewilligte die Beklagte dem Kläger zunächst vorläufig Arbeitslosengeld ab dem 17.09.2014 für 450 Kalendertage in Höhe von 6,26 €/Tag.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch mit der ...