Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungspflicht nach § 3 S 1 Nr 3 SGB 6 bei einem selbstständigen Verletztengeldbezieher. zuletzt keine versicherungspflichtige Tätigkeit. Versicherungspflicht innerhalb der Jahresfrist. Berechnung von Säumniszuschlägen
Orientierungssatz
1. Eine Versicherungspflicht nach § 3 S 1 Nr 3 SGB 6 wegen des Bezuges von Verletztengeld besteht nicht, wenn der Leistungsbezieher "zuletzt" eine nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegende selbstständige Tätigkeit, wegen derer er auch das Verletztengeld bezieht, ausgeübt hat, auch wenn er im letzten Jahr vor Beginn der Leistung aufgrund einer vor der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit ausgeübten abhängigen Beschäftigung versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung war (zur verneinten Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bei einem Strafgefangenen, der aufgrund eines während der Ausübung von Pflichtarbeit in der Justizvollzugsanstalt erlittenen Arbeitsunfalls Verletztengeld bezog, vgl BSG vom 15.12.2016 - B 5 RE 2/16 R = SozR 4-2600 § 3 Nr 7).
2. Bei Beitragsrückständen für mehrere Versicherte kann der Säumniszuschlag bezogen auf jeden einzelnen Versicherten oder auf die gesamten Rückstände berechnet werden.
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 11. Januar 2018 abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 30. November 2016 wird insoweit aufgehoben, als er Beiträge zur Rentenversicherung aufgrund des Verletztengeldbezuges des Beigeladenen nachfordert, hierauf Säumniszuschläge erhebt sowie diese Säumniszuschläge in die Berechnung der insgesamt von der Klägerin geschuldeten Säumniszuschläge einbezieht. Im Übrigen verbleibt es bei der Klagabweisung und die Berufung wird insoweit zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt vier Fünftel und die Klägerin ein Fünftel der Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 160,80 EUR festgesetzt.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Rentenversicherungsbeiträgen auf Verletztengeldzahlungen an den seinerzeit selbständigen Beigeladenen, die diesbezügliche Geltendmachung von Säumniszuschlägen sowie die Berechnungsweise der Säumniszuschläge in allen vom Nachforderungsbescheid erfassten Fällen.
Die beklagte Rentenversicherung führte bei der Klägerin, einer Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung, im August 2016 eine Prüfung von Beiträgen aus Entgeltersatzleistungen im Rahmen des Meldeverfahrens nach § 212a Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) durch und forderte für den Prüfzeitraum 1. Januar 2013 bis 31. Dezember 2014 von dieser nicht abgeführte Rentenversicherungsbeiträge auf gezahltes Verletztengeld nach sowie die Zahlung entsprechender Säumniszuschläge.
Dabei forderte sie auch für die Verletztengeldzahlung an den Beigeladenen einen Rentenversicherungsbeitrag in Höhe von 100,80 Euro nach zuzüglich hierauf entfallender Säumniszuschläge in Höhe von 25 Euro.
Der Beigeladene arbeitete bis September 2013 in einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung. Er übte dann eine selbständige, nicht rentenversicherungspflichtige Tätigkeit im Güternahverkehr aus und war bei der Klägerin deswegen als Unternehmer unfallversichert. Im Juli 2014 verunfallte er beim Aufräumen der Lkw. Er bezog von der Klägerin Verletztengeld vom 10. bis zum 21. Juli 2014. Anschließend führte er seine selbständige Tätigkeit fort. Ab Januar 2016 nahm er eine geringfügige Beschäftigung auf, seit April 2016 ist er erneut rentenversicherungspflichtig beschäftigt. Gegenüber der Klägerin gab er ausweislich des entsprechenden Fragebogens unter dem 15. August 2014 an, im letzten Jahr vor dem Unfall nicht rentenversicherungspflichtig gewesen und auch aktuell nicht pflichtversichert in der Rentenversicherung zu sein. Er beantrage auch keine Pflichtversicherung und habe bei Gründung seines Unternehmens nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, sich gegen das Risiko von Arbeitslosigkeit zu versichern. Er habe keine weiteren Einkünfte als die aus der selbständigen Tätigkeit.
Bezüglich der Erhebung von Rentenversicherungsbeiträgen für den Beigeladenen erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 28. Oktober 2016, dass die Gewährung von Verletztengeld an diesen nicht der Versicherungspflicht gemäß § 3 S. 1 Nr. 3 SGB VI unterlegen habe, da der zuletzt von ihm gezahlte Pflichtbeitrag nicht mehr seinen versicherungsrechtlichen Status bestimmt habe. Der Beigeladene sei nicht im letzten Jahr vor Beginn der Leistung zuletzt versicherungspflichtig, da er selbständig tätig gewesen sei. Die Aufnahme der Selbstständigkeit führe zu einem Statuswechsel. Die Forderung in Höhe von 100,80 Euro nebst Säumniszuschlägen sei daher nicht berechtigt.
Die Beklagte erließ unter dem 30. November 2016 den Bescheid über eine Gesamtforderung von 3.324,87 Euro, wel...