Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung der Höhe des Arbeitslosengeldes
Orientierungssatz
1. Die existenzsichernde Natur des Arbeitslosengeldes erfordert eine beschleunigte Feststellung der Leistung und eine rasche Auszahlung. Die Arbeitsagentur soll deshalb nicht in eine eigenständige arbeitsrechtliche Prüfung eintreten müssen.
2. Die Höhe des Arbeitslosengeldes errechnet sich nach § 129 SGB 3 aus dem Bemessungsentgelt. Dabei ist der im Bemessungszeitraum tatsächlich zugeflossene Betrag zu berücksichtigen. Nur Arbeitsentgelt, das wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen ist, ist ausnahmsweise zu berücksichtigen. Wurde Arbeitsentgelt aufgrund einer arbeitsrechtlichen Verfallsklausel nicht gezahlt, so gilt es als nicht erzielt.
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 18.8.2009 wird zurückgewiesen.
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Klägers ist nicht begründet.
Nach § 73a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die Annahme einer hinreichenden Erfolgsaussicht genügt eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit. Danach ist eine hinreichende Erfolgsaussicht gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und/oder in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 73a Rdnr. 7, 7a).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Das Sozialgericht (SG) hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts zu Recht abgelehnt. Die Klage hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Bewilligungsbescheid vom 22.9.2008 ist nicht nach § 44 SGB X zurückzunehmen. Die Beklagte hat weder, wie diese Norm aber voraussetzt, das Recht unrichtig angewandt, noch ist sie von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erweist, denn dem Kläger stand kein höheres Alg zu.
Die Höhe des Alg errechnet sich nach Maßgabe des § 129 SGB III aus dem Bemessungsentgelt. Dieses ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (§ 131 Abs. 1 Satz 1SGB III). Entgegen der Auffassung des Klägers hat der Kläger kein höheres Arbeitsentgelt erzielt als den ihm unstreitig im Bemessungszeitraum nur zugeflossenen Betrag von 12.576,67 EUR. Denn selbst wenn dem Kläger ein höherer Betrag arbeitsvertraglich zugestanden haben sollte, so wäre er doch im vorliegenden Falle nicht erzielt worden, weil er nicht zugeflossen ist. Dies folgt unmittelbar aus § 131 Abs. 1 Satz 2 SGB III: Danach gelten Arbeitsentgelte, auf die der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte als erzielt, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass Arbeitsentgelt, das aus anderen Gründen nicht zugeflossen ist, nicht als erzielt gilt. So liegt aber der Fall hier. Denn der Kläger hat, worauf das SG zu Recht hingewiesen hat, nicht wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers, sondern wegen einer arbeitsvertraglichen Verfallsklausel das ihm vermeintlich über den erhaltenen Betrag hinaus zustehende Arbeitsentgelt nicht erhalten. Auch rechtswidrig vorenthaltene Entgeltbestandteile sind bei der Leistungsbemessung nur zu berücksichtigen, wenn sie zumindest nachgezahlt wurden, also wenigstens nachträglich zugeflossen sind (BSG, Urteil vom 5.12.2006, B 11a AL 43/05 R; vom 28.6.1995, 7 RAr 102/94, SozR 3-4100 § 112 Nr 22; vom 28.6.1995, 7 RAr 20/94, NZS 1996, 178; Niesel, Komm. Zum SGB III, 4. Aufl., § 131, Rn. 10/11), woran es hier fehlt. Die Maßgeblichkeit des Entgeltzuflusses entspricht auch dem Normzweck: Die existenzsichernde Natur des Alg erfordert eine beschleunigte Feststellung der Leistung und eine rasche Auszahlung. Dies zwingt zu einfachen Maßstäben bei der Leistungsberechnung; die Bundesagentur soll deshalb nicht in eine eigenständige arbeitsrechtliche Prüfung eintreten müssen (BSG, Urteil vom 28.6.1995, 7 RAr 102/94, SozR 3-4100 § 112 Nr 22).
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nach Maßgabe der §§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG, 127 Abs. 4 ZPO nicht zu erstatten.
Diese Entscheidung ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Fundstellen