Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährung von Insolvenzgeld bei ungeklärtem Arbeitsverhältnis
Orientierungssatz
Die Gewährung von Insolvenzgeld setzt u. a. voraus dass der Antragsteller im geltend gemachten Zeitraum Anspruch auf insolvenzgeldfähiges Arbeitsentgelt gehabt hat. Hierzu ist das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses Voraussetzung. Maßgeblich ist ein bestehender Arbeitsvertrag. Eine bloße Adressenidentität zweier verschiedener Firmen reicht ebensowenig aus wie ein vor einem Arbeitsgericht ergangenes Versäumnisurteil. Beides reicht zur Herleitung einer Arbeitgebereigenschaft nicht aus.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.11.2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten steht die Bewilligung von Insolvenzgeld an die Klägerin für die Zeit vom 15.02.2004 bis zum 09.03.2004 im Streit.
Die Klägerin beantragte am 25.05.2004 die Gewährung von Insolvenzgeld bei der Beklagten. Sie führte aus, entsprechend dem von ihr vorgelegten - durch den Aufsichtsratsvorsitzenden L und den Vorstand C unterzeichneten - Arbeitsvertrag vom 07.02.2004 ab dem 15.02.2004 bei der Firma "P AG" mit Sitz in der X-Straße 00, L, als Assistentin des Sekretariats mit einer vereinbarten Vergütung von 25.000,- EUR pro Jahr angestellt gewesen zu sein. Das Angestelltenverhältnis sei mit Ablauf des 09.03.2004 durch ihre eigene Kündigung beendet worden. Während ihrer Beschäftigungszeit habe sie keinen Lohn erhalten. Sie habe gegen ihre ehemalige Arbeitgeberin Anspruch auf Zahlung von insgesamt 1.927,39 EUR.
Die P AG war zu keinem Zeitpunkt in das Handelsregister eingetragen. Dort war lediglich die P Holding GmbH, deren alleiniger Gesellschafter L L seit August 2003 war, verzeichnet. Im November 2004 wurde die P Holding GmbH wegen Vermögenslosigkeit aus dem Handelsregister gelöscht. Bereits am 15.12.2003 gab die GmbH drei eidesstattliche Versicherungen ab. Beide Firmen hatten ihren Sitz unter der gleichen Anschrift in L.
Den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Insolvenzgeld lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29.08.2005 ab und führte aus, ein Insolvenztatbestand nach Maßgabe des § 183 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) habe nicht ermittelt werden können. Beim Amtsgericht Köln sei über das Vermögen der P AG ein Insolvenzantrag gestellt worden, der als unzulässig abgewiesen worden sei. Der Aufsichtsratsvorsitzende der P AG, Herr L, sei unbekannten Aufenthaltes. Daher könnten von ihm keine Angaben zur vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit und Zahlungsunfähigkeit eingeholt werden.
Ihren hiergegen am 01.10.2005 erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass sich ihre Ansprüche nicht gegen die P AG richten könnten, da die AG zu keiner Zeit existent gewesen sei. Tatsächlicher Arbeitgeber sei die P Holding GmbH gewesen, die in die AG habe umgewandelt werden sollen. Gegen die P Holding GmbH lägen auch von anderen Arbeitnehmern Urteile auf Zahlung des Arbeitsentgeltes vor. Die GmbH habe bereits mehrfach die eidesstattliche Versicherung abgegeben und ihre Tätigkeit eingestellt.
Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.02.2006 als unbegründet zurück und führte aus: Eine Eintragung der P AG in das Handelsregister sei nicht erfolgt. Für die AG sei als Aufsichtsratsvorsitzender ein Herr L aufgetreten, der nach Medienberichten in der Vergangenheit mehr als 50 Scheinfirmen gegründet habe. Für die P AG sei die Einstellung von 500 Mitarbeitern angekündigt worden. Etwa 3000 Interessenten hätten sich beworben, von denen nach Angaben der Klägerin nahezu 100 Bewerber eingestellt worden seien, ohne Gehalt erhalten zu haben. Unter der Adresse der P AG sei auch die P Holding GmbH gemeldet gewesen, die Herr L durch notariell beglaubigten Vertrag vom 19.08.2003 erworben habe. Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der P AG sei durch das Amtsgericht Köln als unzulässig abgewiesen worden, da die Antragsteller ihre Befugnis zur Stellung des Antrages nicht nachgewiesen hätten. Der Antrag der Klägerin auf Insolvenzgeld sei jedenfalls deshalb abzulehnen, weil es an dem erforderlichen offenen Anspruch auf Arbeitsentgelt fehle. Die AG sei mangels Eintragung im Handelsregister nicht entstanden und scheide als Schuldnerin einer Forderung aus. Eine Haftung des Herrn L nach § 41 Abs. 1 Aktiengesetz (AktG) komme schon deshalb nicht in Betracht, weil keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass eine Vorgesellschaft gegründet worden sei, die die Voraussetzungen des § 23 AktG erfülle. Auch eine Haftung des Herrn L in entsprechender Anwendung des § 179 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) begründe wegen subjektiver Unmöglichkeit, als offensichtlich vermögensloser Privatmann etwa 100 Arbeitnehmer zu beschäftigen und zu vergüten, lediglich einen Anspruch auf Schadensersatz, jedoch keine Forderung auf Arbeitsentgelt. Die GmbH sei zu keinem Zeitpunkt als Vertragspartnerin aufgetret...