Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. keine Übermittlung von Leistungsdaten im Datenträgeraustauschverfahren durch Leistungserbringer von Hilfsmitteln. hier: Hersteller von Sondennahrung
Orientierungssatz
Für Leistungserbringer von Hilfsmitteln besteht keine Verpflichtung, enterale Ernährung iS des § 31 Abs 1 S 2 SGB 5 nach dem für Arzneimittel geltenden Abrechnungsverfahren gemäß § 300 SGB 5 abzurechnen.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 17. August 2004 geändert. Es wird festgestellt, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, enterale Ernährung i. S. v. § 31 Abs. 1 S. 2 SGB V nach dem für Arzneimittel geltenden Abrechnungsverfahren gemäß § 300 SGB V mit der Beklagten abzurechnen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert wird auf 275.000 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist (nur noch) streitig, ob die Klägerin verpflichtet ist, enterale Ernährung im Sinne des § 31 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) nach dem für Arzneimittel geltenden Abrechnungsverfahren gemäß § 300 SGB V mit der Beklagten abzurechnen. Bezüglich der Frage, ob für die Abrechnung von enteraler Ernährung und der für die Applikation erforderlichen Hilfsmittel getrennte ärztliche Verordnungen vorzulegen sind, hat das Sozialgericht im Termin zur mündlichen Verhandlung am 17.08.2004 das Verfahren abgetrennt.
Bei der Klägerin handelt es sich um ein Unternehmen, das sich seit Jahren auf die Versorgung Laryngektomierter und Tracheotomierter mit enteraler Ernährung, Applikationsmitteln und Zubehör (Überleitsysteme, Ernährungspumpen, etc.) spezialisiert hat. Sie verfügt über eine bundesweite Zulassung als Leistungserbringerin von Hilfsmitteln gemäß § 126 SGB V und versorgt u. a. Versicherte der Beklagten. Eine Rahmenvereinbarung zur Versorgung Versicherter mit enteraler Ernährung und/oder eine entsprechende Hilfsmittelvereinbarung nach § 127 SGB V bestehen nicht. Gegenüber der Beklagten wurden die Produkte der enteralen Ernährung einschließlich der Applikationsmittel und des Zubehörs in der Vergangenheit zunächst in Papierform, seit ca. 2002 mittels einer Kombination aus elektronischem Abrechnungsverfahren und Papierform nach § 302 SGB V abgerechnet.
Mit Schreiben vom 26.03.2002 und 04.09.2002 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass für den 01.02.2003 eine Umstellung der gesamten Abrechnung von enteraler Ernährung und Blutzuckerteststreifen auf das Datenträgeraustauschverfahren nach § 300 V (DTA) geplant sei. Bei diesem Verfahren wird komplett auf Papierform verzichtet; beispielsweise sind auch die Verordnungen in elektronischer Form als sog. Images zu übersenden. Die Beklagte kündigte an, dass Abrechnungen, die diesen Anforderungen nicht entsprächen, nach der Umstellung unbearbeitet zurückgegeben werden müssten.
Da die Klägerin weiter in herkömmlicher Weise gegenüber der Beklagten abrechnete, teilte ihr diese mit weiterem Schreiben vom 17.03.2003 mit, dass die im Februar 2003 eingehenden Rechnungen, die nicht dem DTA entsprächen, letztmalig bezahlt würden. Ab dem 01.03.2003 könne eine Abrechnung nur erfolgen, wenn die Klägerin die Anforderungen des DTA erfülle.
Dagegen wandte die Klägerin mit Schreiben vom 06.05.2003 ein, es bestehe ihr gegenüber keine durchsetzbare Verpflichtung, nach § 300 SGB V abzurechnen. Maßgeblich sei für sie, die Klägerin, ausschließlich die Abrechnung nach § 302 SGB V, da sie "sonstiger Leistungserbringer" sei. Darunter seien Leistungserbringer zu verstehen, die die mit dem Heil- und Hilfsmittelmarkt eng verbundenen Komplementärprodukte, wie enterale Ernährung, vertrieben. § 300 SGB V setze dagegen voraus, dass eine Apotheke Leistungen erbringe. Dies treffe auf sie jedoch nicht zu. Sie sei auch kein weiterer Anbieter von Arzneimitteln; denn Produkte der enteralen Ernährung seien nicht als Arzneimittel zu qualifizieren. Dies ergebe sich aus § 31 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 SGB V. Danach lege der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in den Richtlinien fest, "in welchen medizinisch notwendigen Fällen Sondennahrung ausnahmsweise in die Versorgung mit Arzneimitteln mit einbezogen" werde. Sondennahrung werde danach Arzneimitteln zwar gleichgestellt, sei aber kein Arzneimittel. Auch habe sie keine Abrechnungsvereinbarung gemäß § 300 SGB V mit der Beklagten geschlossen.
Zugleich forderte die Klägerin die Beklagte auf, nicht beglichene Rechnungsbeträge in Höhe von insgesamt rd. 9.700 EUR zu zahlen. Dieser Forderung entsprach die Beklagte, hielt aber mit Schreiben vom 20.05.2003 weiter an der Einführung des DTA fest.
Daraufhin hat die Klägerin am 10.06.2003 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben, die zum örtlich zuständigen Sozialgericht Köln verwiesen wurde. Zur Begründung hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, die erhobene Feststellungsklage sei zulässig, da Rechtsverletzungen in Form der konkret in Aussicht gestellten Verweigerung der Abrechnung für zuk...