Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusammentreffen einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der gesetzlichen Unfallversicherung. zwischenstaatliche Rentenberechnung nach Art 52 Abs 1 Buchst b EGV 883/2004. Berechnung der Beträge nach § 93 Abs 2 Nr 2 SGB 6 und § 93 Abs 3 SGB 6. pro-rata-Verhältnis
Orientierungssatz
1. Ist der Anwendungsbereich der Art 53ff EGV 883/2004 eröffnet, ist § 93 Abs 4 Nr 4 SGB 6 europarechtskonform dahingehend auszulegen, dass durch die Öffnung Art 55 EGV 883/2004 generell und nicht nur dann Anwendung findet, wenn die Voraussetzungen des § 93 Abs 4 Nr 4 SGB 6 vorliegen.
2. Erhält ein Bezieher einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gleichzeitig eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, sind der aus der Berechnung nach § 93 Abs 2 Nr 2 SGB 6 resultierende Betrag für die Verletztenrente und der Grenzbetrag nach § 93 Abs 3 SGB 6 mit dem pro-rata-Verhältnis aus Art 52 Abs 1 Buchst b EGV 883/2004 zu multiplizieren, wenn bei Bestimmung der Höhe der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine zwischenstaatliche Rentenberechnung ausschließlich nach Art 52 Abs 1 Buchst b EGV 883/2004 durchzuführen war und dabei kein Anspruch auf eine autonome Leistung nach Art 52 Abs 1 Buchst a EGV 883/2004 besteht.
Normenkette
SGB VI § 34 Abs. 1, §§ 37, 54 Abs. 4, § 63 Abs. 2, § 93 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3, 4 Nr. 4; EGV 883/2004 Art. 4, 6, 52 Abs. 1a, 1b Nr. 11, Abs. 3, Art. 53 Abs. 1, 3a, 3b, 3c, 3d, Art. 55 Abs. 1a, 1b; EWGV 1408/71 Art. 12
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 15.01.2016 - S 17 R 840/14 - aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Im Streit steht die Höhe der dem Kläger bewilligten Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI).
Der 1950 geborene Kläger ist niederländischer Staatsangehöriger und mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 schwerbehindert im Sinne von (iSv) § 2 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX). In der Zeit vom 31.12.1965 bis 31.03.1980 legte der Kläger rentenrechtliche Zeiten in den Niederlanden und ab dem 02.04.1980 in der Bundesrepublik Deutschland zurück.
Am 15.03.1982 erlitt er einen Arbeitsunfall in Folge dessen er eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 vH erhält (Bescheid der Tiefbau-Berufsgenossenschaft (TBG) vom 09.03.1998). Nach Angaben der Berufsgenossenschaft für Bauwirtschaft (BG Bau) beträgt die Höhe des Jahresarbeitsverdienstes ab dem 01.07.2013 28.297,03 € und die Höhe der Unfallrente vor Minderung nach § 60 SGB Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) 471,62 €.
Am 24.06.2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Nach Auswertung seitens der niederländischen Sociale Verzekeringsbank übersandter Unterlagen gelangte die Beklagte zu dem Ergebnis, dass die Wartezeit für die Altersrente zwar nicht allein durch die deutschen Versicherungszeiten, jedoch unter Berücksichtigung der von dem Kläger zurückgelegten niederländischen Zeiten erfüllt sei. Sie bewilligte dem Kläger daher mit Bescheid vom 14.11.2013 Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 01.01.2014 in Höhe von (iHv) monatlich 826,90 €. Beigefügt waren dem Bescheid die Anlagen 6 und 7 “zwischenstaatliche Berechnung„. In Anlage 6 ist ausgeführt, dass sich die persönlichen Entgeltpunkte für die Ermittlung des Monatsbetrages der Rente aus der Summe der zu berücksichtigenden Entgeltpunkte, vervielfältigt mit dem Zugangsfaktor, ergäben. An Entgeltpunkten seien im Falle des Klägers zu berücksichtigen:
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Entgeltpunkte für Beitragszeiten |
57,3483 Punkte |
Entgeltpunkte für beitragsfreie Zeiten |
+ 3,3657 Punkte |
zusätzliche Entgeltpunkte für beitragsgeminderte Zeiten |
+ 0,0381 Punkte |
insgesamt |
= 60,7521 Punkte |
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Davon entfielen auf |
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deutsche Zeiten |
42,8573 Punkte |
ausländische Zeiten |
17,8948 Punkte |
Das Verhältnis der Summe der Entgeltpunkte aus den deutschen Zeiten zu der Summe der Entgeltpunkte aus deutschen und ausländischen Zeiten betrage
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42,8573 Punkte : 60,7521 Punkte |
= 0,705445 Punkte |
Die ermittelten Entgeltpunkte seien in diesem Verhältnis zu berücksichtigen:
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60,7521 Punkte x 0,705445 |
= 42,8573 Punkte |
Hiervon sei ein Abschlag aus einem durchgeführten Versorgungsausgleich für die Ehezeit vom 01.07.1979 bis 31.01.1985 durchzuführen:
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- 2,4432 Punkte |
= 40,4141 Punkte |
Der Zugangsfaktor betrage 1,0, so dass die persönlichen Entgeltpunkte 40,4141 betrügen.
In Anlage 7 wird ausgeführt, dass die mit Leistungen aus der Unfallversicherung zusammentreffende Rente nur insoweit zu zahlen sei, als sie zusammen mit der Leistung aus der Unfallversicherung den maßgebenden Grenzbetrag nicht übersteige. Die Rente aus der Rentenversicherung betrage 1.137,25 €, d...