OFD Frankfurt, Verfügung v. 30.12.1999, S 2745 A - 20 - St II 10
Bei der Anwendung des § 8 Abs. 4 KStG a.F. (Verlustabzug im Falle des Mantelkaufs) ist Folgendes zu beachten:
1. Hauptanwendungsfall
Für den Verlustabzug nach § 10 d EStG ist bei einer Körperschaft Voraussetzung, dass sie nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch ist, die den Verlust erlitten hat. Der Verlustabzug ist daher bei einer Kapitalgesellschaft insbesondere zu versagen, wenn folgende Tatbestandsmerkmale erfüllt sind:
- a) Die Kapitalgesellschaft hat ihren Geschäftsbetrieb eingestellt,
- b) es sind mehr als 3/4 ihrer Anteile übertragen worden,
- c) es ist überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt worden und
- d) die Kapitalgesellschaft hat ihren Geschäftsbetrieb wieder aufgenommen.
1.1 Einstellung des Geschäftsbetriebs:
Die Kapitalgesellschaft hat ihren Geschäftsbetrieb eingestellt, wenn sie im wirtschaftlichen Ergebnis aufgehört hat, werbend tätig zu sein. Die bloße Abwicklung noch ausstehender Forderungen und Verbindlichkeiten, etwa im Falle der Liquidation des Betriebs, steht in der Regel nicht der Annahme einer Einstellung des Geschäftsbetriebs entgegen. Nicht erforderlich ist, dass über den Betrieb ein Konkurs- oder Vergleichsverfahren eröffnet worden oder eine Liquidation erfolgt ist. Auch der Wechsel von einer aktiven Tätigkeit zu einer aktiven Tätigkeit anderer Art (Branchenwechsel) kann als Einstellung des Geschäftsbetriebs anzusehen sein (BFH-Urteil vom 13.8.1997, I R 89/96, BStBl 1997 II S. 829). Dagegen führt durch die Verpachtung eines bisher aktiv betriebenen Geschäftsbetriebs die Kapitalgesellschaft den bisherigen Geschäftsbetrieb in keinem Fall fort.
Die Unterbrechung des Geschäftsbetriebs reicht für die Versagung des Verlustabzugs nicht aus. Im Hinblick darauf, dass nicht nur nach Eröffnung des Vergleichsverfahrens, sondern auch nach Eröffnung des Konkursverfahrens die Sanierung des Unternehmens als Ziel des Verfahrens in Betracht kommt, führt die Eröffnung des Konkursverfahrens nicht stets zur Versagung des Verlustabzugs nach § 8 Abs. 4 KStG. Die Eröffnung des Konkurses wird zwar regelmäßig die Einstellung des Geschäftsbetriebs zur Folge haben. Ob dies jedoch im konkreten Fall angenommen werden muss, hängt von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls ab.
1.2 Übertragung von mehr als 75 % der Anteile:
Für das Merkmal der Anteilsübertragung ist es unerheblich, ob die Übertragung entgeltlich oder unentgeltlich vorgenommen worden ist. Der Anteilsübergang durch Erbfall einschließlich der Erbauseinandersetzung wird von § 8 Abs. 4 KStG nicht erfasst, jedoch der Fall der vorweggenommenen Erbfolge. Die Grenze von mehr als 75 % der Anteile bezieht sich bei Kapitalgesellschaften auf das – ggf. um eigene Anteile der Gesellschaft gekürzte – Nennkapital. Erwerber der Anteile können sowohl neue als auch bereits beteiligte Gesellschafter sein. Dabei ist es unerheblich, auf wie viele Erwerber sich die übertragenen Anteile verteilen. Die mehrfache Übertragung des nämlichen Anteils wird nur einmal gezählt. Entscheidend ist, dass insgesamt eine Quote von mehr als 75 % der Anteile übertragen wird.
1.3 Zuführung von überwiegend neuem Betriebsvermögen:
Zuführung von neuem Betriebsvermögen bedeutet nicht, dass die Gesellschaft vermögenslos oder überschuldet gewesen sein muss. Ein Verlust der wirtschaftlichen Identität kann auch gegeben sein, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt des Gesellschaftswechsels noch Vermögen hatte. Die Zuführung von neuem Betriebsvermögen führt nur dann zum Verlust der wirtschaftlichen Identität, wenn das neu zugeführte Betriebsvermögen das noch vorhandene Vermögen übersteigt. Betriebsvermögen in diesem Sinne ist das Aktivvermögen. Gehören zum Betriebsvermögen Beteiligungen an Organgesellschaften oder Personengesellschaften, ist das Aktivvermögen der Organgesellschaft in vollem Umfang bzw. das Aktivvermögen der Personengesellschaft zu dem Anteil der Beteiligung in den Vergleich einzubeziehen. Maßgebend sind die Teilwerte des vorhandenen und des zugeführten Vermögens; etwaige immaterielle Wirtschaftsgüter sind zu berücksichtigen, auch wenn sie bei der steuerlichen Gewinnermittlung nicht angesetzt werden dürfen. Eine Saldierung von zugeführtem Aktivvermögen mit Ausschüttungen findet nicht statt.
1.4 Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs:
Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs bedeutet, dass die Gesellschaft ihren Geschäftsbetrieb eingestellt hatte und nach dem Gesellschafterwechsel und der Zuführung neuen Vermögens wieder aufgenommen hat. Das gilt unabhängig davon, ob die Gesellschaft nach dem Gesellschafterwechsel und der Zuführung neuen Vermögens ihren bisherigen Geschäftsbetrieb wieder aufnimmt oder auf einem anderen oder ähnlichen Gebiet tätig wird.
2. Andere Anwendungsfälle
Der Ausschluss des Verlustabzugs nach § 8 Abs. 4 KStG gilt nicht nur für Kapitalgesellschaften, sondern auch für andere Körperschaften. Die Übertragung von mehr als 75 % der Anteile bezieht sich in diesen Fällen auf di...