Leitsatz
Kommen für eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte mehrere Orte als Ort der Geschäftsleitung in Betracht, ist grundsätzlich eine Gewichtung der Tätigkeiten vorzunehmen und danach der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung zu bestimmen. Nehmen mehrere Personen gleichwertige Geschäftsführungsaufgaben von verschiedenen Orten aus wahr, ist eine Gewichtung nicht möglich; in diesem Fall bestehen mehrere Geschäftsleitungsbetriebsstätten.
Normenkette
§ 28 Abs. 1 GewStG, § 12 Satz 2 Nr. 1, § 10 AO
Sachverhalt
An der klagenden GmbH & Co. KG waren neben der nicht am Vermögen und Gewinn beteiligten Komplementär-GmbH drei Kapitalgesellschaften als Kommanditisten beteiligt. Mitarbeiter der drei Kommanditistinnen waren gleichberechtigte Geschäftsführer der Komplementär-GmbH; diese bezogen dafür ein Gehalt von je 5.000 DM monatlich. Im Streitjahr 1992 verlegte die KG ihren Sitz vom bisherigen Standort F in einen anderen Ort (N). Dort mietete sie zum 1. März einen Büroraum an und beschäftigte ab 1. Mai eine Sekretärin für 500 DM monatlich. In den beiden ersten Monaten des Jahres bestand die Tätigkeit der Geschäftsführer vorwiegend darin, den neuen Verwaltungssitz zu suchen. Dazu fanden Treffen an verschiedenen Orten, z.T. auch in Autobahnraststätten statt. Geschäftsansässig waren die Geschäftsführer bei den Zentralen der Kommandit-Kapitalgesellschaften; ihre Wohnsitze hatten sie an anderen Orten.
Der GewSt-Messbetrag wurde vom FA auf F und N zerlegt. Maßstab dafür waren der Arbeitslohn der Sekretärin und der fiktive Unternehmerlohn von 50.000 DM nach § 31 Abs. 5 GewStG damaliger Fassung.
Die KG war der Meinung, der gesamte GewSt-Messbetrag sei N zuzuweisen. Das FG lud F zum Verfahren bei und wies die Klage ab (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 30.6.2011, 1 K 73/06, Haufe-Index 2731579, EFG 2011, 1911).
Entscheidung
Im Revisionsverfahren lud der BFH auch noch N zum Verfahren bei, hob das Urteil auf und verwies das Verfahren an das FG zurück. Das FG habe verkannt, dass es bei gleichgewichtigen Geschäftsleitungsmaßnahmen an verschiedenen Orten auch mehrere Geschäftsleitungsbetriebsstätten geben könne. Zur Gewichtung der Geschäftsleitungsmaßnahmen seien noch weitere Feststellungen zu treffen. Zu Recht habe das FG allerdings bei der Bemessung der gezahlten Arbeitslöhne nicht die Gehälter der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH angeknüpft, sondern den pauschalen Unternehmerlohn nach § 31 Abs. 5 GewStG berücksichtigt.
Hinweis
1. In materieller Hinsicht betrifft das Urteil nicht nur die im Leitsatz angesprochene Frage, ob es mehrere Geschäftsleitungsbetriebsstätten geben kann (dazu unter 2.), sondern auch die Frage, ob bei der Zerlegung für eine GmbH & Co. KG die Geschäftsführergehälter der Komplementärin oder ein fiktiver Unternehmerlohn zu berücksichtigen sind (dazu 3.).
In formeller Hinsicht stellt das Urteil klar, dass im Klageverfahren eine Zerlegung nur auf die am Zerlegungsverfahren beteiligten Gemeinden, nicht aber auf eine dritte Gemeinde in Betracht kommt.
2. Die Stätte der Geschäftsleitung ist nach § 12 Satz 2 Nr. 1 AO eine Betriebsstätte des Unternehmens. Die Geschäftsleitung ist der Mittelpunkt der Oberleitung (§ 10 AO), wofür auf die maßgebliche Willensbildung für die Geschäftsführung abgestellt wird. Geschäftsführung meint dabei das Tagesgeschäft, also den Bereich der Geschäftstätigkeit, in dem der Geschäftsführer seine Entscheidungen ohne Einschaltung der Gesellschafterversammlung treffen kann. Sind nun wie im entschiedenen Fall mehrere Geschäftsführer an mehreren Orten tätig, muss zunächst untersucht werden, ob sich die Tätigkeiten in ihrer Bedeutung für die Geschäftsführung unterscheiden. Gibt es dafür keine Anhaltspunkte, kann das Ergebnis weder die zufällige Auswahl eines Ortes als Geschäftsleitungsbetriebsstätte noch die Annahme sein, dass es gar keine solche Betriebsstätte gibt. Vielmehr ist dann davon auszugehen, dass an allen Orten eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte besteht.
3. Unterhält ein Gewerbebetrieb innerhalb des Erhebungszeitraums mehrere Betriebsstätten in mehreren Gemeinden, ist der GewSt-Messbetrag auf die Gemeinden zu zerlegen. Maßstab dafür sind nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG grundsätzlich die an den Betriebsstätten gezahlten Arbeitslöhne. Das gilt auch für Geschäftsführergehälter.
Ein reines Abstellen auf Arbeitslöhne würde die Tätigkeit des Personenunternehmers (Einzel- oder Mitunternehmer) unberücksichtigt lassen, weil dieser nicht in einem Arbeitsverhältnis zu seinem Unternehmen steht. Um eine Betriebsstätte, an der der Unternehmer oder ein Mitunternehmer selbst tätig ist, bei der Zerlegung ggf. nicht ganz übergehen zu müssen, ordnet § 31 Abs. 5 GewStG die Berücksichtigung eines fiktiven Unternehmerlohns für den im Betrieb tätigen Unternehmer und damit auch für jeden im Betrieb tätigen Mitunternehmer in Höhe von 25.000 EUR an.
Führt nun im Fall einer Kapitalgesellschaft & Co. KG die Komplementärin die Geschäfte der KG, könnte man in Betracht ziehen, anstelle des pauschalen Betrags d...