Die EU-Kommission hatte am 30.11.2017 einen (geänderten) Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 im Hinblick auf die Stärkung der Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer vorgelegt. Die Verordnung (EU) Nr. 904/2010 legt Regeln und Verfahren fest, nach denen die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten untereinander zusammenarbeiten und Informationen austauschen. Dieser Austausch dient der korrekten Festsetzung der MwSt, der Kontrolle der richtigen Anwendung der MwSt insbesondere auf grenzüberschreitende Umsätze sowie der Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs. Bereits am 4.10.2017 hatte die EU-Kommission u. a. den Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung 904/2010 hinsichtlich des CTP vorgelegt. Bei dem neuen Vorschlag handelte es sich daher um einen geänderten Vorschlag, der die Vorschläge aus Oktober 2017 aber umfasst.
Die Neuregelungen wurden vom Rat am 2.10.2018 förmlich verabschiedet. Die Verordnung trat am 5.11.2018 (als unmittelbar in den Mitgliedstaaten geltendes Recht) in Kraft und die meisten Änderungen gelten ab dem 1.1.2020. Die Verordnung enthält u. a. Neuregelungen im Bereich des grenzüberschreitenden Austauschs von Kfz-Registrierungsdaten, Regelungen zu Ermittlungsbefugnissen von Beamten aus anderen Mitgliedstaaten, die sich anlässlich der Durchführung behördlicher Ermittlungen durch einen Mitgliedstaat in diesem aufhalten dürfen, Regelungen über den Informationsaustausch mit Europol und dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) sowie zum Austausch von Zolldaten im Zusammenhang mit Zollverfahren zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr mit unmittelbar anschließender umsatzsteuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferung.
So gab es Änderungen der bestehenden Regelungen in Art. 7 Abs. 4 der VO 904/2010 (Ergänzung, dass die ersuchte Behörde ihre Ermittlung erforderlichenfalls in Absprache mit dem ersuchenden Mitgliedstaat durchführen muss) und ein neues Instrument der behördlichen Ermittlung bei Ersuchen durch mehrere Mitgliedstaaten gem. Art. 7 Abs. 4a der VO 904/2010. Behördliche Ermittlungen sind nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. k VO 904/2010 "alle von den Mitgliedstaaten in Ausübung ihres Amtes vorgenommenen Kontrollen, Nachprüfungen und Handlungen mit dem Ziel, die ordnungsgemäße Anwendung der Mehrwertsteuervorschriften sicherzustellen". Dies können im deutschen Besteuerungsverfahren u. a. sein: Außenprüfung, Umsatzsteuer-Nachschau, Kassen-Nachschau, Anhörung Beteiligter. Art. 7 Abs. 4a VO 904/2020 enthält eine Präzisierung des Ermittlungsgegenstands (Umsätze mit grenzüberschreitender Relevanz für den ersuchenden Mitgliedstaat – im ersuchenden Mitgliedstaat steuerpflichtige Umsätze eines Steuerpflichtigen, der im ersuchten Mitgliedstaat ansässig ist). Der Katalog der Ablehnungsgründe für das Ersuchen gilt nun für alle Umsätze mit grenzüberschreitender Relevanz. Dies galt vorher nur für Umsätze lt. (gestrichenem) Anhang I zur VO 904/2020: Lieferungen im Versandhandel, grundstücksbezogene Dienstleistungen, Telekommunikations-, Rundfunk-, Fernseh-Dienstleistungen, elektronische Dienstleistungen, Vermietung von Beförderungsmitteln. Ein gemeinsames begründetes Ersuchen um behördliche Ermittlung muss durch mindestens 2 Mitgliedstaaten erfolgen. Die Antragsbegründung muss enthalten: Hinweise auf oder Beweise für Risiken der MwSt-Hinterziehung oder des MwSt-Betrugs. Die Ablehnung der Ermittlung ist nur eingeschränkt möglich in den Fällen von Art. 54 Abs. 1 Buchst. b VO 904/2020 (eigene Informationsquellen nicht genutzt) oder von Art. 54 Abs. 2-4 VO 904/2010 (z. B. rechtliche Hinderungsgründe, Geschäfts-, Industrie-, Berufsgeheimnis). Eine Ablehnung des Ersuchens ist nicht wegen unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwands möglich (Art. 54 Abs. 1 Buchst. a VO 904/2010; anders bei (bilateralen) Ersuchen nach Art. 7 Abs. 4VO 904/2010). Eine Ermittlung kann unterbleiben, wenn der ersuchte Mitgliedstaat die Informationen bereits besitzt, diese den ersuchenden Mitgliedstaaten übermittelt und jene einverstanden sind. Die Ermittlung erfolgt stets unter Leitung und nach den Rechtsvorschriften des ersuchten Mitgliedstaats. Es besteht die Möglichkeit, dass Beamte der ersuchenden Mitgliedstaaten vor Ort an der Ermittlung im ersuchten Mitgliedstaat teilnehmen und bestimmte Kontrollbefugnisse ausüben. Der ersuchte Mitgliedstaat kann Teilnahme von Beamten der ersuchenden Mitgliedstaaten verlangen (kommen diese dem nicht nach, finden keine Ermittlungen statt). Die Befugnisse der Beamten richten sich grundsätzlich nach nationalem Recht des ersuchten Mitgliedstaates.
Zum Austausch von Zolldaten gilt, dass Zolldaten in elektronischen Systemen gespeichert werden (Art. 17 Abs. 1 Buchst. f VO 904/2010) und ein grenzüberschreitender automatisierter Datenzugang besteht (Art. 21 Abs. 2a VO 904/2010). Die Mitgliedstaaten speichern in einem elektronischen System bestimmte Informationen im Zusa...