Die EU-Kommission hatte dem Rat am 11.12.2018 ein Maßnahmenpaket vorgeschlagen, das im Zusammenhang mit den ab 1.7.2021 infolge der RL (EU) 2017/2455 geltenden Regelungen zur Besteuerung grenzüberschreitender Dienstleistungen an Privatverbraucher innerhalb der EU im Rahmen des One-Stop-Shop-Verfahrens (OSS) und innergemeinschaftlicher Fernverkäufe von Gegenständen sowie von Fernverkäufen von aus Drittgebieten oder Drittländern eingeführten Gegenständen steht (sog. Digitalpaket zur Modernisierung der Mehrwertbesteuerung des grenzüberschreitenden Onlinehandels). Das Maßnahmenpaket wird als sog. MwSt E-Commerce-Implementierungspaket bezeichnet. Im Einzelnen handelte es sich dabei um einen
- Vorschlag für eine RL des Rates zur Änderung der MwStSystRL in Bezug auf Vorschriften für Fernverkäufe von Gegenständen und bestimmte inländische Lieferungen von Gegenständen und einen
- Vorschlag für eine Durchführungsverordnung des Rates zur Änderung der DVO (EU) Nr. 282/2011 bezüglich der über elektronische Schnittstellen unterstützten Lieferung von Gegenständen oder Erbringung von Dienstleistungen sowie bezüglich der Sonderregelungen für Steuerpflichtige, die Dienstleistungen an Nichtsteuerpflichtige erbringen sowie Fernverkäufe von Gegenständen und bestimmte Lieferungen von Gegenständen innerhalb der Union tätigen.
Rat und Kommission hatten in einer Protokollerklärung zu der RL (EU) 2017/2455 u. a. zum Ausdruck gebracht, dass der spätere Erlass näherer Durchführungsbestimmungen zu dem Digitalpaket notwendig sei. Dem dienen die ergänzend vorgelegten Rechtsetzungsvorschläge. Die RL 2017/2455 (EU) enthält u. a. die folgenden Regelungen:
- Ausweitung des Anwendungsbereichs der Sonderregelungen für nicht in der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige, die Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen oder elektronische Dienstleistungen an Nichtsteuerpflichtige gem. Art. 358 - 369k MwStSystRL (sog. Mini-One-Stop-Shop, MOSS) erbringen, auf alle Arten von Dienstleistungen sowie auf innergemeinschaftliche Fernverkäufe von Gegenständen und Fernverkäufe von aus Drittgebieten oder Drittländern eingeführten Gegenständen, und Umwandlung des MOSS in eine einzige Anlaufstelle (OSS);
- Einführung von Sonderbestimmungen für Unternehmer, die durch die Nutzung einer elektronischen Schnittstelle, z. B. eines Marktplatzes, einer Plattform, eines Portals oder Ähnlichem, bestimmte Lieferungen an Nichtunternehmer durch andere Unternehmer unterstützen.
Mit dem Richtlinien-Vorschlag sollten zusätzliche Vorschriften festgelegt werden, um die v.g. Änderungen der MwStSystRL zu unterstützen, die seit dem 1.7.2021 gelten. Dies betrifft insbesondere die Bestimmungen über elektronische Schnittstellen (Internetportale, Marktplatzbetreiber), die die Lieferung von Gegenständen an Nichtunternehmer in der EU durch nicht in der EU ansässige Unternehmer unterstützen, und die Sonderregelungen für die Erklärung und Entrichtung der MwSt bei der Einfuhr, wenn der OSS für Fernverkäufe von aus Drittgebieten oder Drittländern eingeführten Gegenständen nicht genutzt wird.
Der seit 1.7.2021 geltende Art. 14a MwStSystRL regelt, dass Unternehmer, die Fernverkäufe von aus Drittgebieten oder Drittländern eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von nicht mehr als 150 EUR oder innergemeinschaftliche Lieferungen durch einen nicht in der EU ansässigen Unternehmer an einen Nichtunternehmer durch die Nutzung einer elektronischen Schnittstelle, z. B. eines Marktplatzes, einer Plattform oder eines Portals, unterstützen, so behandelt werden, als ob sie diese Gegenstände selbst erhalten und geliefert hätten. Dadurch wird eine B2C-Lieferung praktisch in zwei Lieferungen aufgeteilt: eine Lieferung des Lieferers an die elektronische Schnittstelle (B2B-Lieferung) und eine Lieferung der elektronischen Schnittstelle an den Erwerber (B2C-Lieferung.) Daher musste insbesondere festgelegt werden, welcher dieser Lieferungen die Versendung oder Beförderung der Gegenstände zugeordnet wird, damit der Ort der jeweiligen Lieferung zutreffend bestimmt werden kann.