1. Bindungswirkung der Vergütungsverordnung
Rz. 1
Die StBVV wird in dem durch § 1 bestimmten Anwendungsbereich bei Abschluss des Beratungsvertrages zum Vertragsinhalt, ohne dass es einer besonderen Vereinbarung über die Höhe des Honorars bedarf. Der Gesetzgeber hat den Berufsangehörigen in § 64 Abs. 1 StBerG zwingend die Beachtung der StBVV vorgegeben. Sie wirkt insoweit ebenso verbindlich wie die das Vertragsverhältnis im Übrigen regelnden Vorschriften des BGB, da sie als "übliche Vergütung" i. S. v. §§ 612 Abs. 2, 632 Abs. 2 BGB anzusehen ist (E I – Rz. 8f). Durch den einschränkenden Satz 1 gilt diese allerdings nicht, wenn der StB seine berufliche Niederlassung im Ausland hat oder wenn die Berufstätigkeit – unabhängig vom Sitz – im Ausland ausgeübt wird. Über den Verweis in Abs. 2 sind auch Steuerbevollmächtigte und Berufsausübungsgesellschaften nur dann an die StBVV gebunden, wenn sie ihren Sitz im Inland haben oder ihre Tätigkeit im Inland ausüben.
Rz. 2
Die Frage, ob Vereinbarungen zulässig sind, die die Anwendung der StBVV ganz oder teilweise ausschließen, kann nach bürgerlichem Recht und nach den Regeln des Berufsrechtes unterschiedlich zu beurteilen sein. Nicht jeder Verstoß gegen das Berufsrecht führt bereits zur Sittenwidrigkeit und damit Nichtigkeit der zu beurteilenden Vereinbarungen. Regelmäßig bedarf es besonderer Umstände, um den Vorwurf der Sittenwidrigkeit zu begründen (BGH v. 15. 11. 1956 – VII ZR 249/56, BGHZ 22, 162). Die Rechtsprechung legt insofern durchaus einen großzügigen Maßstab an (OLG Köln v. 03. 09. 1997 – 17 U 31/97, BB 1998, 129). In Satz 2 wird festgelegt, dass der StB mit seinem Mandanten eine von den Bestimmungen der StBVV in der Höhe abweichende Vergütung vereinbaren kann. Die Regelung der Vereinbarung einer höheren Vergütung (§ 4 Abs. 1) war in der StBVV schon immer enthalten. Nach § 4 Abs. 3 ist unter den dort genannten Voraussetzungen auch die Vereinbarung einer niedrigeren als der gesetzlichen Vergütung ausdrücklich zulässig.
Rz. 3
Grundsätzlich unzulässig und rechtlich unwirksam sind Vereinbarungen, die gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen (§ 134 BGB) oder die sittenwidrig sind (§ 138 BGB, Sittenwidriges Rechtsgeschäft, Wucher):
„(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausnutzung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.”
Rz. 4
So verstößt z. B. ein Vertrag, der ganz oder teilweise die Verpflichtung zur Mitwirkung bei einer Straftat (z. B. auch Steuerstraftat) zum Gegenstand hat, gegen die guten Sitten und ist nichtig. Aus ihm kann kein Vergütungsanspruch erwachsen. Ist eine Vergütung jedoch gleichwohl gezahlt worden, so kann sie der Zahlende nicht zurückverlangen, wenn er die Sittenwidrigkeit kannte (§ 817 BGB).
Rz. 5
Ein gesetzliches Verbot i. S. v. § 134 BGB ist § 9a StBerG. Danach bleibt es dem StB grundsätzlich untersagt, im Bereich der Vorbehaltsaufgaben Erfolgshonorare zu vereinbaren. Nur in den Ausnahmefällen des § 9a Abs. 2 StBerG ist die Vereinbarung eines Erfolgshonorars unter Beachtung der in § 9a Abs. 2 bis 4 StBerG genannten Formalien zulässig (vgl. E I – Rz. 28–30). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (seit: BGH v. 28. 02. 1963 – VII ZR 167/61, BGHZ 39, 142) steht die von der Bedingung des Erfolgs abhängige Vergütung auch im streitigen Verfahren der unzulässigen Erfolgsbeteiligung gleich und ist ebenfalls nichtig. Keine Anwendung findet diese Rechtsprechung in den Ausnahmefällen des nach § 9a Abs. 2 StBerG zulässigen Erfolgshonorars.
Rz. 6
Soweit das grundsätzliche Verbot des Erfolgshonorars besteht, kann es nicht dadurch umgangen werden, dass nicht mit dem Mandanten, sondern mit einem Dritten ein Erfolgshonorar vereinbart wird oder dadurch, dass ein Dritter und nicht der StB selbst das Erfolgshonorar erhalten soll. Auch solche Vereinbarungen sind regelmäßig nach § 134 BGB nichtig. Entsprechendes gilt für Provisionsvereinbarungen (vgl. § 9 StBerG), die grundsätzlich ebenfalls nichtig sind (so schon BGH v. 23. 10. 1980 – IVa ZR 28/80, BGHZ 78, 263). Erhaltene Provisionen von Dritten sind an den Auftraggeber auszukehren (BGH v. 01. 04. 1987 – IVa ZR 211/85, DB 1987, 1295; BGH v. 30. 05. 2000 – IX ZR 121/99, NJW 2000, 2669).
Rz. 7
Zweifelhaft ist, ob eine Honorarvereinbarung, die auf einen unlauteren Wettbewerb gerichtet ist, als nichtig angesehen werden muss. § 1 UWG lautet:
- "Wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Handlungenvornimmt, die gegen die guten Sitten verstoßen, kann auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch genommen werden."
Rz. 8
Sehr zweifelhaft ist, ob die nach § 57 Abs. 4 StBerG dem StB untersagte gewerbliche Tätigkeit überhaupt einen Vergütungsanspruch auslösen kann (vgl. BGH v. 17. 04. 1980 – III ZR 73/79, DB 1980, 1985...