1. Mehrere Auftraggeber
Rz. 1
Die Vorschrift ähnelt § 7 RVG und besagt in Abs. 1, dass mehrere Auftraggeber grundsätzlich zu keiner Vermehrung der Gebühren führen (eine Berücksichtigung im Zehntelsatz ist möglich, s. u. Rz. 7). Eine Erhöhung der Geschäftsgebühr ist aber in den Fällen möglich, in denen für StB das RVG und insofern Nr. 1008 VV RVG (Erhöhung um 0,3 für jede weitere Person) anwendbar ist. Dies ist in Angelegenheiten nach §§ 21 Abs. 2, 40, 44 und 45 StBVV der Fall.
Rz. 2
Schwierigkeiten kann die Auslegung des gebührenrechtlichen Begriffs "dieselbe Angelegenheit" bereiten (vgl. hierzu auch § 12 – Rz. 6 ff.). Inhalt, Ziel und Zweck müssen sich weitgehend decken (BGH v. 17. 11. 1989 – III ZR 193/82, NJW 1984, 1188). Um dieselbe Angelegenheit handelt es sich insbesondere dann, wenn mehrere Mandanten dieselbe Steuerpflicht zu erfüllen haben oder wenn ein Steuerrechtsverhältnis so gestaltet ist, dass sich Verwaltungsakte oder Verfahrensentscheidungen rechtlich zwingend auf mehrere beteiligte Mandanten auswirken.
Rz. 3
Beispiele für "dieselbe Angelegenheit":
- Zusammenveranlagung von Ehegatten
- Gemeinsame Erbschaftsteuererklärung
- Einheitliche und gesonderte Feststellung, insbesondere Gewinnermittlung, Feststellungserklärung und Feststellungsverfahren bei Personengesellschaften und Gemeinschaften
- Gesamtschuldnerschaft (§ 44 AO), z. B. bei Haftung von GmbH und GmbH-Geschäftsführer für abzuführende Lohnsteuer oder bei Haftung des Veräußerers und des Betriebsübernehmers gem. § 75 AO
- Widerstreitende Steuerfestsetzung (§ 174 AO), z. B. wenn die Zurechnung einer Besteuerungsgrundlage zu einer von mehreren beteiligten Personen umstritten ist, alle aber von demselben StB vertreten werden (§ 39 Abs. 2 AO). Fälle dieser Art treten häufig bei Leasing- oder Nießbrauchsverhältnissen und bei Gewinnverteilungsvereinbarungen zwischen Mitgesellschaftern auf.
Rz. 4
Nicht maßgeblich ist, ob die Auftraggeber den StB gemeinschaftlich oder unabhängig voneinander beauftragt haben. Auch sog. Anschlussaufträge führen, wenn es sich um dieselbe Angelegenheit handelt, nicht zu einer mehrfachen Gebühr (vgl. zur Abgrenzung bei nacheinander tätigen StB § 5 – Rz. 4).
Rz. 5
Die Tätigkeit für mehrere Auftraggeber kann sich im Rahmensatz auswirken (vgl. § 11 – Rz. 5 ff.), wobei ein erhöhter Zeitaufwand, eine höhere Bedeutung der Angelegenheit und auch ein erhöhtes Haftungsrisiko berücksichtigt werden können.
2. Mehrere Auftraggeber als Gesamtschuldner
Rz. 6
Die einzelnen Auftraggeber sind hinsichtlich der Gebühren und Auslagen Gesamtschuldner (§§ 421 ff. BGB). Leistet ein Auftraggeber Ausgleich über seinen "internen" Anteil hinaus, hat er einen entsprechenden (Teil-)Anspruch gegen die anderen Gesamtschuldner (§ 426 Abs. 2 BGB).
Rz. 7
Der StB kann sich daher mit seinem Vergütungsanspruch grundsätzlich an jeden Auftraggeber halten, soweit zur Erledigung des betreffenden Auftrags Gebühren und Auslagen entstanden sind. Eine anteilige Verteilung der Gesamtgebühren ist durch die StBVV nicht vorgesehen, aber zulässig. Für die Verteilung von Reisekosten und Tagegeldern gilt allerdings die Sondervorschrift in § 19 (vgl. § 19 – Rz. 3 ff.). Insgesamt dürfen die Gebühren und Auslagen nur einmal gefordert werden; es ist also nicht zulässig, sie "sicherheitshalber" bei allen beteiligten Mandanten in Rechnung zu stellen. Eine Begrenzung der Gesamtschuldnerschaft ergibt sich aus Abs. 2 Satz 1, wonach der Auftraggeber von dem einzelnen Mandanten nur so viel verlangen kann, wie auf diesen "als Einzelnen" entfällt. Damit darf z. B. bei einem Einspruch der 0,3 Mehrvertretungszuschlag nach Nr. 1008 VV RVG bei der Gesamtschuldnerschaft nicht berücksichtigt werden.
Rz. 8
Aus Treu und Glauben ergibt sich die Verpflichtung, jedem Mandanten auf Anforderung mitzuteilen, welche Gebühren und Auslagen bei der Ausübung des Auftrags insgesamt entstanden sind und welche Beträge von den anderen Gesamtschuldnern (Auftraggebern) eingefordert und ggf. gezahlt worden sind. Im Verhältnis der Mandanten zueinander gilt § 426 Abs. 2 BGB, wonach der über seinen Anteil hinaus Belastete kraft Gesetzes einen Ausgleichsanspruch gegenüber den anderen Beteiligten erwirbt.
Rz. 9
Der StB kann seine Gebührenrechnung ändern, wenn er in den Fällen des § 6 einen Auftraggeber zunächst nur mit einem Teilbetrag der Gesamtvergütung in Anspruch genommen hat, sich aber aus dem Verhältnis zu den anderen in derselben Gebührenangelegenheit in Anspruch genommenen Auftraggebern eine andere Aufteilung ergibt (z. B. auch bei Zahlungsunfähigkeit eines Beteiligten).
Rz. 10
Ein Sonderproblem kann im Zusammenhang mit Eheleuten bestehen, wenn der StB nur von einem Ehegatten beauftragt wurde. Geht es um die Erstellung einer ESt-Erklärung mit Zusammenveranlagung, kann man darin ein sog. Geschäft zur Deckung des Lebensbedarfs der Familie sehen, § 1357 BGB (OLG Düsseldorf v. 26. 11. 2004 – I-23 U 101/04, INF 2005, 93), das den anderen Ehegatten mit verpflichtet. Dies ist allerdings nicht unumstritten und gilt von vornherein nicht bei getrenntlebenden Ehegatten, § 1357 Abs. 3 BGB. In Erbangele...