Leitsatz
Bei der Prüfung, ob ein Gewinnabführungsvertrag auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen ist, ist der Vertrag nach objektiven Gesichtspunkten auszulegen. Die Entstehungsgeschichte und die Vorstellungen der am Vertragsschluss beteiligten Personen können bei der Vertragsauslegung nicht berücksichtigt werden.
Normenkette
§ 14 Abs. 1 Nr. 3, § 17 KStG 1999
Sachverhalt
Eine KG erwarb sämtliche Anteile an einer GmbH und schloss mit dieser einen notariell beurkundeten Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Dieser sollte vom 01.01.2002 an gelten. Er konnte erstmals zum Ablauf des 31.03.2006 unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten gekündigt werden.
Das Datum des 31.03.2006 als erstmals möglicher Kündigungszeitpunkt wurde vom beurkundenden Notar als Textbaustein aus einem zuvor entworfenen Gewinnabführungsvertrag zwischen der KG und einer anderen Tochtergesellschaft, bei der eine Umstellung auf ein am 31.03. endendes Geschäftsjahr erwogen worden war, übernommen.
Nachdem die Klägerin vom FA auf die fünf Jahre unterschreitende Mindestlaufzeit des Vertrags hingewiesen wurde, traf sie am 11.12.2003 mit der KG eine Vereinbarung mit einer "klarstellenden" Kündigungsverlängerung.
Das FA erkannte wegen Unterschreitens der Mindestlaufzeit von fünf Jahren ein Organschaftsverhältnis für das Streitjahr nicht an und behandelte die vollzogene Gewinnabführung als vGA.
Das FG (Haufe-Index 1728492, EFG 2007, 1264) hat das ebenso …
Entscheidung
… bestätigt, wie der BFH.
Der BFH sah keine Veranlassung, auf die Entstehungsgeschichte und auf die Beweggründe der Vertragsbeteiligten bei Abschluss des Ergebnisabführungsvertrags einzugehen. Ausschlaggebend war für ihn, dass der verobjektivierte Inhalt des Vereinbarten einen solchen Willen nicht verdeutlichte.
Hinweis
1. Sollen die erwirtschafteten Ergebnisse einer Kapitalgesellschaft im Rahmen eines Organschaftsverhältnisses an einen Organträger abgeführt und dort besteuert werden, dann müssen bestimmte Steuerregeln eingehalten werden, die in §§ 14 ff. KStG im Einzelnen bestimmt sind.
Vor allem muss hiernach ein Ergebnisabführungsvertrag geschlossen werden und dieser muss den Anforderungen des § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG genügen. Dazu gehört vor allem die "unverbrüchliche"feste (Mindest-)Laufzeit von 5 Jahren, auf den der Vertrag abgeschlossen sein muss. Eine vorzeitige Beendigung des Vertrags ist nur im Rahmen einer Kündigung aus wichtigem Grund möglich.
2. Im Besprechungsurteil sah der Vertrag "dummerweise" und vermutlich versehentlich eine Kündigungsmöglichkeit zum 31.03. des letzten, also des fünften Jahrs vor. Man hatte das zwar auf Hinweis des FA hin noch "klarstellend" zu korrigieren versucht. Der Lapsus ließ sich dadurch natürlich nicht ungeschehen machen.
3. Der BFH hat klargestellt, dass die körperschaftsteuerlichen Sonderanforderungen "strikt" zu verstehen sind. Es gilt immer nur das objektiv Geschriebene und Vereinbarte.
Letzteres lässt sich zwar im Revisionsverfahren nachprüfen; der BFH ist bei "korporationsrechtlichen" Vereinbarungen und Bestimmungen nicht an eine tatrichterliche Auslegung des FG gebunden. Dennoch bleibt es dabei, dass die Auslegung nur dasjenige berücksichtigen kann, das sich aus den Vertragsvorgängen selbst ergibt. Nur das wird dem für "korporationsrechtliche" Unternehmensverträge zu beachtende Klarheitsgebot gerecht.
Der BFH bestätigt damit sein Verständnis, wonach das KSt-Recht die Anerkennung von Organschaftsverträgen an "eigene, streng formale Voraussetzungen" knüpft, die eine sichere und letztlich "auslegungsfreie Prüfungs- und Beurteilungsgrundlage ermöglichen". Sichtbar wurde dieses Verständnis zuletzt bei den Anforderungen an die Verlustübernahme gem. § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG i.V.m. § 302 AktG. Dazu genügt hier der Hinweis auf das BFH-Urteil vom 22.02.2006, I R 74/05 (BFH/PR 2006, 275). Diese "Strenge" ist letztlich dem Umstand geschuldet, dass die Organschaft ausnahmsweise ein Steuersubjekt an die Stelle eines anderen Subjekts treten lässt. Dass dies ermöglicht wird, erfordert (bislang) besondere Anforderungen, die es strikt zu beachten gilt.
Folge: Die verunglückte Gewinnabführung zieht eine vGA nach sich!
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 28.11.2007, I R 94/06