Leitsatz
Die Regelung in § 52 Abs. 4 GKG, wonach in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Streitwert nicht unter 1.000 € angenommen werden darf (sog. Mindeststreitwert), unterliegt grundsätzlich keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
Normenkette
§ 21 Abs. 1 Satz 3, § 52 Abs. 4, § 66 Abs. 1 GKG, Art. 19 Abs. 4 GG
Sachverhalt
Der Kläger hatte gegen die Entscheidung des FG, die Klage sei nach wirksamer Rücknahme unzulässig, NZB erhoben. Der BFH ließ die Revision zu; diese hatte aber im Ergebnis keinen Erfolg.
Der Kläger meinte, die vom Mindeststreitwert berechnete Gebühr sei verfassungswidrig, weil sein Rechtsschutzinteresse so hoch nicht gewesen sei.
Entscheidung
Der BFH hielt angesichts dessen, dass schon der Streitwert höher war als das Gebührenrisiko einer Instanz, die vom Kläger erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht für durchgreifend.
Hinweis
1. Nach § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG kann für abweisende Entscheidungen von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht. "Abweisende Entscheidungen" sind Entscheidungen jeder Art und Form.
Die Unkenntnis rechtlicher Verhältnisse kann sich auch auf die prozessuale Rechtslage beziehen. Ob die Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse unverschuldet ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei ist u.a. der Bildungsgrad des Kostenschuldners zu berücksichtigen.
Keine unverschuldete Unkenntnis ist die "Überraschung", dass die Klage oder Rechtsmittel keinen Erfolg haben, weil das Gericht die Rechtsansicht des Klägers nicht teilt. Auch wenn eine Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) Erfolg hat, bedeutet dies nicht, dass auch die Revision Erfolg haben wird.
Der Vertretungszwang für das Rechtsmittelverfahren hat auch darin seinen Sinn. Mit der Vorschrift des GKG soll nicht das Prozessrisiko eines Rechtsmittels auf die Allgemeinheit abgewälzt werden.
2. Mit der Erinnerung gem. § 66 Abs. 1 GKG können die Kostenansätze und die ihnen zugrunde liegende Streitwertbemessung überprüft werden. Ist eine Kostenentscheidung bereits zugegangen, kommt nur noch eine Erinnerung nach § 66 Abs. 1 GKG in Betracht, die der Kostenschuldner persönlich einlegen kann, da insoweit der Vertretungszwang des § 62a der FGO nicht gilt.
3. In FG-Verfahren gilt seit 2004 ein Mindeststreitwert von 1.000 € (§ 52 Abs. 4 GKG); wenn Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte gibt, sind es 5.000 €. Hiergegen waren in der Literatur verfassungsrechtliche Bedenken erhoben worden.
Der Gesetzgeber darf – so auch das BVerfG – bei der Bestimmung der Gerichtskosten das Interesse des Fiskus an einer angemessenen Gebühr berücksichtigen. Damit und mit den Folgewirkungen einer Entscheidung in anderen Jahren, die sich wegen des Abschnittsprinzips der Steuererhebung im Streitwert nicht niederschlagen können, hat der Gesetzgeber die Höhe des Mindeststreitwerts begründet.
Das ist eine zulässige Typisierung, die auch den Rechtsweg nicht unzulässig oder unzumutbar beeinträchtigt, hat doch der "arme" Steuerpflichtige, auf den in diesem Zusammenhang immer hingewiesen wird, die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe (§ 142 FGO) zu beantragen.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 31.5.2007, V E 2/06