Zusammenfassung
Das Strategietool "Postdigitale Perspektiven", das von der systemischen Organisationsberatung trinfactory GmbH und Kanzleiberater Ulf Hausmann entwickelt wurde, ermöglicht die Entdeckung einer noch nicht vorhandenen Zukunft und einen spielerisch kreativen Rahmen, mit dem Entscheidungszwang hinsichtlich der Digitalisierung in der Kanzlei umzugehen. Wie mit einer mentalen Zeitmaschine wird das Team in eine Zukunft versetzt, in der die digitale Transformation bereits abgeschlossen ist. Aus dieser Zukunft wird der Blick auf die aktuelle Kanzleisituation gerichtet und werden konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet. Die Themen, die Kanzleien bewegten, möchte ich Ihnen in diesem Beitrag vorstellen.
1 Der Blick "zurück aus der Zukunft"
Klingt wie von Hollywood inspiriert – funktioniert aber auch mit Teams aus Steuerkanzleien: Im Workshop versetzt man sich in die "durchdigitalisierte Welt" hinein, taucht tief ein und geht noch einen Schritt weiter in die postdigitale Zukunft. Dadurch sieht man die Dinge und Themen, die für die erfolgreiche Entwicklung der Kanzlei relevant sind, aus einem anderen Blickwinkel und erlangt ganz neue Erkenntnisse. Die postdigitale Perspektive, in der die Beschäftigung mit der digitalen Transformation abgeschlossen ist, macht den Blick für andere als Digitalisierungsthemen wieder frei.
In den Workshops, an denen das gesamte Kanzleiteam und der Führungskreis der Kanzlei teilnehmen, werden in Kleingruppen alltägliche Szenarien einer "durchdigitalisierten Welt" erarbeitet und anschließend präsentiert, sodass alle Teilnehmenden sich in diese Zukunft hineinversetzen können. Im Resonieren zu diesen Szenarien schreiben alle ihre Gedanken und Gefühle auf und tragen sie danach zusammen. Aus der Perspektive der "durchdigitalisierten Welt" blicken die Teilnehmenden nun weiter in die postdigitale Zukunft und erörtern, welche Fragen sie und die Gesellschaft beschäftigen, da Digitalisierungsprozesse nun abgeschlossen sind und nicht mehr den Blick auf andere Themen versperren. Als Zeitreisende "zurück aus der Zukunft" geben sich die Teilnehmenden Empfehlungen hinsichtlich der zukünftigen Ausrichtung ihrer Kanzlei bzw. Branche.
Der Nutzen einer wirksamen Ausrichtung auf die Zukunft entsteht dabei durch
- kreatives und spielerisches Visualisieren relevanter Zukunftsszenarien im Kontext digitaler Entwicklungen,
- das Ableiten konkreter Empfehlungen für die strategische Ausrichtung und den Umgang mit der Digitalisierung,
- das Stärken des Teams für eine aktive und angemessene Umsetzung digitaler Transformationen,
- das Steigern der individuellen Sicherheit im Umgang mit den Auswirkungen fortschreitender Digitalisierung.
2 Themen aus der postdigitalen Perspektive
Die aus den Workshops mit über 20 Kanzleien abgeleiteten Themen können auch für andere Kanzleien als Inspirationen für deren eigene Strategie-Überlegungen herangezogen werden. Innovative Kanzleien haben vieles davon schon umgesetzt und arbeiten permanent an deren Weiterentwicklung. Die Themen lassen sich zu folgenden Gruppen zusammenfassen:
- Blick auf die Mandantschaft
- Leistungsangebot der Kanzlei
- Prozesse und Qualität
- Technik und Innovation
- Team, Kompetenzen & interne Kommunikation
- Strategie & Vision
Im Folgenden werden diese Themen im Einzelnen dargestellt.
Die strategische Arbeit mit Kanzleien hat den Blick auf diese Themen geschärft. Alle hier aufgezählten Punkte sind in diesem Sinne nicht Ideen, sondern konkrete Aufgaben und strategische Initiativen, die Kanzleien in ihrem individuellen Weg durch die digitale Transformation angepackt bzw. teilweise schon durchlaufen haben. Alle Aspekte eröffnen auch anderen Kanzleien eine Spanne an Möglichkeiten, sich Orientierung für die eigene Reise in die Zukunft zu verschaffen.
2.1 Blick auf die Mandantschaft
Mit Blick auf die Mandantenunternehmen und die Gestaltung der Wertschöpfung und Beziehungen zu diesen ist die Erkenntnis aus den Workshops wie der Umsetzung einfach und klar: Kanzleien, die den Weg der Digitalisierung beschreiten, gestalten in unterschiedlicher Ausprägung die Mandantendimension entlang folgender Ideen:
- Gemeinsame Wege mit Mandanten finden: Es geht darum, Wege zu finden und die eigene Digitalisierung zu gehen, auch wenn sie von Ihren Mandanten nicht eingefordert wird. Dabei ist die Berücksichtigung der hintergründigen Bedürfnisse der Mandanten wichtig, z. B. (vermeintliche) Zeitersparnis, Sicherheit der Abläufe, und nicht unbedingt das vordergründige Festhalten an der oberflächlichen Aussage "wir wollen nichts ändern und dass alles so bleibt". Letzteren Wunsch gilt es zu hinterfragen, genauer zu verstehen und in das eigene digitale Leistungsangebot zu integrieren. Die offensichtliche Reaktion auf solche Mandanten ist, einen Scanservice anzubieten.
- Anschluss an "Digital Natives" finden: Digital Native Mandanten fördern die Digitalisierung – Kanzleien, die solche Mandantengruppen haben, sind weiter als andere. Es hat sich als praktikabel erwiesen, die eigenen Digitalisierungskompetenzen in konkreten Mandantenprojekten weiterzuentwickeln. So entstehen Lösungen, bei denen die digitalen Angebote ni...