Leitsatz
Entgegen den Anweisungen in R 42 Abs. 1 Satz 8 LStR ist der Heimatort eines ledigen AN auch bei nur 14 Heimfahrten jährlich als Lebensmittelpunkt anzusehen, wenn der AN nachweisen kann, dass er sich bei den Heimatbesuchen jeweils längere Zeit an seinem Heimatort aufgehalten hat.
Sachverhalt
Der Kläger war im Streitjahr 2003 als Zeitsoldat bei der Bundeswehr und hat an der 800 km von seinem Heimatort entfernt liegenden Bundeswehrhochschule studiert. Das Finanzamt hat die von dem Kläger geltend gemachten Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung mit der Begründung nicht zum Abzug als Werbungskosten zugelassen, da die Wohnung am Heimatort nicht nachhaltig aufgesucht worden sei. Im Klageverfahren begehrt der Kläger die Aufwendungen anzuerkennen, da er wegen seiner Dienstzeiten als Berufssoldat und der großen Entfernung nicht jedes Wochenende hätte nach Hause fahren können. Da er sich jedoch bei den 14 Heimfahrten im Jahr 2003 an 85 Tagen an seinem Heimatort aufgehalten habe, sei dieser als sein Lebensmittelpunkt anzusehen.
Entscheidung
Das FG weist in seiner Entscheidung unter Bezugnahme auf das Urteil des BFH vom 10. 2. 2000 (VI R 60/98, BFH/NV 2000 S. 949) daraufhin, dass die Frage nach dem Lebensmittelpunkt eines ledigen AN nach den Gesamtumständen des Einzelfalles zu beurteilen ist, und dass auch bei einer geringen Zahl von Heimfahrten der Heimatort Mittelpunkt der Lebensinteressen bleiben kann. Aufgrund der Gesamtumstände des Streitfalles ist das FG davon überzeugt, dass der Kläger den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen an seinem Heimatort hatte. Der Kläger hat sich nachweislich an ca. 65 % seiner ihm im Jahr 2003 zur Verfügung stehenden 140 freien Tage an seinem Heimatort aufgehalten. Nach den Grundsätzen des Urteils des FG München vom 21. 6. 1995 (1 K 1250/93, EFG 1996 S. 744) reicht dies auch bei nur 14 Heimfahrten aus, den Lebensmittelpunkt am Heimatort anzunehmen, da es nach diesem Urteil nicht nur auf die Zahl, sondern auf die Dauer der jeweiligen Aufenthalte ankommt.
Hinweis
Auch nach Wegfall der sog. unechten doppelten Haushaltsführung für ledige AN ohne eigenen Hausstand ab dem Jahr 2004 ist das vorstehende Urteil für all die Fälle von Bedeutung, in denen der ledige AN am Heimatort einen eigenen Hausstand unterhält. Ein solcher ist nach dem Urteil des FG Düsseldorf vom 29. 6. 2005 (13 K 2622/03 E, EFG 2005 S. 1755) auch dann anzunehmen, wenn die Nutzung einer 34 qm großen Wohnung im Haus der Eltern ohne finanzielle Gegenleistung erfolgt. Da gegen dieses Urteil Revision eingelegt wurde (Az. beim BFH: VI R 60/05) sollten Betroffene Einspruch einlegen, und auf das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO verweisen.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 30.12.2005, 1 K 4382/04