Leitsatz
Der Anspruch auf Kindergeld nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG besteht nur für die Monate, in denen der Steuerpflichtige inländische Einkünfte i.S.d. § 49 EStG erzielt und nach § 1 Abs. 3 EStG veranlagt worden ist.
Normenkette
§ 1 Abs. 3, § 2 Abs. 7, § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, § 49 EStG 2009
Sachverhalt
Ein nur für eine saisonale Beschäftigung im Inland tätiger Arbeitnehmer mit einem Wohnsitz in Polen beanspruchte erfolglos unter Hinweis auf einen Antrag nach § 1 Abs. 3 EStG Kindergeld für das ganze Jahr (FG Düsseldorf, Urteil vom 13.7.2011, 15 K 16/11 Kg, Haufe-Index 2890443).
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an das FG zurück. Die wesentlichen Grundsätze ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen. Zu beachten ist, dass für das Tatbestandsmerkmal "als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt" die Behauptung gegenüber der Familienkasse nicht ausreicht; ob dies der Fall ist, kann sich nur aus der entsprechenden Einkommensteuerveranlagung ergeben.
Hinweis
"Jahresprinzip" oder Monatsbetrachtung beim Kindergeld ist Thema der Entscheidung.
1. Für Kinder i.S.d. § 63 EStG hat nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG Anspruch auf Kindergeld auch, wer ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland nach § 1 Abs. 3 EStG "als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt" wird. Nach § 1 Abs. 3 EStG werden auf Antrag natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte i.S.d. § 49 EStG haben und deren Einkünfte insgesamt zu 90 % der deutschen EStG unterliegen. Nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG sollen natürliche Personen, die auf Antrag nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden können, kindergeldrechtlich den natürlichen Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland gleichgestellt werden.
2. Die Grundlagen der Einkommensteuerfestsetzung sind zwar für das ganze Jahr zu ermitteln (§ 2 Abs. 7 EStG). Die Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig beschränkt sich jedoch auf den Zeitraum, in dem die inländischen Einkünfte i.S.d. § 49 erzielt werden; daher besteht – ebenso wie bei einem Wechsel von der unbeschränkten zur beschränkten Steuerpflicht während eines Kalenderjahres – auch nur für den Zeitraum, in denen ein nicht im Inland ansässiger Steuerpflichtiger antragsgemäß wie ein im vergleichbaren Zeitraum unbeschränkt Steuerpflichtiger besteuert wird, Anspruch auf Kindergeld. Denn ob die Kindergeldvoraussetzungen erfüllt sind, ist monatsweise zu prüfen. Vom Anspruch auf Kindergeld zu unterscheiden ist der Anspruch auf den – jahresbezogenen – Kinderfreibetrag, den auch derjenige erhält, der nur zeitweise inländische Einkünfte i.S.d. § 49 EStG erzielt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 24.10.2012 – V R 43/11