Nach § 43b Abs. 2 S. 1 EStG muss die Mindestbeteiligung an der ausschüttenden Tochtergesellschaft "unmittelbar" gehalten werden. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO. Wird die Beteiligung über eine vermögensverwaltende nicht gewerblich geprägte Personengesellschaft gehalten, ist die Beteiligung "unmittelbar" in diesem Sinne. Die KESt ist daher entsprechend zu reduzieren.[1] Deutschland macht das Absehen von der KapESt in § 43b Abs. 2 S. 4 EStG, in Übereinstimmung mit Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie, von einer Mindesthaltedauer von 12 Monaten abhängig. Ist dieses Fristerfordernis im Zeitpunkt der Gewinnausschüttung nicht erfüllt, ist KapEst einzubehalten, allerdings hat die Erstattung dann zu erfolgen, wenn die 12-Monats-Frist verstrichen ist.[2] Für die Steuerbefreiung der Muttergesellschaft nach § 8b Abs. 1 KStG hatte die Bundesrepublik keine Mindesthaltedauer vorgesehen ("Dividenden"). Allerdings entspricht diese Steuerfreistellung nach Einführung des § 8b Abs. 4 KStG nicht mehr in vollem Umfang der Mutter-Tochter-Richtlinie. Die Richtlinie setzt nicht voraus, dass die Beteiligung von mindestens 10 % am Anfang des Jahres bestand. Es genügt vielmehr eine Beteiligung zum Zeitpunkt der Gewinnausschüttung. Wird im Laufe des Jahres, aber vor dem Zeitpunkt der Gewinnausschüttung, die Beteiligung erhöht, sodass sie dann 10 % oder mehr beträgt, muss nach der Mutter-Tochter-Richtlinie eine Freistellung der Gewinnausschüttung erfolgen. Da Deutschland in diesem Fall nach § 8b Abs. 1, 4 KStG weder eine Steuerfreistellung noch eine indirekte Anrechnung gewährt, verstößt die Besteuerung der Dividende gegen die Richtlinie.

Die in Deutschland ansässige Tochtergesellschaft kann trotz § 43b EStG nicht ohne Weiteres vom Abzug der KapESt absehen, sondern ist nach § 50c Abs. 1 S. 2 EStG verpflichtet, den Steuerabzug vorzunehmen. Die Muttergesellschaft ist auf das Erstattungsverfahren ("Erstattungsverfahren") oder das Freistellungsverfahren ("Freistellungsverfahren") angewiesen.

Außerdem erfolgt die Erstattung oder Freistellung nur im Rahmen des § 50d Abs. 3 EStG, auf den in § 43b Abs. 1 S. 1 EStG verwiesen wird ("Treaty Shopping"). Soweit es sich bei dieser Vorschrift um eine Regelung zur Verhinderung von Missbräuchen handelt, ist sie aufgrund des Vorbehalts in Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie mit dem EU-Recht vereinbar.

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