Prof. Dr. Klaus-Michael Ahrend
Ein wichtiges Element der Corporate Governance sind Zielsysteme für die Unternehmenssteuerung und Personalführung. Ziele sind zukünftig anzustrebende Zustände und dienen als Orientierungs- bzw. Richtgrößen für das kurz-, mittel- und langfristige unternehmerische Handeln. Ziele liefern einen Impuls zur Verbesserung der Ausgangssituation.
Ein wirksames Zielsystem beinhaltet zum einen die Formulierung von Zielen und (abstrakten) Zielvorgaben für die Unternehmen im Rahmen einer Strategie (Oberziele). Entsprechend einer Zielhierarchie lassen sich aus den Unternehmenszielen nachfolgende Ziele für die Bereiche und Beteiligungen ableiten (Unterziele). Der Bezug zu der Personalführung wird durch die Vereinbarung von Zielvereinbarungen zwischen Aufsichtsgremium und Geschäftsleitung sowie zwischen Geschäftsleitung und Beschäftigten hergestellt. Das so strukturierte Zielsystem ist der zentrale Orientierungsrahmen für eine effektive Corporate Governance.
Die Zielsysteme wirken durch die Verbindung mit der (variablen) Vergütung auch auf die Personalpolitik bzw. die Personalentwicklung eines Kundenunternehmen. Antizipierend wirken die Zielsysteme auch auf die Besetzung von Leitungsfunktionen sowie auf die Entsendung bzw. Wahl von neuen Mitgliedern der Aufsichtsgremien. Schließlich führen die Zielsysteme auch zu einer entsprechenden Ausgestaltung der Planung und des Berichtswesens im Rahmen des Controllings.
Weder Unternehmen noch Individuen verfolgen nur ein Ziel, sondern gleichzeitig mehrere Ziele bzw. Zielkombinationen. Die Ziele lassen sich in Formalziele zur langfristigen Unternehmenssicherung und in Sachziele unterscheiden. Letztere wiederum lassen sich in Leistungsziele und Finanzziele gliedern und entsprechen den Werttreibern bzw. Maßnahmen, um die Formalziele zu erreichen.
Für die Auswahl und die Ausgestaltung von Zielsystemen lassen sich eine Reihe von Anforderungen formulieren. Die folgende Tabelle fasst typische Anforderungen zusammen.
SMART-Prinzip |
Prinzip von Wild |
Prinzip von Wöhe/ Döring |
MADRISA-Prinzip |
(S)pezifisch beschrieben (M)essbare Ergebnisse (A)kzeptanz bei den Empfängern (R)ealisitische Erwartungen (T)erminverständnis |
Realisierbarkeit – Ziele sind erreichbar Operationalität – Ziele sind präzise bestimmt Ordnung – Zielhierarchie und Prioritäten sind klar definiert Konsistenz – Ziele sind widerspruchsfrei und aufeinander abgestimmt Aktualität –Ziele geben den aktuellen Stand wieder Vollständigkeit – Alle wichtigen Ziele sind im Zielsystem berücksichtigt Durchsetzbarkeit – Ziele wirken auf einzelne Beschäftigte motivierend Organisationskongruenz – Ziele stehen in einem sinnvollen Zusammenhang zur Organisation Transparenz und Überprüfbarkeit –Zielsystem ist transparent und überprüfbar |
Motivationsfunktion – Ziele liefern einen Impuls zur Verbesserung der Ausgangssituation Realitätsbezug – Ziele müssen erreichbar sein (Bezug zur aktuellen Entscheidungssituation) Widerspruchsfreiheit – Ziele sollten kompatibel sein. Konkurrenz-beziehungen sind möglichst zu vermeiden. Verständlichkeit – Zielrealisierung setzt Zielverständnis voraus. Kontrollierbarkeit – Je konkreter die Zielvorgabe, desto leichter die Kontrollierbarkeit der erreichten Leistung. |
(M)essbar nach Inhalt, Ausmaß, Zeit- und Segmentbezug (A)nspruchsvoll, d. h. Zielerreichung statt Vermeidungsziel (D)urchführbar im Hinblick auf die Zielerreichung (R)ichtungsweisend für die Strategieableitung (I)ntegriert in den Managementprozess (S)pezifisch auf das Unternehmen zugeschnitten (A)ttraktiv, d. h. motivierend und erstrebenswert |
Tab. 5: Anforderungen an Kennzahlen
Grundlage für die Quantifizierung von Zielsystemen in Unternehmen sind Kennzahlen und Kennzahlensysteme. Sie dienen dem Management als Hilfsmittel zur Orientierung und Interpretation, z. B. um wirtschaftliche Sachverhalte zu beurteilen. Außerdem ermöglichen sie die Konkretisierung von Zielsetzungen und dienen als Grundlage für die Bewertung der Zielerreichung (Plan-Ist-Vergleich). Für die Messung des Zielerreichungsgrades bieten sich die Nominalskala (digitale Zielerreichung), die Ordinalskala (Rangordnung) und die Kardinalskala (numerische Zielerreichung) an.