Gina Heller-Herold, Prof. Dr. Patrick Link
Basis für die Strategie auf Unternehmensebene bilden das Purpose-, Vision- und Mission-Statement, die Umfeld- und Marktanalyse sowie die Definition von ESG. In diesem Beitrag geht es um die agile Entwicklung einer ESG-Strategie auf Unternehmens- und Produktebene. Vielfach muss dabei auch das Geschäftsmodell angepasst werden. Die Stakeholder werden analysiert, das ESG-Ambitionsniveau wird festgelegt und die Strategie erarbeitet. Mittels eines OKR-Managementansatzes kann die Transformation agil und Mitarbeiter-zentriert entwickelt und umgesetzt werden.
1.1 Stakeholder-Centricity für eine erfolgreiche ESG-Transformation
Für die Erarbeitung des Purpose, der Vision und Mission sollten die relevanten Stakeholder einbezogen werden. Stakeholder sind grundsätzlich alle Personen oder Personengruppen, die ein berechtigtes Interesse am Unternehmen haben. Das Unternehmen sollte daher die Bedürfnisse der wichtigsten Stakeholder kennen und versuchen, diese in der Kommunikation – gerade in Bezug auf ESG – zu integrieren. Stakeholder, deren Bedürfnisse nicht erfüllt oder deren Bedenken nicht ausgeräumt wurden, werden sich nicht für die nachhaltige Transformation engagieren. Stakeholder haben die Möglichkeit, die nachhaltige Transformation des Unternehmens positiv oder negativ zu beeinflussen und das Projekt zum Erfolg zu führen oder es scheitern zu lassen.
Nach der Studie Climate Risk Management in Schweizer und deutschen Unternehmen, dem ERM Report 2022 der HSLU, Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ, wird von den Unternehmen am meisten Druck auf die Umweltverantwortung von folgenden Parteien wahrgenommen (in absteigender Reihenfolge):
- Geschäftsleitung (Bewertung 3,8 von 5)
- Gesetzgeber (Bewertung 3,8 von 5)
- Geschäftseigentümerschaft (Bewertung 3,5 von 5)
- Verwaltungsrat / Oberverwaltungsgremium (Bewertung 3,5 von 5)
- Kundschaft (Bewertung 3,5 von 5)
- Mitarbeitende (Bewertung 3,5 von 5)
- Medien (Bewertung 3,5 von 5)
- Lokale Bevölkerung (Bewertung 3,0 von 5)
- Wettbewerber / Konkurrenz / Mitbewerber (Bewertung 3,0 von 5)
- NGO’s und NPO’s (Bewertung 3,0 von 5)
- Finanzinstitute (Bewertung 2,7 von 5)
- Zulieferer (Bewertung 2,6 von 5)
- Wirtschaftsprüfer (Bewertung 2,4 von 5)
Template
Die Präsentationsbeispiele aus den Abbildungen finden Sie in der Arbeitshilfe Nachhaltigkeitsstrategie (ESG) entwickeln: Gestaltung auf Unternehmens- und Produktebene – Musterfolien
Ein Template zur Bestimmung der wichtigsten Stakeholder für die ESG-Transformation ist in Abb. 1 dargestellt.
Abb. 1: Bestimmung der entscheidenden Stakeholder im ESG-System
Basis & Teilnehmer
Es ist sinnvoll, dass das Team, welches das Vision-, Mission- und Purpose-Statement im ESG-Kontext erarbeitet hat, auch die Stakeholder definiert.
Praktische Anwendung
Ziel ist die systematische Bestimmung der Stakeholder. Im ersten Schritt (Punkt 1 in Abb. 1) werden mögliche Use Cases definiert, für welche die Stakeholder bestimmt werden sollten. Im zweiten Schritt (Punkt 2 in Abb. 1) werden die internen und externen Stakeholder bestimmt.
- Interne Stakeholder: Diese Personen haben ein Interesse, dass das Unternehmen bzw. das ESG-Projekt erfolgreich ist und ihre Abteilung oder sie selbst davon profitieren. Zu den internen Stakeholder gehören auch die Muttergesellschaft (Holding), der Aufsichtsrat oder Beteiligungsgesellschaften. Dabei ist die gesamte Besitzkette zu erfassen, also z. B. die Muttergesellschaft nach oben oder die Beteiligungen nach unten.
- Externe Stakeholder: Dazu gehören die Partner, Lieferanten sowie Kunden und Nutzer. Auch Auslagerungspartner, Verbände, externe Prüfer oder Vertreter der Gemeinde, Behörden oder Regulatoren fallen in diese Kategorie.
Es kann sich lohnen, für eine zukünftige Business-Ökosystem-Betrachtung auch die Mitbewerber zu erfassen, weil vielfach Branchenlösungen nur gemeinsam erarbeitet werden können und die Mitbewerber in punkto Nachhaltigkeit zusammenarbeiten müssen, um gemeinsam die Ziele zu erreichen und die Richtlinien zu erfüllen.
Anschließend werden die gefundenen Stakeholder geclustert, z. B. unterschiedliche Kunden in Kundensegmente eingeteilt oder Lieferanten-Kategorien gebildet. Ggf. werden hier schon die relevanten Stakeholder bestimmt, welche dann im nächsten Schritt weiter analysiert werden.
Im dritten Schritt (Punkt 3 in Abb. 1) werden die Stakeholder anhand der Kriterien Einfluss / Power und Interesse in die 2x2 Matrix eingeordnet. Im Diagramm werden auch die Erwartungen des Unternehmens an die Stakeholder bezüglich ESG beurteilt (geringe, mittlere oder hohe Erwartungen). Ziel des Unternehmens ist es, dass alle Partner oder Lieferanten die ESG-Kriterien erfüllen.
Im letzten Schritt erfolgt die eigentliche Stakeholder-Steuerung: Hier werden auch die Erwartungen an die Stakeholder zu ESG erfasst sowie die Maßnahmen zur erfolgreichen ESG-Transformation definiert.
Next Steps
Die Ergebnisse der Stakeholderanalyse fließen u. a. in das Business Ecosystem Design, das Auslagerun...