Einforderung von Nachschüssen durch die Gesellschafter
[Ohne Titel]
Dr. Martin Lohr, Notar
Die Gesellschafter können Nachschusspflichten zur Stärkung des Eigenkapitals in die Satzung aufnehmen (§ 26 GmbHG). Hierbei haben sie Gestaltungsfreiraum: Nachschüsse können unbeschränkt vereinbart oder an Höchstbeträge oder Bedingungen (z.B. Vorliegen einer Unterbilanz) geknüpft werden. Der Beitrag gibt einen kurzen Überblick über die Voraussetzungen und Ausgestaltung von Nachschusspflichten und schließt mit einem Formulierungsvorschlag über die Anforderung von Nachschüssen ("Einforderungsbeschluss" der Gesellschafter) ab.
1. Abgrenzung zu anderen Zahlungspflichten
Die Gesellschafter können sich verpflichten, über das Stammkapital hinaus zusätzliche Zahlungen in Form von Nachschüssen zu leisten. Die Einzelheiten sind in den §§ 26–28 GmbH geregelt. Ziel ist die Stärkung des Eigenkapitals (s. auch zur bilanziellen Einordnung – Einstellung in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB: OLG Brandenburg v. 28.3.2006 – 6 U 107/05, ZIP 2006, 1675; Bayer in Lutter/Hommelhoff, 20. Aufl. 2020, § 27 Rz. 12; Protz/Krome im Beck’schen Handbuch der GmbH, 6. Aufl. 2021, § 7 Rz. 83).
Beachten Sie:
- Nachschüsse stellen keine Nebenleistungen i.S.d. § 3 Abs. 2 GmbHG dar (s. auch OLG Brandenburg v. 28.3.2006 – 6 U 107/05, ZIP 2006, 1675 zur Regelung einer Verlustausgleichsregelung als Nebenleistungsverpflichtung).
- Sie sind insbesondere zu unterscheiden vom sog. Aufgeld (Agio), das – vor allem bei Kapitalerhöhungen – als Gegenleistung für den über der Stammkapitalziffer liegenden Wert des übernommenen Anteils gezahlt wird (vgl. zur Abgrenzung: OLG Köln v. 17.8.2006 – 18 U 174/05).
- Nachschüsse haben auch keinen Darlehenscharakter (zur Abgrenzung zum Gesellschafterdarlehen: LG Dessau-Roßlau v. 26.8.2011 – 3 O 6/11, zit. nach juris).
2. Notwendigkeit einer Satzungsregelung
Voraussetzung einer Nachschusspflicht ist eine Satzungsgrundlage. Somit muss die Zahlungspflicht
- entweder in die Gründungssatzung aufgenommen oder
- durch Satzungsänderung geregelt werden.
Im letztgenannten Fall sind die Formvorschriften der §§ 53, 54 GmbHG einzuhalten; andernfalls kann der formnichtige Beschluss im Regelfall nicht in eine schuldrechtliche Zahlungsverpflichtung umgedeutet werden (OLG München v. 24.1.2000 – 17 U 4879/99, GmbHR 2000, 981; KG v. 20.12.1999 – 2 U 6691/98, NZG 2000, 688).
Die nachträgliche Regelung einer Nachschusspflicht bedarf der Zustimmung aller Gesellschafter; ein Beschluss mit satzungsändernder Mehrheit ist nicht ausreichend (§ 53 Abs. 3 GmbHG, vgl. Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl. 2020, § 26 Rz. 6; vgl. auch zum Gesellschafterschutz bei Beschlüssen der Personengesellschaft über Nachschüsse: BGH v. 5.3.2007 – II ZR 282/05, GmbH-StB 2007, 173 [Schwetlik] = ErbStB 2007, 199 [Hartmann]; vgl. zur Publikumsgesellschaft: BGH v. 19.3.2007 – II ZR 73/06, BB 2007, 1016 = ErbStB 2007, 200 [Hartmann]).
3. Notwendigkeit eines Gesellschafterbeschlusses
Trotz Satzungsgrundlage können die Geschäftsführer erst dann Zahlungen verlangen, wenn ein entsprechender Gesellschafterbeschluss ("Einforderungsbeschluss") vorliegt; hierzu das nachfolgende Muster mit Anmerkungen.
4. Beschränkung der Nachschusspflicht
Das Gesetz differenziert zwischen
Nachschusspflicht. Nur im erstgenannten Fall – d.h. bei Vereinbarung von Nachschüssen, die nicht der Höhe nach begrenzt sind – kann der Gesellschafter nach Aufforderung zur Einzahlung seinen Geschäftsanteil der Gesellschaft zur Verfügung stellen (sog. Preisgabe oder Abandon des Geschäftsanteils; hierzu Protz/Krome im Beck’schen Handbuch der GmbH, 6. Aufl. 2021, § 7 Rz. 88; vgl. das Muster von Peter/Wenz im Formular-Kommentar GmbH. 4. Aufl. 2019, D I 5, Rz. 44).
5. Rückzahlung an die Gesellschafter
Nachschüsse unterliegen nicht den Vorschriften über die Sicherung der Kapitalaufbringung und -erhaltung (§§ 19, 24, 30 Abs. 1 GmbHG). Das Verfahren zur Rückzahlung ist in § 30 Abs. 2 GmbHG geregelt: Die Auszahlung setzt einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss und die vorherige Bekanntmachung nach § 12 GmbHG voraus; erst nach Ablauf von drei Monaten kann die Auszahlung an die Gesellschafter erfolgen (hierzu Roser in Gosch/Schwedhelm/Spiegelberger, GmbH-Beratung, K 12). Zu den steuerlichen Folgen der Rückzahlung: Protz/Krome im Beck’schen Handbuch der GmbH, 6. Aufl. 2021, § 7 Rz. 97 m.w.N.
Literaturhinweise: Leuering/Rubner, Nachschusspflicht und Abandonrecht nach §§ 26, 27 GmbHG, NJW-Spezial, 2021, 143; Weisser, Nachschusspflicht von GmbH-Gesellschaftern für sog. Mileston Payments im Insolvenzfall? GmbHR 2004, 1370
6. Formulierungsvorschlag
Einforderungsbeschluss der Gesellschafter
Zeitpunkt des Beschlusses: Der Beschluss kann erst nach Eintragung einer neu gegründeten GmbH in das Handelsregister, des Weiteren erst nach Einforderung der Stammeinlagen gefasst werden (deren Zahlung ist jedoch keine Voraussetzung, s. Protz/Krome im Beck’schen Handbuch der GmbH, 6. Aufl. 2021, § 7 Rz. 82). |
Die Unterzeichner sind die alleinigen Gesellschafter der *** GmbH mit Sitz in *** (eingetragen im Handelsregister des AG *** unter der Registernummer HRB ***). Sie halten hiermit unter Ve... |