Leitsatz
Die Französische Republik hat nicht gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie verstoßen, indem sie für Fahrzeuge, die von dem Steuerpflichtigen für den Fahrunterricht verwendet werden, nur dann ein Recht auf Abzug der auf den Erwerb dieser Gegenstände erhobenen Mehrwertsteuer einräumt, wenn die Fahrzeuge ausschließlich für die genannte Tätigkeit verwendet werden.
Normenkette
Art. 17 Abs. 2 und Abs. 6 6. EG-RL
Sachverhalt
In Frankreich waren zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der 6. EG-RL am 1.1.1979 alle Personenkraftfahrzeuge grundsätzlich vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Am 1.1.1993 wurde die französische Mehrwertsteuerregelung geändert und u.a. für den Kauf, die Einfuhr und die Dienstleistungen für Fahrzeuge und Maschinen der Vorsteuerabzug eingeführt, wenn sich diese Vorgänge auf Fahrzeuge und Maschinen beziehen, die ausschließlich für den Fahrunterricht verwendet werden. Die Kommission hat hierin einen Verstoß gegen das allgemeine Recht auf Vorsteuerabzug gesehen.
Entscheidung
Der EuGH vertritt die Auffassung, dass der vor dem 1.1.1979 bestehende und gem. Art. 17 Abs. 6 der 6. EG-RL weiter fortgeführte Vorsteuerausschluss zulässigerweise durch neue Tatbestände eingeschränkt werden könne. Die Vorsteuergewährung für Fahrzeuge, die ausschließlich für den Fahrunterricht verwendet werden, brauche daher nicht den allgemeinen Vorgaben des generell bestehenden Vorsteuerabzugsrechts aus Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL zu genügen.
Hinweis
Das Vorsteuerabzugsrecht nach den Vorgaben der sechsten EG-Richtlinie ist grundsätzlich nicht beschränkbar. Nur wenn bereits vor 1979 – dem Inkrafttreten der Bestimmungen der Richtlinie – bereits Vorsteuereinschränkungen bzw. Ausschlüsse vorlagen, durften und dürfen diese beibehalten werden. Deswegen sind auch die Vorsteuereinschränkungen des deutschen Umsatzsteuerrechts in § 15 Abs. 1 Satz 2, Abs. 1a Nr. 1 und Nr. 2 sowie Abs. 1b insoweit EU-rechtswidrig.
Im Bereich des Vorsteuerausschlusses bei Reisekosten hat dies bereits dazu geführt, dass weite Teile dieses Abzugsverbots sowohl von der Rechtsprechung als auch von der Verwaltung für nicht anwendbar erklärt worden sind. Die Halbierung des Vorsteuerabzugs für Kosten aus der Anschaffung und Unterhaltung von Fahrzeugen steht mittlerweile auf dem EU-Prüfstand. Der EuGH wird zu entscheiden haben, ob diese Vorsteuerbegrenzung in Deutschland gegen EU-Recht verstößt.
Das Urteil des EuGH in Sachen Vorsteuerausschluss Pkw in Frankreich, soweit das Fahrzeug nicht ausschließlich dem Fahrunterricht dient, belegt einmal mehr, dass nur diejenigen Staaten einen Vorsteuerausschluss – auch partiell – vornehmen können, die bei In-Kraft-Treten der 6. EG-Richtlinie einen solchen Ausschluss bereits hatten. Dazu zählte Deutschland nicht, so dass alleine eine Genehmigung nach Art. 27 der 6. EG-RL den Verstoß heilen kann. Gerade dies ist aber – wie gesagt – Gegenstand eines EuGH-Verfahrens.
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil vom 14.6.2001, Rs. C-345/99