Leitsatz
1. Behördliche Untersuchungsberichte, wonach ein zum Transport lebender Rinder eingesetztes Transportmittel zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht den Anforderungen gemeinschaftsrechtlicher Tierschutzbestimmungen entsprach, sind "sonstige Informationen" i.S.d. Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98, welche das HZA berechtigen, die gem. Art. 5 Abs. 2 VO Nr. 615/98 vorgelegten Nachweise als nicht ausreichend anzusehen.
2. Liegen solche Informationen vor, trägt der Ausführer die Feststellungslast hinsichtlich der Frage, ob die am Transportmittel festgestellten Mängel auch während des streitigen Transports noch vorlagen. Der Umstand, dass die transportierten Tiere im Zeitpunkt ihrer Entladung keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufwiesen, vermag den erforderlichen Nachweis, dass das Transportmittel mängelfrei war, nicht zu erbringen.
Normenkette
Art. 5 Abs. 2, Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98, Art. 13 Abs. 9 Unterabs. 2 VO Nr. 805/68, RL 91/628/EWG
Sachverhalt
1999 waren lebende Zuchtrinder in den Libanon ausgeführt worden. Die Tiere wurden auf dem Schiff "Al Hajj Moustafa II" nach Beirut transportiert. Dieses Schiff war im Februar 1997 von einem tierärztlichen Sachverständigen überprüft worden mit dem Ergebnis, dass es wegen verschiedener Mängel als nicht in Übereinstimmung mit der RL 91/628/EWG über den Schutz von Tieren beim Transport beurteilt worden war. Eine Überprüfung des Schiffs durch Beamte des britischen Ministeriums für Landwirtschaft, Fischerei und Lebensmittel im Oktober/November 1999 führte allerdings zu dem Ergebnis, dass das Schiff bezüglich des Transports von Schafen als mit den Regelungen der RL übereinstimmend angesehen und nur für den Transport von Schafen vorläufig zugelassen wurde.
Das HZA fordert jedoch die dem Ausführer als Vorschuss gewährte Ausfuhrerstattung zuzüglich eines Zuschlags von 15 % zurück. Die dagegen erhobene Klage hatte vor dem FG Erfolg (FG Hamburg, Urteil vom 04.08.2004, IV 24/02, Haufe-Index 1254722).
Entscheidung
Der BFH hat das FG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die "vorläufige" Zulassung des betreffenden Schiffs für Schafe beseitigt die begründeten Zweifel an seiner Eignung für den Transport von Rindern ebenso wenig, wie der zeitliche Abstand zwischen den insofern erhobenen Beanstandungen und dem konkreten Transport solche Zweifel als unberechtigt oder willkürlich erhoben erscheinen lassen können.
Hinweis
Der Ausführer hat zur Begründung seines Anspruchs auf Ausfuhrerstattung u.a. die Einhaltung der Anforderungen an einen tierschutzgerechten Transport gem. der RL 91/628/EWG nachzuweisen (EuGH, Urteil vom 13.03.2008, Rs. C-96/06, ZfZ 2008, 106). Dieser Nachweis wird i.d.R. durch die Vorlage der in Art. 5 Abs. 2 VO Nr. 615/98 aufgeführten Dokumente erbracht. Die Ausfuhrerstattung wird für Tiere versagt, die während des Transports verendet sind oder bei denen aufgrund der Unterlagen nach Art. 5 Abs. 2 VO Nr. 615/98, der Kontrollberichte nach Art. 4 VO Nr. 615/98 und/oder sonstiger Informationen über die Einhaltung der Anforderungen des Art. 1 VO Nr. 615/98 begründete Zweifel bestehen, dass die RL über den Schutz von Tieren beim Transport nicht eingehalten worden ist.
Die Vorlage der von Art. 5 Abs. 2 VO Nr. 615/98 geforderten Dokumente ist also kein unwiderlegbarer Beweis für die Beachtung der Tiertransport-RL.
Allerdings darf das HZA nicht bloße Vermutungen oder Zweifel bezüglich der Einhaltung der Tierschutzvorschriften zum Anlass nehmen, die Beweiskraft jener Dokumente anzuzweifeln. Es muss sich auf objektive und konkrete Umstände betreffend das Wohlbefinden der Tiere stützen (EuGH, Urteil vom 13.03.2008, Rs. C-96/06, ZfZ 2008, 106).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 06.05.2008, VII R 32/05