Leitsatz

Im Fall der Änderung einer Steuerfestsetzung knüpft die Zinsberechnung gem. § 233a Abs. 5 Sätze 1 und 2 AO an den Unterschiedsbetrag zwischen der nunmehr festgesetzten und der vorher festgesetzten Steuer an. Sie sieht keine hilfsweisen Nebenberechnungen zur Ermittlung einer von der festgesetzten Steuer abweichenden fiktiven Steuer und der danach zu berechnenden Zinsen vor.

 

Normenkette

§ 233a AO , § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin erwarb 1992 die Gesellschafts- und Geschäftsanteile einer OHG. Erst 1995 wurde Einigkeit über den Kaufpreis erzielt und vereinbart, dass die Verkäufer auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG für die Umsätze von Anteilen an Gesellschaften verzichten sollten. Nach Eingang der Rechnung (März 1995) gab die Klägerin eine berichtigte USt-Erklärung für 1992 ab, der das FA zunächst folgte.

Nach einer 1998 durchgeführten Betriebsprüfung berücksichtigte das FA die Vorsteuerbeträge erst im Rahmen der Umsatzsteuerfestsetzung für 1995 und änderte die bisherige Umsatzsteuerfestsetzung für 1992. Gleichzeitig setzte das FA in diesem Bescheid gegen die Klägerin Nachzahlungszinsen entsprechend dem Unterschiedsbetrag fest. Die Klägerin meinte, sie habe keinerlei Liquiditätsvorteile erzielt, weil sie ihren Erstattungsanspruch aus der im Jahr 1995 geänderten Umsatzsteuerfestsetzung für 1992 nebst Zinsen an die Verkäufer abgetreten habe.

Die Klage hatte Erfolg, allerdings deshalb, weil das FG – zu Unrecht – davon ausgegangen war, die in der 1995 erteilten Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer sei im Jahr 1992 als Vorsteuer zu berücksichtigen.

 

Entscheidung

Die Revision des FA hatte aus den in den Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen Erfolg.

 

Hinweis

Nachzahlungszinsen sind ein rotes Tuch. § 233a AO will einen Ausgleich dafür schaffen, dass die Steuern bei den einzelnen Steuerpflichtigen zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgesetzt und fällig werden. Liquiditätsvorteile, die dem Steuerpflichtigen oder dem Fiskus aus dem verspäteten Erlass eines Steuerbescheids typischerweise entstanden sind, sollen mit Hilfe der sog. Vollverzinsung ausgeglichen werden. Ob die möglichen Zinsvorteile tatsächlich gezogen worden sind, ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich unbeachtlich. Insbesondere fehlt es nicht deswegen an einem Liquiditätsvorteil, weil der Unternehmer seinen – zu Unrecht gewährten – Erstattungsanspruch sowie den Anspruch auf Erstattungszinsen abgetreten hat.

Wird eine Steuerfestsetzung geändert, knüpft die Zinsfestsetzung gem. § 233a Abs. 5 Sätze 1 und 2 AO an den Unterschiedsbetrag zwischen der nunmehr festgesetzten und der vorher festgesetzten Steuer an. Nebenberechnungen irgendwelcher Art sind nicht vorgesehen.

Beachten Sie: Der Unternehmer kann Vorsteuerbeträge erst in dem Besteuerungszeitraum abziehen, in dem die materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG insgesamt vorliegen. Dazu gehört eine Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis (bereits EuGH, Urteil vom 29.4.2004, Rs. C-152/02, BFH/PR 2004, 277; BFH, Urteil vom 1.7.2004, V R 33/01, BFH-PR 2004, 448).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 15.7.2004, V R 76/01

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