Leitsatz
Negative Unterschiedsbeträge sind nicht als Betriebsausgaben abziehbar.
Normenkette
§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG
Sachverhalt
Die Kläger sind Mitglieder einer Anwaltssozietät, die ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt. Jedem Kläger stand ein betrieblicher Pkw zur Verfügung, der auch für Fahrten zwischen Wohnung und Kanzlei genutzt wurde. Bei der Ermittlung der Aufwendungen für diese Fahrten ergaben sich jeweils sog. negative Unterschiedsbeträge, deren Abzug als Betriebsausgaben das FA versagte.
Das FG ließ den Abzug zu und gab der Klage statt. Arbeitnehmer und Bezieher anderer Einkünfte müssten gleich behandelt werden. Da Arbeitnehmer in solchen Fällen den höheren Werbungskostenpauschbetrag geltend machen könnten, sei die Regelungslücke im Gesetz durch den Abzug des negativen Unterschiedsbetrags als Betriebsausgabe zu schließen.
Entscheidung
Der BFH hob die Entscheidung des FG auf und wies die Klage ab.
Der negative Unterschiedsbetrag i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG dürfe den Gewinn nicht mindern. Dass insoweit Arbeitnehmer durch Abzug des (höheren) Pauschbetrags nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG besser gestellt seien, verstoße nicht gegen das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot.
Hinweis
1. Der negative Unterschiedsbetrag (zwischen der 0,03 %-Regelung und der Kilometer- bzw. Entfernungspauschale bei der Ermittlung der Fahrtaufwendungen) ergab sich für einen der Kläger aus folgender Rechnung:
0,03 % von 34 000 DM (Listenpreis des Pkws) x 12 (Monate) x 17 (km) = 2 080 DM
./. 0,70 DM x 17 x 230 (Tage) = 2 737 DM
negativer Unterschiedsbetrag = 0 657 DM
2. Das EStG enthält keine Regelung hinsichtlich der Berücksichtigung eines negativen Unterschiedsbetrags – wohl aber in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 erster Halbsatz (jetzt: Satz 3) EStG eine solche hinsichtlich eines positiven Unterschiedsbetrags: dieser darf den Gewinn nicht mindern.
Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber erreichen, dass für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte – unabhängig von den Anschaffungskosten des Kfzs – nicht mehr als 0,70 DM pro Entfernungskilometer abgezogen werden. Nicht bezweckt war hingegen, dass in jedem Fall mindestens 0,70 DM zu berücksichtigen sind. Deshalb war der Abzug eines negativen Unterschiedsbetrags nicht gewollt und darf auch nicht – wie es das FG getan hat – im Weg der Gesetzesauslegung herbeigeführt werden.
3. Damit sind Steuerpflichtige mit Gewinneinkünften, die ein betriebliches Kfz auch privat nutzen, gegenüber Arbeitnehmern, die ein vom Arbeitgeber gestelltes Kfz betrieblich und privat nutzen dürfen, nur in den Fällen gleichgestellt, in denen sich ein positiver Unterschiedsbetrag ergibt. Bei negativen Unterschiedsbeträgen steht den Arbeitnehmern für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ein höherer Werbungskostenabzug zu.
4. Der BFH sieht in dieser Ungleichbehandlung keinen Verstoß gegen Art. 3 GG (Gleichbehandlungsgebot). Der Gewinnermittler kann für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte die tatsächlich entstandenen Kosten geltend machen. Wenn Arbeitnehmer in bestimmten Fällen höhere Beträge absetzen können, liegt das daran, dass der Gesetzgeber im Bereich der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit generell das Vermögen außer Betracht lässt; er verzichtet damit auch auf eine genaue Ermittlung der Kosten, die mit der Nutzung des Vermögens (hier: des Kfzs) im Zusammenhang stehen. Diese unterschiedliche Art der Einkünfteermittlung rechtfertigt nach Auffassung des BFH die gesetzlichen Differenzierungen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 12.6.2002, XI R 55/01