FinMin Mecklenburg-Vorpommern, Erlaß v. 15.11.2013, IV - S 0619 - 00000 - 2013/002
Anfechtungsbeschränkungen hinsichtlich der Verlustfeststellung
Durch das JStG 2010 vom 8.12.2010 (BGBl 2010 I S. S. 1768) wurde § 10d Abs. 4 Sätze 4 und 5 EStG neu gefasst. Mit dieser Änderung hat der Gesetzgeber auf die Rechtsprechungsänderung des BFH durch das Urteil vom 17.9.2008, IX R 70/06 , reagiert. Die Neuregelung gilt nach § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG i.d.F. d. JStG 2010 erstmals für Verluste, für die nach dem 13.12.2010 eine Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags abgegeben wird.
Gesetzliche Regelung
Gemäß § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG sind bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen, wie sie den Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird, und des Veranlagungszeitraums, in dem ein Verlustrücktrag vorgenommen werden kann, zu Grunde gelegt worden sind.
Die Regelungen des § 171 Abs. 10 AO (Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist des Folgebescheids), § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO (Änderung von Folgebescheiden zur Anpassung an den Grundlagenbescheid) sowie § 351 Abs. 2 AO (Anfechtungsbeschränkung des Folgebescheids) und § 42 FGO (Anfechtungsbeschränkung des Folgebescheids) sind entsprechend anzuwenden. Damit wird eine inhaltliche Bindung des Verlustfeststellungsbescheids an den Einkommensteuerbescheid erreicht, obwohl der Einkommensteuerbescheid verfahrensrechtlich keinen Grundlagenbescheid darstellt.
Für die erstmalige oder geänderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags muss die Besteuerungsgrundlage betragsmäßig im Einkommensteuerbescheid für das Verlustentstehungsjahr berücksichtigt worden sein. Verlustfeststellungsbescheide sind somit nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zu erlassen oder zu ändern.
In Anlehnung an die bisherige Regelung sieht der geänderte § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG eine Ausnahme von der Bindungswirkung der Steuerfestsetzung vor. Die Besteuerungsgrundlagen dürfen bei der Feststellung nur insoweit abweichend von § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG berücksichtigt werden, wie die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Einkommensteuerbescheide ausschließlich mangels Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer unterbleibt. Folglich darf die erstmalige oder korrigierte Verlustfeststellung ausnahmsweise unabhängig von den der Steuerfestsetzung zugrundeliegenden Besteuerungsgrundlagen erfolgen, wenn die Korrektur des Einkommensteuerbescheids dem Grunde nach (d.h. nach dem steuerlichen Verfahrensrecht) möglich wäre und nur deshalb unterbleibt, weil sich die Höhe der festzusetzenden Steuer nicht ändert. § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG ist damit eine eigenständige Korrekturnorm.
Einsprüche gegen die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags
Aufgrund der Gesetzesänderung ergibt sich im Hinblick auf Einsprüche gegen Verlustfeststellungsbescheide Folgendes:
Legt der Steuerpflichtige Einspruch gegen den Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags ein und begehrt er eine geänderte Feststellung der Höhe nach, ist der Einspruch gemäß § 351 Abs. 2 AO i.V.m. § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG unbegründet (vgl. AEAO zu § 351, Nr. 4). Die Änderung der Verlustfeststellung kann nur mit einem Einspruch gegen die Steuerfestsetzung erreicht werden.
Ein Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid ist auch dann erforderlich, wenn die Steuer auf 0 EUR festgesetzt wurde. Wegen der Bindungswirkung für den Verlustfeststellungsbescheid liegt hinsichtlich des Einspruchs gegen die Steuerfestsetzung eine Beschwer i.S. des § 350 AO vor. Der Einspruch eröffnet die betragsmäßige Verlustübernahme in den Verlustfeststellungsbescheid gemäß § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG, solange der Einkommensteuerbescheid verfahrensrechtlich noch änderbar ist und die Änderung ausschließlich mangels Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer unterbleibt. Im Abhilfefall erledigt sich der Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid mit Erlass des nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Verlustfeststellungsbescheides.
Ein Einspruch gegen die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags ist abweichend von den vorgenannten Ausführungen (wie bisher) zulässig, wenn der Steuerpflichtige nachträglich die erstmalige Durchführung oder Änderung eines Verlustrücktrages begehrt.
Normenkette
AO 1977 § 351
EStG § 10d Abs. 4