Permanenter Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten: Die Neukonzeptionierung der Kleinunternehmerregelung ab 1.1.2025 erfordert einen laufenden Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten und eine Kontrolle, ob Umsatzgrenzen überschritten wurden mit der Folge, dass die Steuerbefreiung entweder im Ansässigkeitsstaat, in einzelnen oder aber in allen Mitgliedstaaten im übrigen Gemeinschaftsgebiet entfällt. Die Regelungen zum Informationsaustausch befinden sich in Art. 284e MwStSystRL n.F., den Art. 17, 37a und 37b der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 (sog. Zusammenarbeits-VO) sowie der Durchführungsverordnung (EU) 2021/2007.
Keine Änderungen für Kleinunternehmer, die nur im Inland tätig werden: Für Kleinunternehmer, die die Steuerbefreiung ausschließlich im Ansässigkeitsstaat beanspruchen, ergeben sich aus der Richtlinie (EU) 2020/285 keine neuen Mitteilungs- oder Registrierungspflichten.
Gemäß Art. 292c MwStSystRL kann der Ansässigkeitsstaat Kleinunternehmer, die die Steuerbefreiung nur in ihrem Hoheitsgebiet in Anspruch nehmen, von der Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung befreien. Verlangt der Ansässigkeitsstaat dennoch eine Steuererklärung, muss es eine vereinfachte Steuererklärung für das Kalenderjahr sein. Wie oben unter I.1 dargestellt, wurde der § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG durch das Wachstumschancengesetz geändert und der Kleinunternehmer grundsätzlich von der Verpflichtung zur Abgabe von Steuererklärungen befreit. Laut der Gesetzesbegründung erfolgte dies unter Verweis auf Art. 272 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL, der allerdings durch die Richtlinie (EU) 2020/285 aufgehoben und durch Art. 292c MwStSystRL ersetzt wurde. Die Neufassung des § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG bzw. § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG-E dürfte u.E. auch den Anforderungen des Art. 292c MwStSystRL n.F. genügen.
Kleinunternehmer muss Inanspruchnahme der Steuerbefreiung in anderen Mitgliedstaaten vorab anzeigen: Möchte ein Kleinunternehmer die Steuerbefreiung in einem Mitgliedstaat in Anspruch nehmen, in dem er nicht ansässig ist, ist er gem. Art. 284 Abs. 3 MwStSystRL n.F. verpflichtet, den Ansässigkeitsmitgliedstaat hierüber vorab zu benachrichtigen. Der Ansässigkeitsmitgliedstaat identifiziert den Kleinunternehmer als solchen und erteilt ihm gem. Art. 284 Abs. 3 Unterabs. 2 eine individuelle Identifikationsnummer, die den Zusatz (Suffix) "EX" umfasst. Für grenzüberschreitende Kleinunternehmer markiert die Mitteilung der individuellen Identifikationsnummer an den Unternehmer gem. Art. 284 Abs. 5 MwStSystRL den Beginn der Steuerbefreiung. Ferner muss der Kleinunternehmer den Ansässigkeitsmitgliedstaat gem. Art. 284 Abs. 4 Unterabs. 1 MwStSystRL vorab über Veränderungen (wenn er die Steuerbefreiung in anderen Mitgliedstaaten nunmehr in Anspruch nehmen möchte oder nicht mehr anzuwenden möchte) unterrichten.
Bestätigung der Kleinunternehmereigenschaft: Gemäß Art. 31 Abs. 2a Zusammenarbeits-VO bestätigt jeder Mitgliedstaat auf elektronischem Wege, dass es sich bei dem Kleinunternehmer, dem eine individuelle Identifikationsnummer erteilt wurde, um ein von der Steuer befreites Kleinunternehmen handelt. In der Bestätigung sind der Mitgliedstaat oder die Mitgliedstaaten anzugeben, in dem bzw. in denen der Steuerpflichtige die Steuerbefreiung in Anspruch nimmt.
Abgabe (nur) einer Quartalsmeldung im Ansässigkeitsstaat: Entscheidet sich der Kleinunternehmer dazu, in anderen Mitgliedstaaten als dem Ansässigkeitsstaat die Steuerbefreiung in Anspruch zu nehmen, so hat er gem. Art. 284b Abs. 1 und Abs. 2 MwStSystRL n.F. dem Ansässigkeitsstaat im Sinne eines One-Stop-Shops binnen eines Monats ab dem Ende des Quartals eine sog. Quartalsmeldung zu übersenden, welche den Gesamtbetrag der im jeweiligen Quartal erbrachten Leistungen unterteilt nach Ansässigkeitsstaat und den einzelnen Mitgliedstaaten enthält.
In den anderen Mitgliedstaaten, in denen der Kleinunternehmer die Steuerbefreiung in Anspruch nimmt, muss er sich gem. Art. 284d Abs. 1 MwStSystRL nicht registrieren und auch keine Umsatzsteuererklärungen abgeben. Nur für den Fall, dass der Kleinunternehmer seiner Verpflichtung zur Abgabe der Quartalsmeldung im Ansässigkeitsstaat nicht nachkommen sollte, können die anderen Mitgliedstaaten ihn gem. Art. 284d Abs. 3 MwStSystRL n.F. zur Registrierung und Abgabe von Erklärungen verpflichten.
Mitgliedstaaten überwachen ihre eigenen Umsatzgrenzen: Die Mitgliedstaaten können gem. Art. 17 Abs. 1 Buchst. g i.V.m. Art. 21 Abs. 2b Zusammenarbeits-VO über MIAS auf die von den Ansässigkeitsstaaten der Kleinunternehmer gespeicherten Informationen zugreifen. Dadurch wird den Mitgliedstaaten ermöglicht, zu überwachen, ob ihre eigenen nationalen Grenzen überschritten werden und teilen dem Ansässigkeitsstaat gem. Art. 31 Abs. 2a i.V.m. Art. 37b Abs. 2 und 3 Zusammenarbeits-VO mit, ob die Voraussetzungen der Steuerbefreiung vorliegen oder ob sie entfallen sind. Die notwendige Anpassung der Identifikationsnummer erfolgt im Anschluss durch den Ansässigkeits...