Leitsatz
Überträgt ein Einzelunternehmer sein Unternehmensvermögen mit Ausnahme des Anlagevermögens auf eine KG, die seine bisherige Unternehmenstätigkeit fortsetzt und das Anlagevermögen auf eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die das Anlagevermögen ihrem Gesellschaftszweck entsprechend der KG unentgeltlich zur Verfügung stellt, liegt nur im Verhältnis zur KG, nicht aber auch zur GbR eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung (§ 1 Abs. 1a UStG) vor.
Normenkette
§ 1 Abs. 1a, § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG 2005, Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2, Art. 5 Abs. 8 6. EG-RL
Sachverhalt
Der Kläger, ein Einzelunternehmer, teilte sein Bauunternehmen in zwei Personengesellschaften, eine Betriebsgesellschaft (KG) und eine Besitzgesellschaft (GbR) auf. Er beteiligte seine beiden Söhne an beiden Unternehmen. Keiner der Gesellschafter verfügte über eine Mehrheitsbeteiligung. Das Finanzamt ging von steuerpflichtigen Übertragungen auf die beiden Gesellschaften aus. Demgegenüber hatte die Klage zum Finanzgericht (FG Nürnberg, Urteil vom 6.8.2013, 2 K 1964/10, Haufe-Index 5532431, EFG 2013, 1964) Erfolg. Beide Übertragungsvorgänge hingen miteinander zusammen und seien als Geschäftsveräußerungen anzusehen.
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil des FG auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Eine Geschäftsveräußerung liege nur in Bezug auf die Vermögensübertragung auf die KG, nicht aber auch hinsichtlich der Vermögensübertragung auf die GbR vor. Die GbR habe keine Unternehmenstätigkeit des Klägers fortgesetzt.
Die Übertragung auf die GbR sei auch nicht aufgrund einer Organschaft mit der KG als Geschäftsveräußerung anzusehen. Eine Organschaft zwischen zwei Schwestergesellschaften ohne Eingliederung in einen gemeinsamen Organträger sei nicht möglich. Keiner der Gesellschafter von KG und GbR habe aber über eine Mehrheitsbeteiligung verfügt. Eine Mehrmütterorganschaft zu mehreren Gesellschaftern komme nicht in Betracht. Zudem könnten KG und GbR auch als Personengesellschaften nicht Organgesellschaft seien. Schließlich spreche auch die bei der GbR wohl fehlende Unternehmereigenschaft gegen ihre Einbeziehung in eine Organschaft.
Die Sache wurde zur Aufklärung eines weiteren Streitpunkts, der Versagung des Vorsteuerabzugs, an das Finanzgericht zurückgewiesen spruchreif.
Hinweis
1. Unternehmensübertragungen können als Geschäftsveräußerung gemäß § 1 Abs. 1a UStG nicht steuerbar sein. Dies setzt eine Unternehmensfortführung beim Erwerber voraus. Das beim Veräußerer bestehende Unternehmen kann auch in mehrere Teile aufgeteilt und auf mehrere Erwerber übertragen werden, wenn es sich um eigenständige Tätigkeitsbereiche (Unternehmensbereiche) handelt, die von den Erwerbern fortgeführt werden. An einer Geschäftsveräußerung fehlt es aber bei der bloßen Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern.
2. Teilt der Unternehmer sein Unternehmen in zwei Teile, eine Betriebs- und eine Besitzgesellschaft auf, kann das Vorliegen einer Geschäftsveräußerung in Bezug auf beide Übertragungsvorgänge fraglich sein.
a) In Bezug auf die Betriebsgesellschaft ist das Vorliegen einer Geschäftsveräußerung grundsätzlich möglich, da die Betriebsgesellschaft den Kern der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit fortführt.
Voraussetzung ist aber auch, dass die Besitzgesellschaft die bisherigen Betriebsmittel weiter nutzen kann. Die Betriebsgesellschaft muss hierfür nicht Eigentümer der Betriebsmittel werden. Liefert der bisherige Unternehmer diese an die Besitzgesellschaft, reicht es aus, dass die Betriebsgesellschaft von der Besitzgesellschaft ein Nutzungsrecht erhält. Dieses kann ihr auch unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.
b) Problematisch ist demgegenüber die Annahme einer Geschäftsveräußerung im Verhältnis zur Besitzgesellschaft. Der BFH verlangt für die Geschäftsveräußerung, dass die vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten übereinstimmen oder sich zumindest hinreichend ähneln. Eine Geschäftsveräußerung kann daher bereits daran scheitern, dass der bisherige Unternehmer keine Vermietungstätigkeit ausübte, sondern seine Betriebsmittel eigenunternehmerisch nutzte.
Unabhängig hiervon kommt eine Geschäftsveräußerung auch dann nicht in Betracht, wenn die Besitzgesellschaft die Betriebsmittel unentgeltlich überlässt, sodass die Besitzgesellschaft bereits nicht als Unternehmer anzusehen ist.
3. Bei Übertragungen an verschiedene Erwerber, ist jede Übertragung grundsätzlich gesondert zu beurteilen. Daher kommt eine Zusammenfassung derartiger Übertragungen nur dann in Betracht, wenn die Erwerber durch eine Organschaft gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG miteinander verbunden sind.
Für eine derartige Organschaft bestehen aber unter Berücksichtigung der aktuellen BFH-Urteile vom 2.12.2015 (kommentiert in diesem Heft) zahlreiche Hürden. So
– ist eine Organschaft zwischen Betriebs- und Besitzgesellschaft als Schwestergesellschaften ohne Einbeziehung einer gemeinsamen Mehrheitsgesellschaft nicht möglich (V R 15/14),
– können Betriebs- oder Besitzgesellschaften, die Personengesellschaf...