Leitsatz
Dem EuGH werden die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Widerspricht es Art. 43 und Art. 56 EG, wenn eine in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Person, die hier Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt, in Deutschland Verluste aus Vermietung und Verpachtung, die in einem anderen Mitgliedstaat entstehen, bei der Einkommensermittlung nicht abziehen kann?
2. Für den Fall, dass diese Frage zu verneinen ist: Widerspricht es Art. 43 und Art. 56 EG, wenn die erwähnten Verluste nicht im Weg des sog. negativen Progressionsvorbehalts berücksichtigt werden können?
Normenkette
§ 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG 1987 , § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG 1987 , § 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG 1987 , § 32b Abs. 2 Nr. 2 EStG 1987 , Art. 3 Abs. 1 und 4 Satz 1 DBA-Frankreich , Art. 20 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 DBA-Frankreich
Sachverhalt
Die Kläger wurden im Streitjahr 1987 als gem. § 1 Abs. 3 des EStG 1987 unbeschränkt steuerpflichtige Eheleute zusammen zur ESt veranlagt. Sie erzielten in Deutschland Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (als Lehrer an einem Gymnasium), wohnten aber in einem in Frankreich belegenen eigenen Einfamilienhaus.
Die Kläger begehren die Berücksichtigung negativer Einkünfte aus VuV wegen der Selbstnutzung des Einfamilienhauses (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG 1987) im Weg des sog. negativen Progressionsvorbehalts gem. § 32b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 EStG 1987. Das FA lehnte das unter Hinweis auf § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG 1987 ab.
Das FG folgte dem FA und wies die Klage gegen den ESt-Bescheid 1987 als unbegründet ab. Es bezog sich dabei auf das BFH-Urteil vom 17.10.1990, I R 182/87 (BStBl II 1991, 136, dort unter IV.). Eine gemeinschaftsrechtswidrige Diskriminierung der Kläger scheide schon deswegen aus, weil Inländer entsprechende Auslandsverluste ebenfalls nicht ausgleichen und hierfür ebenfalls nicht den negativen Progressionsvorbehalt in Anspruch nehmen könnten.
Entscheidung
Der BFH sah zwar wie zuvor das FG keine Möglichkeit, den Klägern auf "einfach-rechtliche" Weise zu helfen: Der Verlustabzug sei diesen sowohl bei der Ermittlung der ESt- wie der ESt-Satz-Bemessungsgrundlage zu versagen. Siehe dazu die Praxis-Hinweise. Jedoch bestünden erhebliche gemeinschaftsrechtliche Bedenken gegenüber dieser Rechtslage. Deshalb: Der EuGH solle im Rahmen einer Vorabentscheidung über die beiden Vorlagefragen befinden.
Hinweis
Es war seit geraumer Zeit damit zu rechnen, dass der BFH bei passender Gelegenheit die allenfalls eingeschränkte Abzugsfähigkeit ausländischer Verluste nach Maßgabe deutschen Rechts auf den europarechtlichen Prüfstand stellen würde. Dies ist nunmehr geschehen. Die Erwartungen zu diesem Schritt sind nachhaltig durch zwei Umstände geschürt worden, nämlich zum einen das Urteil des EuGH vom 14.12.2000, Rs. C-141/99 in Sachen AMID (IStR 2001, 86), und zum anderen die Erkenntnis des Österreichischen VGH vom 25.9.2001, 99/14/0217 E (IStR 2001, 754).
1. Grundlage der besagten Verlustabzugsbeschränkungen ist in erster Linie § 2a Abs. 1 und 2 EStG, dies aber nur bei Fehlen eines einschlägigen DBA. Existiert hingegen ein DBA und handelt es sich um ein solches mit Anwendung der sog. Freistellungsmethode (vgl. Art. 23 A OECD-MA), kommt es darauf an, ob demjenigen ausländischen Vertragsstaat, in welchem die Verluste entstanden sind, das Besteuerungsrecht für die betreffenden Einkünfte zusteht.
Ist dies der Fall, dann führt dies jedenfalls nach dem bisherigen Verständnis des BFH und der diesem folgenden Verwaltungspraxis zum Verbot des Verlustabzugs. Denn die negativen ausländischen Einkünfte sind hiernach in Deutschland ebenso von der Steuer befreit, wie dies die entsprechenden positiven Einkünfte sind: Es könnten, so der BFH, nicht nur die Vorteile der Freistellungsmethode in Gestalt der Freistellung positiver Einkünfte in Anspruch genommen werden. Freizustellen seien vielmehr auch Verluste. Die Verhinderung damit einhergehender Nachteile sei nicht Sache des Abkommens-, sondern des nationalen Rechts. Außerdem gelte es, doppelte Verlustnutzungen in beiden Vertragsstaaten zu verhindern. Und schließlich erweise sich an der Existenz des § 2a Abs. 3 EStG a.F. (sowie der Vorgängervorschrift des § 2 AIG a.F.), dass der deutsche Gesetzgeber dies ebenso gesehen habe. Denn danach würde das abkommensrechtlich bedingte Abzugsverbot partiell – und auf Antrag des Steuerpflichtigen – rückgängig gemacht, wessen es nicht bedürfte, müssten besagte Verluste ohnehin berücksichtigt werden. § 2a Abs. 3 EStG ist allerdings mit Wirkung zum 1.1.1999 aufgehoben worden.
2. Um es voranzustellen: Der BFH hat seine Rechtsprechung im Vorlagebeschluss kurzerhand bestätigt. Zu einer Neubewertung der Rechtslage bot ihm auch die zitierte Erkenntnis des Österreichischen VGH keinen Anlass, welches insoweit – unter Änderung seiner eigenen bisherigen Rechtsprechung – für die Rechtslage nach dem DBA Österreich eine abweichende Auffassung vertritt. Das DBA könne danach der Einbeziehung ausländischer ...