Entscheidungsstichwort (Thema)
Kürzung des Vorwegabzugs bei Ehegatten
Leitsatz (redaktionell)
1. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob der Arbeitslohn eines verheirateten Stpfl., dessen Tätigkeit sozialversicherungsfrei ist und für den weder Arbeitnehmer- noch Arbeitgeber-Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet wurden, auch im Falle der Zusammenveranlagung bei der Kürzung des Vorwegabzuges auszunehmen ist.
2. Der Gesetzeswortlaut und der Wille des Gesetzgebers sprechen für ein Absehen von der Kürzung.
3. Ist ein Stpfl. als Gesellschafter-Geschäftsführer sozialversicherungsrechtlich kein Arbeitnehmer und muss er seine gesamte Altersvorsorge aus eigenen Mitteln aufbringen, kann der Begünstigungszweck der Regelung nur erreicht werden, wenn der Arbeitslohn des Stpfl. nicht in die Bemessungsgrundlage für die Kürzung des Vorwegabzugs einbezogen wird.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2, § 10c Abs. 3 Nrn. 1-2
Streitjahr(e)
2001
Nachgehend
BFH (Rücknahme vom 20.09.2004; Aktenzeichen XI B 75/03) |
Tatbestand
Streitig ist, ob im Streitjahr 2001 der Vorwegabzug von Ehegatten nach Maßgabe des Arbeitslohns beider Ehegatten zu kürzen ist, obwohl nur die Ehefrau hinsichtlich ihres Arbeitsverhältnisses Zukunftssicherungsleistungen erhalten hat.
Die Antragsteller sind im Streitjahr 2001 zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Antragsteller war Gesellschafter-Geschäftsführer der X-GmbH. Er hatte im Streitjahr aus dieser Tätigkeit einen Arbeitslohn von 75.178 DM. Die Tätigkeit war sozialversicherungsfrei. Der Antragsteller hatte aufgrund seiner Tätigkeit keine Anwartschaft auf Altersversorgung, z.B. aufgrund einer Pensionszusage. Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung wurden nicht geleistet. Die Antragstellerin war bei der GmbH bis zum 30. Juni des Streitjahrs sozialversicherungspflichtig angestellt. Sie bezog hieraus einen Arbeitslohn von 12.778 DM. Seitdem war sie nicht mehr berufstätig.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Antragsteller Vorsorgeaufwendungen in einer Gesamthöhe von 26.540 DM als Sonderausgaben geltend. Im Einkommensteuerbescheid berechnete der Antragsgegner den Abzug der Vorsorgeaufwendungen wie folgt:
Geleistete Vorsorgeaufwendungen |
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26.540 DM |
Vorwegabzug |
12.000 DM |
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Kürzung des Vorwegabzug |
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16 v.H. v. 87.956 DM = 14.073 DM max. |
12.000 DM |
0 DM |
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Grundhöchstbetrag |
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5.220 DM |
hälftiger Höchstbetrag |
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2.610 DM |
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Abziehbar gesamt |
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7.830 DM |
Zur Begründung seiner Berechnung beruft sich der Antragsgegner auf die Richtlinie (R) 106 Satz 3 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR 2001), wonach für die Kürzung des Vorwegabzugs bei Ehegatten auch dann der Arbeitslohn beider Ehegatten zugrunde zu legen ist, wenn nur für einen Ehegatten steuerfreie Zukunftsleistungen im Sinne des § 3 Nr. 62 EStG erbracht worden sind oder nur ein Ehegatte zum Personenkreis des § 10 c Abs. 3 Nr. 1 oder 2 EStG gehört hat.
Hiergegen legten die Antragsteller Einspruch ein, über den der Antragsgegner noch nicht entscheiden hat. Die Antragsteller beantragten zunächst beim Antragsgegner die Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids. Der Antragsgegner lehnte den Antrag ab. Danach beantragten die Antragsteller nach § 69 Abs. 3 FGO die gerichtliche Vollziehungsaussetzung.
Die Antragsteller beantragen,
wie erkannt zu entscheiden.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er hält an seiner Auffassung fest, der Vorwegabzug sei nach dem Arbeitslohn beider Ehegatten zu kürzen.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist begründet.
1. Die Aussetzung der Vollziehung soll gemäß § 69 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz FGO erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatsachen bewirken (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. Februar 1984, III B 40/83, BStBl II 1984, 454 und vom 30. Dezember 1996, I B 61/96, BStBl II 1997, 466). Solche Umstände sind im vorliegenden Fall gegeben.
Die Berechnung des Antragsgegners begegnet insoweit rechtlichen Zweifeln, als er als Bemessungsgrundlage für die Kürzung des Vorwegabzugs den zusammengerechneten Arbeitslohn beider Ehegatten zugrunde gelegt hat. Nach dem Gesetzeswortlaut, dem Willen des Gesetzgebers und dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung bestehen zumindest rechtliche Zweifel, ob nicht nur der Arbeitslohn der Ehefrau als Bemessungsgrundlage für die Kürzung zugrunde zu legen ist.
Gemäß § 10 Ab...