rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ernstliche Zweifel an der Steuerpflicht der Umsätze aus Geldspielautomaten
Leitsatz (amtlich)
Die Rechtslage hinsichtlich der Steuerpflicht von Umsätzen aus Geldspielautomaten ist europarechtlich noch nicht abschließend geklärt. Diese europarechtlichen Zweifel können eine Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Umsatzsteuer-Bescheide rechtfertigen.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 2-3; UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 9b
Streitjahr(e)
1997, 1998, 1999, 2000, 2001
Tatbestand
I.
Streitig ist die Steuerpflicht von Umsätzen aus Geldspielautomaten.
Für die Streitjahre 1997–2000 gab die Antragstellerin – teilweise nach erfolgten Schätzungen - Umsatzsteuererklärungen ab, in der sie jeweils eine Umsatzsteuerschuld errechnete, die im wesentlichen der Summe der bereits zuvor festgesetzten Umsatzsteuervorauszahlungen entsprach. Zunächst wurde die Antragstellerin jeweils erklärungsgemäß veranlagt, wobei die Veranlagungen dieser Jahre unter Vorbehalt der Nachprüfung standen. Nach einer Außenprüfung erließ der Antragsgegner für die Streitjahre 1997 – 2000 am 04.08.2003 einen auf § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) gestützten Änderungsbescheid, in dem er jeweils die steuerpflichtigen Umsätze zum Regelsteuersatz erhöhte und den Vorbehalt der Nachprüfung aufhob.
Für das Streitjahr 2001 gab die Antragstellerin bisher keine Umsatzsteuererklärung ab. Daher schätzte der Antragsgegner die Umsatzsteuer durch Bescheid vom 21.08.2003, der unter Vorbehalt der Nachprüfung erging.
Während der Außenprüfung bei der Antragstellerin beantragte diese mit Schreiben vom 20.09.2002, ihre Umsätze aus Geldspielautomaten als umsatzsteuerfrei zu behandeln, da dies nach Art. 13 Teil B Buchstabe f der 6. EG-Richtlinie geboten sei. Der Antragsgegner nahm eine Prüfung der Umsatzsteuerfreiheit im Rahmen der Außenprüfung vor und kam dabei zu dem Ergebnis, Umsätze aus Geldspielautomaten seien steuerpflichtig. Deshalb hob er den Vorbehalt der Nachprüfung für die Streitjahre 1997 bis 2000 auf, ohne die von der Antragstellerin begehrte Herabsetzung der Umsatzsteuer vorzunehmen.
Gegen die Änderungsbescheide vom 04.08.2003 und den Umsatzsteuerbescheid 2001 legte die Antragstellerin Einspruch ein. Ihren Antrag auf Aufhebung der Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 1997–2001 lehnte der Antragsgegner am 27.11.2003 ab. Der Einspruch wegen Umsatzsteuer 1997 bis 2000 wurde durch Einspruchsentscheidung vom 08.04.2004 zwischenzeitlich zurückgewiesen. Hiergegen erhob die Antragstellerin vor dem Niedersächsischen Finanzgericht Klage, über die noch nicht entschieden wurde. Über den Einspruch wegen Umsatzsteuer 2001 hat der Antragsgegner noch nicht entschieden.
Mit dem vorliegenden Antrag begehrt die Antragstellerin, die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 1997 bis 2001 insoweit aufzuheben, als hierin Umsätze aus Geldspielautomaten als steuerpflichtig behandelt werden. Die Antragstellerin ist der Ansicht, bei Behandlung der Umsätze aus Geldspielautomaten als steuerfrei seien folgende bereits gezahlte Umsatzsteuerbeträge zu erstatten:…Wegen der Einzelheiten wird auf die Berechnung der Antragstellerin…verwiesen.
Die Antragstellerin macht geltend, eine Aufhebung der Vollziehung sei erforderlich zur Abwendung wesentlicher Nachteile, da sie akut von Insolvenzgefahr bedroht sei. Die Gesellschafter seien nicht in der Lage, der Antragstellerin weitere Kredite zu gewähren oder ihr Eigenkapital zuzuführen. Bisher habe die Antragstellerin bereits mehrere Insolvenzverfahren dadurch abwenden können, dass sie die fälligen Forderungen bezahlt habe. Wegen anderweitig fälliger Steuerschulden habe der Antragsgegner bereits Vollstreckungsmaßnahmen angekündigt. Die Antragstellerin sei nicht in der Lage Sicherheit zu leisten.
Die Antragstellerin beantragt,
Umsatzsteuer 1997 in Höhe von…DM,
Umsatzsteuer 1998 in Höhe von…DM,
Umsatzsteuer 1999 in Höhe von…DM,
Umsatzsteuer 2000 in Höhe von…DM und
Umsatzsteuer 2001 in Höhe von…DM
von der Vollziehung auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Der Antragsgegner weist darauf hin, dass eine Aufhebung einer Vollziehung grundsätzlich auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die festgesetzte Vorauszahlung beschränkt ist. Diese Beschränkung gilt nur dann nicht, wenn eine Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 69 Abs. 2 Satz 8 FGO). Er ist der Ansicht, diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Ein Insolvenzantrag der Stadt…sei am 25.02.2004 zurückgenommen worden. Es sei der Antragstellerin möglich, im Rahmen ihrer laufenden Einnahmen ihre Verbindlichkeiten mit Zahlungsvereinbarungen zu tilgen. Auch sei davon auszugehen, dass die Antragstellerin die Möglichkeit zur Aufnahme eines Kredits habe. Solange der EuGH noch nicht über den Vorlagebeschluss des BFH vom 06.11.2002 (V R 7/02, BFH/NV 2003, 275) entschieden habe, müsse von einer Wirksamkeit der nationalen gesetzlichen Regelung im Umsatzsteuergesetz ausgegangen werden. Allenfalls könne eine Aufhebung der Vollzi...