rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vereinbarkeit des § 8b Abs. 5 KStG i.d.F. für VZ 2002 mit Gemeinschaftsrecht ernstlich zweifelhaft
Leitsatz (redaktionell)
- Es bestehen ernstliche Zweifel, ob § 8b Abs. 5 KStG in der für den Veranlagungszeitraum 2002 geltenden Fassung mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist und deshalb wegen des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts vor dem nationalen Recht bei der Veranlagung außer Acht zu bleiben hat.
- Durch die Regelung des § 8b Abs. 5 KStG behandelt der Gesetzgeber die steuerfreien Bezüge aus in- und ausländischen Beteiligungen im Ergebnis ungleich. In Heranziehung der vom EuGH in seinem Urteil vom 18.9.2003, Rs. C 168/01 Bosal Holding BV (IStR 2003, 666) aufgestellten Grundsätze spricht vieles dafür, dass die Regelung gegen Gemeinschaftsrecht verstößt.
Normenkette
KStG § 8b Abs. 5
Streitjahr(e)
2002
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten über die Anwendbarkeit des § 8 b Abs. 5 und des § 15 KStG bei steuerfreien Bezügen.
Die Antragstellerin ist eine Körperschaft mit Sitz im Inland, die unmittelbar und über andere Körperschaften mit Sitz im Inland an anderen Körperschaften beteiligt ist. Soweit für dieses Verfahren von Interesse, war sie im Streitjahr 2002 unmittelbar an…Gesellschaften beteiligt, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union hatten. Aus diesen Beteiligungen erzielte die Antragstellerin Bruttodividenden in Höhe von insgesamt…€. Diesen Dividenden standen nach Angaben der Antragstellerin tatsächlich angefallene Betriebsausgaben von…€ gegenüber. Über eine inländische Organgesellschaft war sie ferner beteiligt an einer im einem anderen Mitgliedsstaat ansässigen Gesellschaft und erzielte eine Bruttodividende von…€. Über eine weitere inländische Organgesellschaft bestand eine Beteiligung an einer außerhalb der Europäischen Union ansässigen Gesellschaft, aus der die Antragstellerin ... € erzielte. Im Zusammenhang mit diesen letztgenannten Dividenden waren keine Betriebsausgaben angefallen. Alle Dividenden behandeln beide Beteiligten als steuerfreie Bezüge im Sinne des § 8 b Abs. 1 KStG in der für 2002 geltenden Fassung.
Bei der Veranlagung zur Körperschaftsteuer erfasste der Antragsgegner gem. § 8 b Abs. 5 bzw. gem. § 15 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 8 b Abs. 5 KStG einen Betrag von fünf vom Hundert der steuerfreien Bezüge, also insgesamt …€, als nicht abziehbare Betriebsausgaben. Der Steuerbescheid erging unter dem ..., geändert unter dem ....
Mit ihrem Einspruch machte die Antragstellerin geltend: § 8 b Abs. 5 KStG in der hier anzuwendenden Fassung verstoße gegen Gemeinschaftsrecht, weil letztlich fünf von Hundert der an sich steuerfreien Bezüge, die sie aus unmittelbaren Beteiligungen an Gesellschaften mit Sitz im einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union erhalten habe, der Besteuerung im Inland unterworfen würden. Nicht berücksichtigt werden dürften allenfalls - wie bei steuerfreien Bezügen aus Inlandsbeteiligungen - nach § 3 c EStG die tatsächlich mit den Bezügen zusammenhängenden Aufwendungen. § 8 b Abs. 5 KStG gelte nur bei Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften; insofern würden Beteiligungen an in- und ausländischen Gesellschaften ungleich behandelt. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 18. September 2003 Rs. C-168/01 Bosal Holding BV, IStR 2003, 666 bestätige den Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht und verbiete eine Ungleichbehandlung von steuerfreien Bezügen aus inländischen Beteiligungen und solchen aus Beteiligungen an einer in einem anderen Mitgliedsstaat ansässigen Gesellschaft bzw. der steuerlichen Behandlung der mit steuerfreien Bezügen im Zusammenhang stehenden Aufwendungen. § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG in Verbindung mit § 8 b Abs. 5 KStG gelte im Streitjahr nicht für die hier in Rede stehenden (aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen) steuerfreien Bezüge bei der Antragsgegnerin als Organträgerin. Die Vorschrift sei erst mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2003 neu gefasst worden. Die Steuerfreiheit und die steuerrechtlichen Folgen seien auf der Ebene der Organgesellschaften zu berücksichtigen. Deshalb sei auf der Ebene der Antragstellerin für die Anwendung des § 8 b Abs. 5 KStG bei den Schachteldividenden kein Raum. Für die Begründung im Einzelnen wird auf den Schriftsatz vom…verwiesen. Zugleich beantragte die Antragstellerin die Aufhebung der Vollziehung des inzwischen vollzogenen Steuerbescheids im Umfang der streitigen Steuer.
Der Antragsgegner lehnte den Antrag mit Bescheid vom…ab und wies den Einspruch mit Bescheid vom…zurück. Der Antragsgegner führte insbesondere aus, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 13. September 2003 befasse sich mit einer mit § 8 b Abs. 5 KStG nicht vergleichbaren Vorschrift des niederländischen Rechts. Soweit der BFH und zwei Finanzgerichte Zweifel an der Europarechtsmäßigkeit der inländischen Vorschrift geäußert hätten, beträfen die maßgeblichen Vorschriften andere Streitjahre mit anderen anzuwendenden Gesetzesfassungen. § 15 KStG sei hier für das Stre...