rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Bilanzierung von mit dem Risiko der Rückforderung behafteten Zahlungen, die ein Versicherungsvertreter auf seine Provisionsansprüche erhält – Streitwertberechnung für die Feststellung eines negativen GdE

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein Provisionsanspruch ist realisiert, wenn nach den vertraglichen Bedingungen ein praktisch nicht mehr entziehbarer Anspruch auf die Provisionszahlung besteht.
  2. Soweit derartige Zahlungen nur als Vorschüsse auf künftige Provisionsansprüche anzusehen sind, mit deren Entstehung noch nicht sicher gerechnet werden kann, kommt eine Erfassung als realisierter Gewinn noch nicht in Betracht. Solche Vorschüsse sind als erhaltene Anzahlungen nach § 276 Abs. 3 Abschn. C 3 HGB zu passivieren.
  3. Zur Bildung von Verbindlichkeitsrückstellungen nach § 249 HGB.
  4. Die für die Berechnung des Streitwerts bei der Anfechtung von Verlustfeststellungsbescheiden i. S. des § 10d EStG entwickelten Grundsätze sind sinngemäß anzuwenden.
 

Normenkette

EStG § 10d Abs. 4, § 5 Abs. 1, § 52 Abs. 25 S. 5; FGO §§ 136-137; HGB §§ 249, 252, 266; GKG § 52 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten noch um die Bildung einer Rückstellung.

Die Kläger werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt gewerbliche Einkünfte als selbstständiger Versicherungsvertreter der H. AG. Ihm stehen insbesondere Provisionen für Neuabschlüsse sowie Provisionen für die Betreuung bereits bestehender Verträge zu.

Für die Provisionsabrechnung mit der H. AG sind nach den entsprechenden Vereinbarungen des Klägers mit dieser Versicherung die Allgemeinen Vertrags-Bestimmungen (AVB) für Repräsentanten der H. AG in der jeweils geltenden Fassung maßgeblich. Nach den im Streitjahr geltenden AVB erfolgt für vermittelte Versicherungsverträge nach einer Bewertungstafel eine Provisionserfassung als (Produktions-)Geldwert. Die Abrechnung der Geldwerte erfolgt monatlich, wobei sich die positiven Geldwerte aus Neuabschlüssen und Bestandbetreuungen um negative Geldwerte aus Storno vermindern und die H. AG in bestimmten Fällen berechtigt ist, die Geldwerte entsprechend der gezahlten Beiträge und der Stornohaftungszeit in Raten gutzuschreiben oder den Geldwert einem Rückstellungskonto zuzuführen.

Zur Stornohaftung heißt es in den Bedingungen, dass die Provision das Schicksal der Prämie teile und dem Versicherungsvertreter die Geldwerte vorschüssig in der Erwartung gut geschrieben würden, dass die zur Erfüllung der Stornohaftungszeit erforderlichen Prämien gezahlt würden. Geschehe dies nicht, würden die gutgeschriebenen Einheiten jeweils anteilig entsprechend der nicht gezahlten Beiträge zurückgerechnet. Die Stornohaftungszeiten betragen bei Lebensversicherungsverträgen 60 Monate, bei Unfall-, Sach-, Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherungsverträgen grundsätzlich 2 Jahre, bei Kraftfahrzeug- und Krankenversicherungen grundsätzlich ein Jahr. Die Stornohaftung gilt auch für Betreuungs- und Superprovisionen sowie Leitungsvergütungen.

Des Weiteren ist ein sogenanntes Stornoreservekonto für mögliche Stornorückforderungen nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen dem Versicherungsvertreter und der H. AG geregelt. Die dort erfassten Beträge sind während des Vertragsverhältnisses nicht fällig und werden nicht verzinst. Der Kläger hat diesbezüglich einen Betrag von 60.000 € aus den von ihm in den ersten Jahren seiner Tätigkeit verdienten Provisionen als Stornoreserve nicht ausgezahlt bekommen.

Die in den Vorjahren geltende AVB wies weitgehend identische Regelungen unter gleicher Gliederung aus; allerdings betrug die Stornohaftungszeit für Lebensversicherungen nur 36 Monate.

Seit dem 1. Januar des Streitjahres ermittelt der Kläger seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich gemäß §§ 5 EStG, 141 AO.

Mit der Einkommensteuererklärung 2008 erklärte er ohne Beifügung eines Jahresabschlusses einen Jahresüberschuss von .. €. Die Kläger wurden mit dem angefochtenen Steuerbescheid erklärungsgemäß veranlagt.

Sie legten Einspruch gegen diesen Bescheid ein.

Das Einspruchsverfahren ruhte zunächst im Hinblick auf das von den Klägern gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 vor dem erkennenden Senat geführte Klageverfahren 2 K 313/10. Mit Urteil vom 11. Mai 2011 wies der Senat die Klage ab, die darauf gerichtet war, die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich bereits ab dem 1. Januar 2007 nachträglich zuzulassen.

In der sodann am 11. August 2011 beim Beklagten (neu) eingereichten Eröffnungsbilanz auf den 1. Januar 2008 bildete der Kläger einen Passivposten für erhaltene Anzahlungen der H. AG in Höhe von 117.603,46 € und errechnete in der Übergangsgewinnermittlung von der Einnahme-Überschuss-Rechnung einen im Wesentlichen auf diesen Passivposten zurückzuführenden Übergangsverlust. Im Jahresabschluss auf den 31. Dezember 2008 erhöhte der Kläger diesen Passivposten auf 140.164,31 €. Den Jahresüberschuss des Streitjahres wies er wie in der Einkommensteuererklärung aus.

Ferner wies der Kläger sowohl in der Eröffnungsbilanz ...

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