vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollziehung: Pfändungs- und Einziehungsverfügung
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen der Aussetzung der Vollziehung gemäß § 69 FGO.
- Zur örtlichen Zustellung der FÄ für die Besteuerung natürlicher Personen nach dem Einkommen und Vermögen.
- Fehler der örtlichen Zuständigkeit können geheilt werden bis zur Einspruchsentscheidung.
- Eine Zuständigkeitsvereinbarung nach Wechsel des Wohnsitzes kann ggf. auch für erstmalige Vollstreckungsmaßnahmen getroffen werden.
Normenkette
AO § 126 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5, § 26 S. 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Pfändungs und Einziehungsverfügung, die der Antragsgegner am 24. Juni 2014 gegenüber dem Notar N erlassen hat.
Nach Angaben des Antragsgegners hatte der Antragsteller mit seiner Ehefrau „bis Ende des Jahres 2013” seinen Wohnsitz in X. Am 15. Oktober 2013 meldete der Antragsteller beim Bezirksamt Y seinen Einzug in die Wohnung Y an.
Dem Antragsgegner wurde der Wechsel des Wohnsitzes nach Angaben des Antragstellers spätestens im Rahmen einer „Abschlussbesprechung” vom 12. Dezember 2013 bekannt. Nach Angaben des Antragsgegners befindet sich in den Akten über diese Besprechung dagegen kein Vermerk über einen etwaigen Wohnsitzwechsel. Vielmehr sei am 10. Januar 2014 eine Vollmacht des Prozessbevollmächtigten eingegangen, in der die Anschrift des Antragstellers in Y genannt worden sei. Eine eindeutige Anzeige des Wohnsitzwechsels sei erst mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 24. April 2014 erfolgt.
Aus dem erkennenden Senat vorgelegten Unterlagen ist ersichtlich, dass der Antragsgegner spätestens seit dem 14. April 2014 Y als Anschrift des Antragstellers verwendet; dagegen wurde bei früherem Schriftverkehr - etwa im Jahr 2013 - die Anschrift X verwendet.
Wann dem Finanzamt Y ein Wechsel des Wohnsitzes bekannt wurde, ist aus den dem Gericht vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich. Auch findet sich darin kein Vermerk nach Maßgabe des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO zu § 26 Nr. 1 Satz 2).
Der Antragsteller erzielte in den Jahren 2007 und 2008 u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Aufgrund einer Prüfungsanordnung vom 16. Februar 2011 wurde bei dem Antragsteller eine Betriebsprüfung (Bp) durchgeführt. Im Jahr 2011 wurde ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller eingeleitet. Nach den Feststellungen des Außenprüfers hat der Antragsteller seine gewerbliche Tätigkeit von seinem damaligen Wohnhaus in X aus erbracht (Tz. 11 des Bp-Berichts).
Aufgrund des Ergebnisses der Außenprüfung erließ der Antragsgegner am 15. Juli 2013 u.a. geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2007 und 2008. Die Einsprüche hiergegen wies er durch Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2014 als unbegründet zurück. Einen Antrag des Antragstellers auf Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuer 2007 und 2008 lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 14. April 2014 ab. Einen hiergegen eingelegten Einspruch wies der Antragsgegner mit Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2014 als unbegründet zurück.
Bereits zuvor stellte der Antragsteller am 8. Juli 2014 beim Niedersächsischen Finanzgericht einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung u.a. der Einkommensteuer 2007 bis 2008, der unter dem Aktenzeichen … erfasst wurde. Über diesen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hat der…Senat noch nicht entschieden.
Mit dem Schreiben vom 14. April 2014, in dem der Antragsgegner die Aussetzung der Vollziehung ablehnte, forderte der Antragsgegner den Antragsteller dazu auf, die noch offenen Steuerbeträge u.a. wegen Einkommensteuer 2007 und 2008 bis zum 30. April 2014 zu zahlen.
Der Antragsteller war zusammen mit seiner früheren Ehefrau … Eigentümer eines im Grundbuch von X eingetragenen Grundstücks. Dieses Grundstück verkauften der Kläger und seine frühere Ehefrau mit notariellem Vertrag vom 13. Juni 2014 zu einem Kaufpreis von … €. Die Käufer verpflichteten sich, den Kaufpreis bis zum 30. Juni 2014 auf das Notaranderkonto des N zu zahlen.
Mit Pfändungs und Einziehungsverfügung vom 24. Juni 2014 pfändete der Antragsgegner Ansprüche des Antragstellers gegen N auf pflichtgemäße Amtsausübung betreffend die Auszahlung des auf dem Notaranderkonto hinterlegten oder verwahrten Kaufpreises gemäß dem Grundstückskaufvertrag vom 17. Juni 2014 zwischen dem Antragsteller und den Eheleuten Z in Höhe von … €.
Mit Drittschuldnererklärung vom 26. Juni 2014 erkannte N die gepfändeten Forderungen als begründet an. Weiter erklärte er: „Der genaue Betrag lässt sich derzeit noch nicht beziffern, da uns hierfür zunächst die abzulösenden Darlehensbeträge der Grundschuldgläubiger aufgegeben werden müssen. Hiermit dürfte bis Mitte/Ende Juli 2014 gerechnet werden. Die Abführung eines etwaigen noch dem Schuldner zustehenden Restbetrages werden wir an Sie gemäß den Auszahlungsanweisungen des Notaranderkontos vornehmen.” Außerdem weist die Drittschuldnererklärung...